Читать книгу Meine Antwort auf Ihr Buch, Herr Sarrazin - Evelyn Kreißig - Страница 22
Terrorismus und Religion
ОглавлениеMein Enkel Moritz ist ein aufgeweckter und intelligenter Junge, der immer gut drauf ist und gern Geschichten erzählt, die er sich zum Teil selbst während des Erzählens ausdenkt und sie darstellerisch vorträgt. Vor kurzem schilderte er mir anschaulich, wie er sich zum Fasching mit einem Tuch verkleidet hatte, das ihm sein Vater aus Afghanistan mitgebracht hatte. Das sollte ursprünglich einen Turban, wie die Inder ihn tragen, bedeuten. Doch die Schüler seiner Schule riefen ihm bei der Party und an den darauffolgenden Tagen zu: „Ein Taliban!“
Was bei Kindern Heiterkeit hervorruft, ist eine islamistische Organisation in Afghanistan, die 1994 im afghanischen Bürgerkrieg erstmals in Erscheinung trat und seit 1998 die Kontrolle über den größten Teil des Landes hat. Ihr Ziel ist es, Afghanistan von ausländischen Besatzern zu befreien. Im Gegensatz dazu ist El Kaida eine transnationale Organisation, die weltweit terroristische Anschläge verübt, um das Herrscherhaus in Saudi Arabien zu stürzen, die USA zu besiegen und Israel zu vernichten. Schon seit längerem ist auch Deutschland ins Visier von El Kaida geraten, was die jüngste Vereitelung eines Anschlags drei mutmaßlicher Terroristen beweist, deren Absicht es war, durch eine Splitterbombe ein Blutbad in einer größeren Menschenmenge anzurichten. Ein anderes Beispiel ist das Auftauchen eines Videos von El Kaida im Januar 2009 im Internet mit der Drohung eines bösen Erwachens, falls Deutschland nach der Wahl im September seine Truppen aus Afghanistan nicht abzieht.
In der Sendung „logo“ des ZDF heißt es allgemein-verständlich: „El Kaida ist eine Gruppe von Terroristen, die es in vielen Ländern gibt. Es ist arabisch und bedeutet so viel wie Basis oder Stützpunkt. Der Gründer von El Kaida war Osama Bin Laden. Dieser wurde am 2. Mai 2011 aufgespürt und getötet, aber seine Anhänger sind überzeugt, dass der Islam die einzig richtige Religion ist und alle Menschen nach den Regeln dieses Glaubens leben sollen.“ Es ist schlimm, wie viel Unrecht, Verfolgung und Krieg im Namen einer Religion verursacht wird. Ich verstehe auch nicht, wie man eine Religion aus einer anderen herausheben will und ihre Angehörigen denken, sie wären bessere Menschen. Aber ich weiß gleichzeitig, dass die Menschheit mit den verschiedenen Religionen noch lange, wenn nicht immer, leben muss. Mit dem Gründer der Sowjetunion Lenin verbinde ich zwei Aussagen, mit dessen Inhalt ich mich identifizieren kann: „Nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir.“ und „Religion ist Opium für das Volk.“ Ich persönlich habe wie schon gesagt eher ein distanziertes Verhältnis zur Religion, respektiere aber Menschen, die einen Glauben haben und ihn positiv in ihr Leben einbeziehen, die tolerant sind gegenüber Andersdenkenden und in erster Linie als Mensch und nicht schlechthin als Christ, Moslem, Jude, Buddhist oder Hindu handeln. Meine Familie väterlicherseits ist sehr religiös und ich habe zu einigen sehr gute Beziehungen, wie zu den Cousinen meines Vaters Christa und Helga, die liebenswerte Menschen sind. Als ich zum Beispiel vier Jahre meine Oma pflegte, besuchte sie Christa jede Woche und blieb meistens längere Zeit, um sie zu unterhalten und von ihrer Krankheit abzulenken.