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a) Wesen

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Der sofortige Vollzug ist geregelt in § 6 Abs. 2 VwVG. Im Falle einer aktuellen Gefahrenlage kann der Erlass eines VA mit anschließendem Vollstreckungsverfahren nicht abgewartet werden, sondern es muss sofort gehandelt werden. In diesem Fall und in vergleichbaren Fällen kann die Behörde – in aller Regel der vor Ort anwesende Polizist – sofort und unmittelbar die erforderlichen Zwangsmaßnahmen anordnen; auf den Erlass eines VA kommt es nicht an. Die Rechtsnatur des Sofortvollzugs nach § 6 Abs. 2 VwVG ist umstritten. Nach einer früher häufig vertretenen Ansicht ist er ein VA, da mit ihm die Grundverfügung und/oder die Verwaltungsakte des Vollstreckungsverfahrens gleichsam ersetzt werden[51]. Richtigerweise handelt es sich aber mangels Regelungswirkung um einen Realakt[52].

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Der sofortige Vollzug nach § 6 Abs. 2 VwVG ist zunächst abzugrenzen von der Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr 4 VwGO, welche sich auch hinter dem Begriff des „sofortigen Vollzugs“ nach § 6 Abs. 1 VwVG verbirgt. In § 80 Abs. 2 S. 1 Nr 4 VwGO und § 6 Abs. 1 VwVG geht es um die sofortige Vollziehung einer bestehenden Grundverfügung, während § 6 Abs. 2 VwVG die Vollziehung ohne Grundverfügung zum Gegenstand hat[53].

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Der sofortige Vollzug ist darüber hinaus abzugrenzen von der unmittelbaren Ausführung, die in § 19 BPolG sowie in einigen Landespolizeigesetzen anzutreffen ist (zB § 15 ASOG Bln)[54]. Das gemeinsame Wesen beider Maßnahmen liegt darin, dass aufgrund der Eilbedürftigkeit eine Vollstreckung ohne vorausgehenden Grundverwaltungsakt möglich ist. Aufgrund dieser Wesensverwandtschaft werden teilweise die Bestimmungen zur unmittelbaren Ausführung als speziellere Norm für das Polizeirecht eingestuft[55]. Allerdings wäre eine solche Doppelregelung nur schwerlich verständlich. Die besseren Gründe sprechen daher für eine differenzierende Betrachtung: Muss der (hypothetische) Wille des Betroffenen gebrochen werden, handelt es sich um einen sofortigen Vollzug. Werden Polizei- und Ordnungsbehörden hingegen nach dem (mutmaßlichen) Willen des Betroffenen tätig, handelt es sich um eine unmittelbare Ausführung[56]. Letzteres ist etwa anzunehmen, wenn es um die Rettung eines Bewusstlosen vor dem Ertrinken geht[57]. Diese differenzierende Betrachtungsweise führt im praktischen Ergebnis dazu, dass häufig § 6 Abs. 2 VwVG einschlägig sein wird. Daher erfolgt im Folgenden eine Fokussierung auf den sofortigen Vollzug[58].

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