Читать книгу Meine Antwort auf Ihr Buch, Herr Sarrazin - Evelyn Kreißig - Страница 18

Jugendmigrationsdienst

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Wöchentlich einmal habe ich Kontakt mit Herrn Mohammad Z., der als Eingliederungsberater des Jugendmigrationsdienstes (JMD) der Arbeiterwohlfahrt Chemnitz die jungen Migranten in Freiberg betreut. Mit ihm arbeite ich seit zwei Jahren eng zusammen und wir haben in dieser Zeit ein sehr gutes Verhältnis aufgebaut. Herr Z. stammt aus Afghanistan und lebt mit seiner Familie seit vielen Jahren in Deutschland. Als engagierter Angestellter des JMD unterstützt er vor allem neu zugewanderte Jugendliche und Erwachsene bei der sprachlichen, schulischen, beruflichen und sozialen Eingliederung. Unsere Zusammenarbeit erstreckt sich hauptsächlich auf die Organisation von Veranstaltungen mit den Migranten nach dem Unterricht. Dazu gehören Kino- und Museumsbesuche, Sportnachmittage und Ausflüge in die nähere Umgebung.

Bei einem unserer Treffen in seinem Büro sagte mir Herr Z., dass die Jugendlichen, die er betreut, nur positiv über mich sprechen. Sie seien sehr dankbar für meine Hilfen bei der Bewältigung der bürokratischen Hürden ihrer Eingliederung, bei ihrer Wohnungssuche, Fahrten zur Ausländerbehörde und vieles mehr. Dafür wolle er mir ausdrücklich Dank sagen. Er machte mich verlegen, aber ich freute mich natürlich über seine Äußerungen und fühlte mich in meiner Arbeit bestätigt. Herr Sarrazin, bei manchen Personen wie auch der Ihren stehe ich sicher mit dieser Einschätzung als Gutmensch mit einem Helfersyndrom da. Ok, da muss ich drüber stehen, doch Handeln halte ich immer noch für die bessere Variante, um Probleme zu lösen, anstatt große Reden zu schwingen bzw. schonungslose Analysen wie die Ihren zu schreiben. Man mag gegen viele Fakten nicht ankommen, praktische Hilfsangebote habe ich in Ihrem Buch, Herr Sarrazin, kaum gefunden.

Während unseres Gesprächs kamen Arian und Mohammad, die seit einiger Zeit eine Aufenthaltsgestattung haben und deshalb eine eigene Wohnung beziehen durften. Wir hatten viel Spaß und Herr Z. sagte, dass beiden nur noch eine passende Frau fehlt. Ich machte den Vorschlag, sie sollten doch mal in die Disko gehen und ich würde mich auch bereiterklären mitzugehen und schlug das gleiche Herrn Z. vor. Er war begeistert und wir einigten uns darauf, im April oder Mai nach Hartmannsdorf ins Braugut in eine Disko zu fahren. Natürlich nur privat, wie Herr Z. sagte.

In einer Vertretungsstunde in einer Förderschulklasse des BSZ hatte ich ein interessantes Gespräch mit einem Schüler, der sich über die seiner Meinung nach große Anzahl von Ausländern in Freiberg wunderte. Dieser fragte mich, warum eigentlich so viele Ausländer nach Deutschland kommen und hier zum Teil uns Deutschen die Arbeit wegnehmen. Außerdem wollte er wissen, warum manche Ausländer zum Beispiel in einem Dönerimbiss arbeiten, obwohl sie kaum Deutsch sprechen können. Er sei aber auf keinen Fall rassistisch, mache sich nur Gedanken darüber.

Ich erzählte von den Migranten und ihren Geschichten, die in meinem Kurs Deutsch lernen und merkte ihm an, dass ihn das zum Nachdenken veranlasste, und schlug ihm vor, uns doch einmal in der Pause zu besuchen, um die Schüler aus den anderen Ländern näher kennenzulernen. In dieser Woche war ich mit Cristiane, Asis, Arian, Sergej und dem fünfzehnjährigen Ali, der die Mittelschule in Freiberg besucht, im Altstadtcenter Bowling spielen. Dazu laden wir auch immer ausländische Jugendliche ein, die aus verschiedenen Gründen nicht am Deutschkurs teilnehmen.

Ich habe gerade mal eine Pause vom Schreiben gemacht, als im Fernsehen Dieter Nuhr, der zu meinen Lieblingskabarettisten zählt, den heutigen Satiregipfel u. a. mit der Bemerkung ankündigte: „Herr Sarrazin meint ja in seinem Buch, dass Deutschland immer mehr verdumme und er sich frage, ob er nur der Theoretiker davon oder schon die Auswirkung sei.“ Ich denke, diese Aussage verkraften Sie, Herr Sarrazin, oder? Denn ich habe Sie ja am Anfang des Buches als intelligent eingeschätzt.

Meine Antwort auf Ihr Buch, Herr Sarrazin

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