Читать книгу Der Plot - Frank Eldering - Страница 14

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Max verließ die Messe. Es hatte aufgehört zu regnen, sogar die Sonne zeigte sich wieder. Im Rebstock-Parkhaus stieg er in den roten Saab, öffnete zuerst das Verdeck, dann das Kuvert. Er zählte das Geld: fünfundzwanzig Fünfhunderteuroscheine. Der Verleger musste großes Vertrauen in den eigenen Plot besitzen, um eine so hohe Anzahlung zu leisten. Dazu in ihn, den unbekannten Schriftsteller. Er steckte die Scheine zurück in den Umschlag. Bevor er den Motor startete, rief er Jenny an. Mailbox. Er klappte sein Handy zu, ohne darauf zu sprechen.

Als er aus dem Parkhaus herausfuhr, blendete ihn das grelle Licht der tief stehenden Sonne. Er bremste, um sich eine Sonnenbrille aufzusetzen. Hinter ihm hupte es. Er hob die Hand zur Entschuldigung und fuhr los. Unterwegs auf der A66 dachte er an das Gespräch mit Chiara. Sie hatte ihm nicht verraten, wieso sie ein solches Interesse an Modric hegte. Und weshalb war sie so angriffslustig gewesen? Er schob den Gedanken beiseite. Sie hatte es damals bereits verstanden, Geheimnisvolles mit verletzender Geradlinigkeit zu mischen.

Fast hätte er ihr alles erzählt. Dann hätte sie aber den Plot lesen wollen. Das wäre peinlich geworden, wusste er doch selbst nicht, um was die Geschichte handelte.

Da fiel ihm ein, dass er Modric auch eine Bedingung hätte stellen können: Das Recht, den Plot zurückzugeben, falls dieser ihm absolut nicht zusagte. Er zuckte die Schultern, dann wäre auch die Anzahlung hinfällig geworden …

Seine Gedanken wanderten zu Jennifer. Warum stritten sie sich immer wieder über das gleiche Thema? Natürlich gab er ihr im Stillen recht. Die E-Books warfen nicht genug ab, er müsste entweder mehr publizieren, oder einen vernünftigen Verlag finden … einen Bestseller schreiben …

Jetzt besaß er endlich den heiß ersehnten Auftrag, dazu einen saftigen Vorschuss! Damit wäre der Streit vorerst wohl beendet. Vielleicht sollte er heute Abend für sie kochen. Nein, besser noch, sie zum Essen einladen. Als Wiedergutmachung. Er drehte das Radio auf und ließ einen Freudenschrei los.

Es hatte wieder angefangen zu regnen. Er parkte den Saab in der Tiefgarage und schloss das Verdeck. Der Platz neben ihm, wo Jennifers Golf für gewöhnlich stand, war leer.

Er betrat das Gebäude über den Hintereingang, stieg die Treppe hoch in den dritten Stock, öffnete die Tür.

Stille.

Er hängte den Mantel auf, die Jacken von Jennifer fehlten. Im Schlafzimmer lagen noch die zurückgeschlagenen Decken.

Warum hat sie die Betten nicht gemacht, das tut sie doch immer?

Er zog das Jackett aus, öffnete den Schrank. Jennifers Hälfte war fast ausgeräumt.

Ein Windstoß rüttelte am Fenster. Draußen nahm der Sturm an Heftigkeit zu.

Sie hat ernst gemacht!

Er schlich in die Küche. Ein Zettel lag auf dem Esstisch:

Max,

Ich bin ausgezogen, wie ich dir heute Morgen angekündigt habe. Wohne vorübergehend bei einem Freund, bis ich eine eigene Bleibe habe. Ich komme die Tage vorbei, um den Rest meiner Sachen zu holen.

Vielleicht bringt dich das endlich zum Sinneswandel.

Mach´s gut,

Jennifer.

Er las die Zeilen ein zweites Mal, dann fiel seine Hand schlaff hinunter, der Zettel flatterte auf den Boden.

Sie war zu einem Freund gezogen. Es konnte sich nur um diesen Jörg handeln, einen Arbeitskollegen, den sie ab und an traf. Rein beruflich, wie sie immer betonte.

Und Lena? Er eilte in ihr Zimmer, atmete auf. Alles schien noch da zu sein. Es hätte ihm das Herz gebrochen, wenn auch sie fort gewesen wäre.

Aber das konnte ja noch passieren. Dieser Jörg besaß eine geräumige Wohnung am Stadtrand von Frankfurt, da gab es genug Platz für sie und Lena.

Er griff zum Telefon, wählte ihre Nummer.

»Hi.«

»Hallo Lena. Hat dir Jennifer gesagt, dass sie …«

»Ja.«

»Was hat sie sonst noch gesagt?«

»Dass sie zu Jörg zieht.«

»Und was ist mit dir?«

»Weiß noch nicht. Bleib erst mal da.«

»Wo ist da?«

»Na, bei dir.«

Er schwieg. Was sollte er seiner Tochter auch sagen? Dass es ihm leidtat, dass ihre Mutter ihnen davongelaufen war?

»Lena, es … es tut mir leid.«

»Ist okay, Papa. Muss jetzt Schluss machen. Bis später.«

»Ja, bis später«, sprach er ins bereits stumme Telefon. Die Trennung ihrer Eltern schien sie kaum zu beeindrucken.

Er starrte ins Leere. Kein Abendessen, keine Feier. Warum musste sie ihn ausgerechnet im Moment seines bisher größten Erfolges verlassen? Er wählte ihre Nummer. Immer noch die Mailbox. Mit einem Seufzer legte er auf. Dann würde er nur mit Lena feiern. Mit ihr zur Pizzeria, denn er hatte nichts eingekauft.

So ein Mist! Er brauchte jetzt ein Bier.

Er öffnete eine Flasche, setzte sie an die Lippen und trank sie halb aus. Es gelang ihm nicht, an etwas anderes zu denken, immer wieder kehrten seine Gedanken zurück zu Jennifers Brief, vor allem zu den letzten Zeilen:

Vielleicht bringt es dich endlich zum Sinneswandel.

Er schüttelte den Kopf. Ein Sinneswandel allein würde keinen Unterschied machen. Nur ein regelmäßiges Einkommen würde das tun. Hatte er dazu nicht gerade den Anfang gemacht?

Er verbrachte den Rest des Nachmittags damit, den Plot zu studieren. Wie die Geschichte aufbauen? Die zündende Idee kam nicht, er konnte sich nicht konzentrieren. Der Sturm draußen und die Gedanken an seine gescheiterte Ehe lenkten ihn zu sehr ab.

Um neun war Lena immer noch nicht zu Hause, er begann, sich Sorgen zu machen. Hatte sie nicht ›bis später‹ gesagt? Bei nächster Gelegenheit würde er mit ihr eine Definition für ›bis später‹ vereinbaren. Er wärmte ein paar Reste aus dem Kühlschrank auf, aß ohne Appetit. Zog sich aus und kroch ins Bett.

Erst als der Sturm sich in den frühen Morgenstunden legte, schlief er endlich ein.

Der Plot

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