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Die ISS in zehn Jahren

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Was nun kommt ist nicht mehr als eine qualifizierte Vermutung. Es kann auch ganz anders kommen. Katastrophen, politische Erdrutsche oder ähnliches können innerhalb von Tagen jegliche Planung über den Haufen werden. Aber gehen wir davon aus, dass die Weltlage nicht schlimmer wird als sie es heute ist, sich keine neuen Pandemien, gewaltigen Naturkatastrophen und Weltwirtschaftskrisen ereignen, dann könnte das Schicksal der ISS um das Jahr 2030 wie folgt aussehen:

Überraschenderweise existiert sie noch immer, obwohl ihr baldiges Ende schon für die frühen 2020er-Jahre prognostiziert wurde. Doch um 2030 oder nicht allzu lange danach zeichnet sich das Ende ihrer Existenz ab. Gegen Materialermüdung kann auch politischer Wille nichts ausrichten.

Die ISS ist in den letzten 10 Jahren stark gewachsen. Es gibt neben Nauka noch mehrere russische Module, die neu hinzugekommen sind. Das Unternehmen Axiom Space hat im Jahr 2030 insgesamt vier Module am US-Segment angekoppelt. Damit ist der Samen für die weitere Nutzung vieler dieser Komponenten bereits gesät. So werden aus der ursprünglichen großen Internationalen Raumstation die Keimzellen für eine Reihe kleinerer und auf spezielle Aufgaben fokussierter Stationen entstehen.

In den frühen 30iger Jahren wird die ISS also im Weltraum auseinandergebaut. Viele Module können weiter verwendet werden, an manchen aber hat der Zahn der Zeit so genagt, dass man sie stilllegen muss.

Ein großer Teil der ursprünglichen Raumstation bleibt übrig. Um sie zu „entsorgen“ gibt es mehrere Möglichkeiten. Die eine besteht darin, in einer aufwendigen Aktion, die viel Treibstoff, Organisation und Kosten in immenser Höhe verursachen würde, die nicht mehr brauchbaren Komponenten gezielt über dem Südpazifik zum Absturz zu bringen. Der größte Teil würde dabei verglühen, einiges würde den Rücksturz zur Erde aber überstehen und tausende von Metern tief im Pazifik versinken.

Diese Möglichkeit wird heute viel diskutiert. Ich glaube aber nicht daran. Wenn man die Teile der ISS unbedingt entsorgen will kann man sie mit einigen wenigen Flügen des Starships von SpaceX abholen, zur Erde bringen und ins Museum stellen.


Die andere Möglichkeit ist viel schöner, organisatorisch einfacher und vor allem viel, viel billiger. Die bestünde darin, die ISS auf eine höhere Umlaufbahn zu schieben, vielleicht 1.000 Kilometer hoch, aber noch unterhalb der Strahlungsgürtel der Erde. Dort erklärt man sie zum Weltkulturerbe. Als Besichtigungspunkt für spätere Touristen und Historiker. In dieser Höhe bliebe die Bahn der ISS für viele Jahrzehnte stabil, ohne dass große Investitionen an Treibstoff und Antriebsinfrastruktur nötig sind. Man könnte einen solchen Orbit als die 100-Jahresbahn bezeichnen. Alle fünf bis zehn Jahre würde ein geringer Schub eines chemischen Antriebsmoduls genügen, um diese Bahn stabil zu halten. Oder ein preiswertes elektrisches Antriebssystem schiebt es mit gelegentlichen langdauernden, schwachen Schüben wieder die paar Kilometer an Höhe zurück, die sie im Laufe der Jahre verlieren mag. Dort verbleibt sie dann als im wahrsten Sinne des Wortes leuchtendes Symbol für den Abschluss der ersten Phase der bemannten Raumfahrt und den Beginn des nächsten Schrittes, der Nutzung des cislunaren Raumes und der ersten bemannten Expeditionen zum Roten Planeten. Die Axiom-Module werden mit einem zusätzlichen Steuerungs- und Antriebsmodul versehen und bilden danach eine kleine eigene Raumstation. Ähnlich verhält es sich mit den noch verwendbaren Modulen des russischen Segments, das ebenfalls eine eigene kleinere nationale Raumstation von der Größe der ehemaligen Raumstation Mir bilden wird. Internationale Module, die noch verwendbar sind, können zum lunaren Gateway verbracht werden und dort noch den Rest ihrer Lebenszeit nützlich sein.

Alles zusammen sollten um das Jahr 2030 oder bald danach insgesamt mindestens fünf Raumstationen existieren. Eine private US/Internationale Station, eine russische und eine chinesische Station, sowie eine kleine indische Raumstation. Nummer fünf ist das lunare Gateway und möglicherweise bahnt sich dann auch schon die permanent besetzte Mondstation an. Das Ende der Internationalen Raumstation wird somit der Anfang von etwas Neuem, Vielfältigerem und Größerem werden.

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