Читать книгу Hinter hessischen Gittern - Esther Copia - Страница 16
8
ОглавлениеSusanne Herzberg hatte den gesamten Vormittag mit ihren Angestellten die Einführung einer neuen Anti-Aging-Creme geplant. Marketing war in der heutigen Zeit fast noch wichtiger als das eigentliche Produkt. Wie konnte sie die Kundinnen von der neuen Creme überzeugen? Nach und nach spürte sie immer stärker werdende Kopfschmerzen, und auch ihr Nacken war total verspannt.
»Also, ich denke, für heute machen wir Schluss. Wenn jemand noch eine gute Idee hat, kann er sie mir mailen oder bis Freitag zu Papier bringen, wir treffen uns hier um 9 Uhr. Alles klar?« Susanne sah fragend in die Runde. Ein Raunen ging durch den Raum. Alle Anwesenden waren mindestens so abgekämpft wie sie selbst. Die Hitze des Sommers war kaum zu ertragen. Seit Monaten war kein Tropfen Regen gefallen, und das Thermometer kletterte beständig über 30 Grad, da wurde selbst die robusteste Natur schwach. Obwohl Tag und Nacht die Klimaanlagen liefen, waren die Räume aufgeheizt und stickig. Susanne stand auf, sofort war Katie an ihrer Seite und trottete neben ihr her durch den langen Flur zu ihrem Büro. Frau Krüger, ihre Vorzimmerdame und der Fels in der Brandung, hatte die eingegangene Post bereits für sie bereitgelegt.
»Gibt es etwas Wichtiges in der Post?« Susanne stand am Kühlschrank und holte eine Flasche Wasser heraus.
»Nein, ein paar Rechnungen, aber sonst nichts von Bedeutung. Im Moment ist es ja angenehm ruhig, viele sind im Sommerurlaub. Sagen Sie, fahren Sie dieses Jahr denn nicht an die Ostsee? Die Hitze ist dort sicherlich besser zu ertragen. Die letzten Jahre waren Sie immer um diese Zeit dort.« Frau Krüger richtete bei diesen Worten den kleinen Tischventilator direkt auf ihr Gesicht.
»Doch, ich möchte noch nach Usedom fahren, mir war wichtig, erst noch die Kampagne mit der neuen Creme ins Laufen zu bringen. Sie kennen mich doch, ich beiße mich an so etwas fest und vergesse darüber, dass man auch mal entspannen muss. Sowie das erledigt ist, packe ich meine sieben Sachen und bin weg. Sie haben recht, ich werde das gleich fix machen, sonst komme ich nie hier raus.« Susanne lächelte und ging eilig in ihr Büro, dabei ließ sie die Tür zu ihrem Vorzimmer offen. Jeder Luftzug, und war er auch noch so schwach, brachte ein wenig Abkühlung. Das moderne, großzügige Büro mit seinen bodentiefen Fenstern drückte eine schlichte Eleganz aus. Dicker Teppichboden schluckte jedes störende Geräusch, und eine kleine Sitzgruppe in der Ecke lud zum Verweilen ein. Auf ihrem gläsernen Schreibtisch herrschte das Chaos. Sie drückte auf ihrem Telefon die Schnellwahltaste und schaltete den Lautsprecher ein, damit sie während des Telefonats mit ihrem Mann einige Unterlagen sortieren konnte. Nach dreimaligem Signalton meldete er sich:
»Was gibt es denn?« Seine Stimme klang deprimiert. Susanne hoffte, mit ihrem Telefonat seine Stimmung ein wenig aufzubessern:
»Schatz, Frau Krüger hat mich gerade daran erinnert, dass wir ja eigentlich wieder nach Usedom fahren wollten. Was meinst du? Wenn das Hotel ein Zimmer frei hat, könnten wir doch morgen Mittag losfahren, oder?« Susanne hörte, wie Dirk tief einatmete und dann sehr ungehalten in den Hörer brüllte: »Glaubst du, ich kann in der Situation, in der ich mich befinde, in Urlaub fahren? Mir steht das Wasser bis zum Hals. Ich habe andere Sorgen. Ich fahre heute Abend noch in die Schweiz. Wenn du nicht so unsensibel wärst, würdest du so etwas nicht vorschlagen.« Sie hörte nur noch ein Klicken, er hatte aufgelegt.