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DIE STADT ROM IST EINGENOMMEN, DIE ZUVOR DIE GANZE WELT BESIEGT HATTE

DIE PLÜNDERUNG ROMS (410 N. CHR.)

IM KONTEXT

FOKUS Nomadeninvasion

FRÜHER

9 n. Chr. Unabhängigkeit germanischer Stämme durch Sieg im Teutoburger Wald

285 Kaiser Diokletian errichtet Residenzen im Osten und Westen

372 Die Hunnen besiegen die Ostgoten in Osteuropa

378 Bei Schlacht von Adrianopel vernichten Westgoten römische Armee und töten Kaiser

402 Die Hauptstadt Westroms wird nach Ravenna verlegt

SPÄTER

451 Römisch-germanische Koalition besiegt die Hunnen bei der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern

455 Vandalen plündern Rom

476 Der letzte weströmische Kaiser wird abgesetzt

489 Der Ostgotenkönig Theoderich erobert Italien unter Zustimmung von Byzanz

Rom wurde 410 n. Chr. von den Westgoten eingenommen und drei Tage lang geplündert. Obwohl Rom schon nicht mehr die Hauptstadt des Weströmischen Reichs war und die Zerstörung sich relativ in Grenzen hielt, sandte sie Schockwellen durch die Welt. Damals vollzog sich ein als Völkerwanderung bekannter Prozess, bei dem in ganz Eurasien (China–Britannien) große Bevölkerungsbewegungen stattfanden. Barbarische Völker drangen ab etwa 300–650 in sesshafte Reiche wie Rom und China ein. Sie erkämpften sich neue Königreiche, aus denen in vielen Fällen die Nationalstaaten der Moderne hervorgingen. Wegen Klimaänderungen in Zentralasien mussten die nomadischen Reiterstämme neues Weideland suchen und zwangen die benachbarten Völker ihrerseits zum Einfall in die »zivilisierten« Reiche. China wurde von den Xiongnu heimgesucht, Persien und Indien von den Hephthaliten, den »Weißen Hunnen«.


Barbaren vor den Toren

In Europa wurden germanische Stämme jenseits von Rhein und Donau, die lange in einem empfindlichen Gleichgewicht mit dem Römischen Reich gelebt hatten, durch die Hunnen vertrieben. Die Westgoten zogen daraufhin in römische Gebiete und stürmten schließlich 410 Rom, während andere Stämme wie die Vandalen, Sueben, Alanen, Franken, Burgunder und Alamannen Gebiete von Gallien bis Spanien und Nordafrika einnahmen.

In den 440er-Jahren verwüsteten die Hunnen unter Attila Osteuropa, bevor sie von einer Koalition aus Römern und Germanen besiegt wurden. Das Weströmische Reich schrumpfte auf wenig mehr als Italien, und seine Marionettenkaiser wurden von barbarischen Feldherren kontrolliert. 476 wurde der letzte nominelle Kaiser durch den Feldherrn Odoaker abgesetzt, womit das Weströmische Reich endete, das sich mindestens seit dem 3. Jh. im Niedergang befunden hatte. Seine Bevölkerung und Wirtschaftskraft waren zurückgegangen, und es war finanziell mehr vom Ostreich abhängig geworden; eine Schwächung der Zentralgewalt machte die Provinzen selbstständiger. Die Armee musste Soldaten aus Barbarenstämmen rekrutieren und verlor an Zusammenhalt. Tatsächlich waren die Barbareninvasionen der Völkerwanderung wahrscheinlich Teil eines Prozesses, eines Über- und nicht Untergangs. Römische Gebräuche, Kultur, Sprache und vor allem Religion – das Christentum – überdauerten in den Provinzen, und viele der neuen Herrschaftseliten sahen sich in der Tradition Roms. Die Stadt selbst überstand die Plünderungen durch Alarichs Westgoten und durch die Vandalen 455 und blühte unter Theoderich dem Ostgoten (489–526) wieder auf.


In Vernichtung (um 1835) von Thomas Cole überrennen Invasoren eine einst prächtige Stadt, die oft mit Rom verglichen wird. Die zum Ruhm der Hochkultur errichteten Bauten sind nun von Leichen übersät

Die Nachfolgestaaten der germanischen Stämme wurden in den nächsten Jahrhunderten zum Angriffsziel von Magyaren (Ungarn) und Wikinger.

Die barbarischen »anderen«

»Barbar« war ein griechisches Wort für das unverständliche Gebrabbel derer, die nicht Griechisch sprachen und als unzivilisiert galten. Die Römer übernahmen diese polare Sichtweise. Im 4. Jh. hatten sich die Grenzen zwischen Rom und seinen barbarischen Nachbarn jedoch verwischt, sowohl kulturell als auch geopolitisch: Die Barbaren hatten sich vielfach in das Römische Reich integriert. Die römische Armee bestand zum Großteil aus Barbaren – entweder germanischen Hilfstruppen bzw. Söldnern oder römischen Bürgern, die ursprünglich Gallier, Briten oder eine von Hunderten anderer Volksgruppen waren. Trotzdem überdauerten viele Elemente römischer Kultur die Völkerwanderung. Obwohl ein Großteil von Italien, Gallien und Spanien unter die Kontrolle der »germanischen« Goten, Sueben und Vandalen geriet, widerstanden ihre Sprachen dem germanischen Einfluss und blieben romanisch, also Sprachen, die sich aus dem Latein der Römer entwickelt haben.

Big Ideas. Das Geschichts-Buch

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