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2. Regelungsgegenstand des Europäischen Steuerrechts
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Der Begriff „Europäisches Steuerrecht“ wird im Schrifttum erst in jüngerer Zeit zunehmend verwendet[22]. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, dass es ein originäres Europäisches Steuerrecht in dem Sinne, dass der Normgeber eines der Organe der Europäischen Gemeinschaft wäre, jedenfalls für den Bereich des Ertragsteuerrechts kaum gibt.
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Von einigen Vorschriften des AEU-Vertrags, die einen eher allgemeinen Charakter aufweisen[23], sowie von wenigen Richtlinien[24] abgesehen, war es bislang nur der Bereich der indirekten Steuern und hier vor allem der Umsatzsteuer, der aufgrund europarechtlicher Vorgaben derart eng mit Europäischem (Sekundär-)Recht verzahnt war, dass man von einem originären Europäischen Steuerrecht sprechen konnte.
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Der allseits präsente Einfluss der europarechtlichen Grundfreiheiten[25] (Primärrecht) auf das nationale Steuerrecht sowie die zentrale Bedeutung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die diesem in seiner Rolle als Motor der Harmonisierung bei der Auslegung des Europarechts zukommt, rechtfertigen es jedoch längst, das Europäische Steuerrecht als Teildisziplin des Steuerrechts anzuerkennen[26]. In diesem weit verstandenen Sinne lässt sich zum Gebiet des Europäischen Steuerrechts jenes europäische Recht rechnen, das „Steuern zum Gegenstand hat, mit Steuern in Zusammenhang steht und sich auf die nationalen Steuerrechtsordnungen auswirkt“[27].
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Es ist – nicht zuletzt im Hinblick auf die Auslegung von Normen und die Behandlung von Normenkollisionen – zu beachten, dass es sich bei den meisten Rechtsnormen, die zum Internationalen oder Europäischen Steuerrecht gehören, nicht um originär internationales oder europäisches Recht handelt. „International“ oder „europäisch“ sind allenfalls die der Besteuerung zugrundeliegenden Sachverhalte. Im Übrigen muss der Rechtsanwender eine Norm nach den allgemeinen Regeln der juristischen Dogmatik in die aus dem nationalen Recht bekannte Normenpyramide einordnen und aus der Einordnung entsprechende Schlüsse für den Geltungsrang der Norm ziehen. Jeder Staat wendet bei der Besteuerung stets nur sein eigenes Recht an[28]: Eine Norm wie § 34c EStG etwa hat den Rang eines einfachen Bundesgesetzes, während DBA als völkerrechtliche Verträge erst über ein Zustimmungs- und Transformationsgesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG im innerstaatlichen Recht gelten. DBA haben daher auch nur den Rang des Transformationsgesetzes, wenngleich sie als leges speciales dem einfachen Bundesrecht vorgehen[29]. Richtlinien der EU (Art. 288 Abs. 3 AEUV) schließlich bedürfen ebenfalls der Umsetzung in innerstaatliches Recht, während zB Verordnungen (Art. 288 Abs. 2 AEUV) verbindlich und unmittelbar in den Mitgliedsstaaten gelten[30]. Ein Gleiches gilt für die Grundfreiheiten des AEU-Vertrags.