Читать книгу Sallys Song - Frank Hoyer - Страница 11
Gespräch mit Bob
ОглавлениеDie Gegend am Güterbahnhof war nicht unbedingt der beste Ort, um einen BMW in der Nacht unbesorgt zu parken. Das ehemalige Industriegebiet hatte zwar in neuerer Zeit einen Wandel durchgemacht und galt als trendige Adresse für Künstler und Galeristen, die in den alten Fabrikgebäuden ihre Ateliers eröffneten, aber nachts war es immer noch eine dunkle Ecke. Also ließ David seinen eigenen Wagen stehen und fuhr mit dem BMW nach Wilmersdorf, wo Bob gegenüber dem Preußen-Park in einer Wohnung lebte, die er von seinen Großeltern geerbt hatte. Während der Fahrt durch die nachtleeren Straßen hatten sie beide keine Lust auf eine Unterhaltung, also schwiegen sie.
Als sie am Ziel ankamen, erwachte Bob aus einem kurzen, traumlosen Schlaf. Er griff nach dem Sicherheitsgurt, hielt dann aber mitten in der Bewegung inne.
»Ich glaube, das war ein Engel«, sagte er. Seine Augen waren rot, der Blick verschleiert.
»Ah, ja«, entgegnete David belustigt. »Ich ahne, von wem du sprichst. Aber glaub mir, ihre Absichten waren alles andere als himmlischer Natur.«
»Doch, bestimmt«, beharrte Bob. »Ein Engel, der herabgestiegen ist, um deine Seele zu prüfen.«
»Herrje, wenn du deinen Rausch ausgeschlafen hast, wird dir das schrecklich peinlich sein. Und glaub mir, ich werde dir jedes einzelne Wort mindestens dreimal vorhalten.«
»Dann werde ich dreimal leugnen.« Bob lachte. »Nein, war nicht so gemeint, das mit dem Engel. So betrunken bin ich wirklich nicht.«
»Okay. Fährst du den Wagen selbst in die Garage?«
»Besser nicht. Mein Vater hat ihn schon für einen Neuen in Zahlung gegeben. Da kommt ein Kratzer im Lack nicht so gut.«
»Einen neuen BMW?«
Bob nickte. »Zur Promotion.«
David schlug mit der flachen Hand auf das Lenkrad. »Wie alt ist die Kiste jetzt? Zwei Jahre?«
»Das wundert dich jetzt nicht wirklich, oder? Du kennst doch meinen Vater. Das wird ewig so weitergehen. Einen 5er-BMW zum Abschluss der Facharztausbildung, dann einen 7er, wenn ich in seine Praxis einsteige. Hochzeit, erstes, zweites, drittes Kind, das Kombi-Modell. Scheidung, zweite Hochzeit, die Variante fürs Gelände. Wenn ich am Ball bleibe, dann bin ich bis zur Rente bestens versorgt.«
»Das klingt nach einem echten Problem. Der Kombi sieht voll daneben aus.«
»Eben.« Bob legte den Gurt ab. »Du musst den Wagen nicht in die Garage fahren. Oder willste nach Hause laufen?«
»Ich kann ein Taxi nehmen.«
»Quatsch.«
»Ich kann auch bleiben. Wir trinken ein Bier zusammen und schauen uns Autos im Internet an. Der neue Kombi von Volvo ist geil.«
»Ein andermal. Ich bin echt müde.«
»Oder wir fahren die Nacht durch. Ans Meer.«
»Ich dachte, du willst morgen mit Silya tanzen?«
»Bis dahin sind wir längst zurück. Oder ich rufe sie an und sage, ich stürze mich in die Wellen, weil ich ohne sie nicht leben kann.«
»Vielleicht kommst du doch besser mit rein. Wir trinken ein Bier zusammen und schauen uns Frauen im Internet an.«
»Dann hätte ich auch mit dem Engel gehen können.«
»Warum bist du nicht?«
»Alles, was ich dazu sagen kann, das könnte mir morgen schrecklich peinlich sein.«
»Ja, und ich werde dir jedes einzelne Wort mindestens dreimal vorhalten. Sag’s trotzdem. Ich würde es gerne verstehen.«
David stellte den Rückspiegel neu ein, dann beide Seitenspiegel. Als er den Aschenbecher inspizierte, boxte Bob ihm in die Seite.
»Los, Mozart, sag schon.«
Der Aschenbecher schnappte mit einem leisen Geräusch zu. David schaute Bob ins Gesicht.
»Also was?« drängte Bob. »Ist sie die Stradivari unter den Frauen? Ist sie die Melodie, die man nur einmal hört und nicht vergessen kann?«
David schüttelte unmerklich den Kopf. »Sie füllt mein Herz mit Wärme«, sagte er dann und ließ die Scheibe auf der Fahrerseite hoch und runterfahren.