Читать книгу Hinter hessischen Gittern - Esther Copia - Страница 15
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ОглавлениеEine Viertelstunde später saß Kurz im Büro von Jan Gerber. Der Sicherheitsdienstleiter betrachtete ihn genauer. Ein kleines Männlein, etwa ein Meter 60 groß und schmächtig, seine dünnen Ärmchen sahen aus, als würden sie bei der geringsten Anstrengung zerbrechen. Auf seinem Vollstreckungsblatt, eine Din A4 Seite, auf dem der Grund der Inhaftierung und eventuelle Vorstrafen vermerkt waren, stand nur die derzeitige Haftstrafe: wiederholtes Fahren ohne Führerschein unter Alkoholeinfluss, was ihm zwei Jahre ohne Bewährung einbrachte. Der Gesichtsausdruck von Kurz sprach Bände, er ahnte, weshalb er im Büro des Sicherheitsdienstleiters saß. Sein Blick war nach unten gerichtet, und er knetete nervös seine Finger.
»Also, Herr Kurz«, begann Gerber, seine Stimme war freundlich. »Frau Saletti hat dieses Tütchen mit Heroin in einem Ihrer Sportschuhe gefunden.« Jan hielt die Drogen direkt vor seine Nase. Kurz blickte auf, seine Augen flatterten hektisch hin und her.
»Das kann nicht sein«, sagte er, »ich nehme keine Drogen.« Die letzten Worte waren kaum zu verstehen. Gerber hob den Sportschuh hoch und fing gerade an, die Sohle herauszunehmen, als Kurz rief: »Das ist nicht mein Schuh!«
Maria und Jan blickten sich an.
»Aha, und wessen Schuh ist das dann, in Ihrer Zelle?«, fragte Maria.
»Weiß ich nicht, aber der sieht auch viel zu groß aus für mich.« Kurz hatte rote Flecken am Hals und schluckte nervös.
»Wenn das nicht Ihr Schuh ist, warum ist er dann in Ihrer Zelle?« Gerber sah Kurz durchdringend an.
»Ich kenne diesen Schuh gar nicht. Ich habe Schuhgröße 40 und der ist mindestens 43, das sieht man doch.« Kurz wurde langsam sicherer, seine Stimme wurde fester.
»Nun gut, Herr Kurz«, fuhr Gerber fort, »wir nehmen das mal so zu Protokoll.«
»Aber wo sind dann Ihre Sportschuhe? Ich habe nur dieses eine Paar in Ihrer Zelle gefunden.« Maria stand direkt vor Kurz. Der kleine Mann musste seinen Kopf in den Nacken legen, um Maria in die Augen zu blicken.
»Ich habe keine Sportschuhe, oder sehe ich aus, als ob ich hier unten in die Muckibude gehe?« Kurz schob den kurzen Ärmel der Arbeitsjacke nach oben, damit man seine Spatzenärmchen in voller Pracht sehen konnte. Ein erleichtertes Lächeln huschte über sein Gesicht. Er war sich sicher, man konnte ihm nichts nachweisen.
Eine Wespe flog gerade geräuschvoll von innen an die Fensterscheibe des Büros, sie hatte das offene Fenster nur um einige Zentimeter verfehlt. Karl-Heinz Kurz lehnte sich in seinem Stuhl zurück und beobachtete, wie Maria ein Glas aus dem Regal nahm und es über das brummende Tier stülpte.
»Sie dachte, sie wäre frei, dabei habe ich sie in der Hand«, sagte Maria und schob ein Blatt Papier unter das Glas. Die Wespe war gefangen.
»Also gut«, sagte Gerber, »dann bringt Sie ein Kollege mal wieder zu Ihrem Arbeitsplatz.«
Als Kurz das Büro verlassen hatte, sahen Jan und Maria enttäuscht aus dem Fenster.
»Für wen bunkert der das Dope, das ist hier die eigentliche Frage.« Gerber kratzte sich hinter dem rechten Ohr.
»Das werde ich noch herausfinden.« Sie betrachtete den Schuh genauer, ein Nike Basketballschuh Größe 43. »Irgendwer wird ihn sicher die Tage vermissen. Mal sehen, wer in seiner Zelle keine Turnschuhe hat.«
»Da hast du ja was vor.« Gerber ließ das Plastikrollo am Fenster runter. Ein verzweifelter Versuch, die Affenhitze im Büro ein wenig zu mildern. Die Luft war heiß, es war kaum auszuhalten. Maria ging zum Waschbecken und ließ kaltes Wasser über ihre Unterarme laufen. Dies brachte ein wenig Abkühlung. Die Wespe kämpfte im Glas um ihr Leben, bis Maria zum Fenster ging, das Glas durch das Gitter aus dem Fenster hielt und sie in die Freiheit entließ.
»Aber das Heroin haben wir. Vielleicht wird Kurz, wenn er nicht liefern kann, so unter Druck gesetzt, dass er bei uns freiwillig auspackt.« Jan Gerber setzte sich an seinen Computer und begann, seinen Bericht für die Kripo zu schreiben.
Maria sah aus dem Fenster und beobachtete die Mauersegler, die schreiend ihre Kreise immer an den Gefängniswänden entlang zogen. »Wenn ich logisch überlege, kommen nicht viele Gefangene für das Heroin infrage. Eigentlich nur die Russen, oder?«
Gerber war ganz in seinen Text vertieft und hatte Maria nur halb zugehört. Ohne aufzusehen sagte er: »Ja, aber die Russen, das weißt du selbst, bunkern nicht bei Nichtrussen.«
»Stimmt, also sagen wir mal, die scheiden aus. Wer konsumiert noch Heroin?« Maria sah im Geiste einige Gefangene ihrer Station. War ihr da schon einer aufgefallen?
»Am besten, du gehst die Vollstreckungsblätter durch, wer wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz einsitzt. Oder aber du siehst dir die Herren genauer an. Wer könnte auf Heroin sein? Vielleicht hat dann einer noch Schuhgröße 43, dann sind wir dem Ganzen schon näher.«
»Oh, Mann. Ich glaube, der Kurz hat soeben überhaupt nicht begriffen, dass er nun ein echtes Problem hat.« Maria griff sich die Wasserflasche, die auf dem Tisch stand und goss sich ein großes Glas ein.
»Ja, er dachte, wir wären sein Problem. Dabei bekommt er bestimmt mit demjenigen Stress, dem das Heroin gehört.«