Читать книгу Big Ideas. Das Geschichts-Buch - Филип Уилкинсон - Страница 8
ОглавлениеEINE GROSSE ZIVILISATION ENTSTAND AUF DER HOCHEBENE ANATOLIENS
DIE SIEDLUNG VON ÇATALHÖYÜK (VOR 10 000 JAHREN)
IM KONTEXT
FOKUS
Neolithische Revolution
FRÜHER
11 000–10 000 v. Chr. Im Nahen Osten lassen sich der Anbau von Getreide und die Domestizierung von Tieren nachweisen
um 9000 v. Chr. In Mittelamerika beginnt der Maisanbau
um 8800 v. Chr. Im gesamten Nahen Osten wird Ackerbau betrieben
SPÄTER
8000 v. Chr. Im Fernen Osten setzen Ackerbau und Tierhaltung ein
7000–6500 v. Chr. Über Zypern, Griechenland und den Balkan verbreitet sich der Ackerbau bis nach Westeuropa
3500 v. Chr. In Mesopotamien werden die ersten Städte errichtet
Die neolithische Siedlung Çatalhöyük (Türkei) wurde in den 1960er-Jahren durch James Mellaart entdeckt und ist eine der berühmtesten Fundstätten der Welt – wegen der Größe und Siedlungsdichte, ihrer atemberaubenden Wandmalereien und der Zeugnisse komplexer religiöser Rituale. Seither wurden im Nahen Osten weitere Großsiedlungen gefunden, die das Wachsen menschlicher Gemeinschaften in der Zeit des Übergangs von einer nomadischen zu einer sesshaften Lebensweise im Zuge der Neolithischen Revolution belegen. Diese ereignete sich zwischen 10 000 und 7000 v. Chr. Ob nun ein Anwachsen der Bevölkerung die Menschen zwang, dauerhafte Ernährungsweisen zu sichern, oder, umgekehrt, der Ackerbau es möglich machte, mehr Kinder zu haben: Viele Siedlungen wuchsen beträchtlich. Nun mussten soziale Spannungen, wie Streit zwischen Nachbarn, gelöst werden.
Das Bild zeigt, wie eng die Menschen in Çatalhöyük beieinander lebten und arbeiteten, zusammen mit den domestizierten Tieren
Die frühen Dorfbewohner lernten Getreide anzubauen und ihre Ernte für das ganze Jahr zu lagern – und zogen daher nicht mehr, wie einst zur Nahrungssuche, umher.
Gemeinschaftlicher Zusammenhalt
Die Entwicklung religiöser Praktiken und die formelle Organisation von Gemeinschaftsritualen förderten wahrscheinlich den Zusammenhalt der Menschen. An vielen Orten wurden eigens für diesen Zweck Bauten geschaffen, die größer waren als übliche Behausungen und besondere Elemente wie Bänke aus Kalkputz aufwiesen sowie symbolische und gegenständliche Kunstwerke besaßen. In Çatalhöyük finden sich Wandbilder und Figurinen von wilden Tieren (Stiere, Leoparden, Geier). An vielen Orten blieben Bewohner auch nach ihrem Tod in der Gemeinschaft und wurden unter den Häusern begraben. Manchmal wurden sie später ausgegraben und ihre Schädel mit Gesichtszügen aus Putz und Ockerfarben verziert.
So fanden sich in Ain Ghazal (Jordanien) große Statuen aus Kalksteinputz und zahlreiche Beispiele von Tier- und (meist weiblichen) Menschenfiguren aus Ton. Man weiß nicht genau, ob diese verzierten Schädel, Statuen und Figuren bestimmte Individuen repräsentierten – Ahnen oder Götter; gewiss werden sie bestimmten Ritualen und Praktiken gedient haben, um Spannungen zwischen Individuen und größeren regionalen Gruppen auszugleichen; diese etablierten zwecks Güteraustausch und Handel formellere Beziehungen untereinander, auch über große Entfernungen hinweg. Çatalhöyük wird nicht zuletzt als Handelszentrum, insbesondere für Objekte aus Obsidian, einem vulkanischen Gesteinsglas des nahe gelegenen Hasan Dağ, so erfolgreich gewesen sein.
Die zahlreichen dramatischen Veränderungen der Neolithischen Revolution formten nicht nur die Geschichte des Menschen, sondern auch das Ökosystem nachhaltig.
Ackerbau und Gesundheit
Mit dem Ackerbau schufen sich die Menschen eine reichhaltige und dauerhafte Ernährungsgrundlage, die die Bevölkerung wachsen ließ. Doch es gab auch Nachteile. Bauern mussten jetzt oft härter arbeiten als die einstigen Jäger und Sammler – und ihre auf wenige Getreidesorten und Tierarten beschränkte Nahrung führte zu Ernährungsdefiziten. Auch sonst litt die Gesundheit der ersten Bauern: Eng mit Tieren zusammenzuleben bedeutete auch, dass Tierkrankheiten wie Pocken, Milzbrand, Tuberkulose und Grippe den Menschen befielen. Und dicht beieinander lebende Menschen steckten sich leicht untereinander an. Hinzu kam das Problem der Unrat- und Abfallbeseitigung und damit der Darmbeschwerden und durch verseuchtes Wasser übertragenen Krankheiten (wie Cholera und Typhus). Bewässerungssysteme schufen Brutstätten für Moskitos und Parasiten, die den Menschen mit Malaria infizierten.