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b) Voraussetzungen für den sofortigen Vollzug

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Die Voraussetzungen für den sofortigen Vollzug sind in § 6 Abs. 2 VwVG geregelt. Erforderlich ist danach zunächst, dass entweder eine rechtswidrige Tat verhindert werden soll, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder dass er zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist. Das Merkmal der Notwendigkeit impliziert, dass ein gestrecktes Vollstreckungsverfahren nicht möglich ist oder gleich wirksam wäre[59].

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Darüber hinaus muss die zuständige Behörde „im Rahmen ihrer Befugnisse“ handeln. Dazu müssen alle formellen und materiellen Voraussetzungen für ein Einschreiten vorliegen. Da im Fall des § 6 Abs. 2 VwVG aus Dringlichkeitsgründen zuvor gerade kein VA vorausgeht, sind an dieser Stelle die Voraussetzungen einer fiktiven Grundverfügung zu prüfen. Sie ist deswegen fiktiv, weil sie gerade nicht erlassen wurde. Anders als beim gestreckten Verfahren (s.o. Rn 701) ist diese fiktive Grundverfügung nicht nur auf ihre Wirksamkeit, sondern auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu untersuchen[60]. Diese unterschiedliche Behandlung findet ihre Rechtfertigung im Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG: Denn in der Situation des § 6 Abs. 2 VwVG bestehen im Unterschied zu § 6 Abs. 1 VwVG keine sonstigen Möglichkeiten zur Prüfung der vollständigen Rechtmäßigkeit unter Einbeziehung der Verhältnismäßigkeit.

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Liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 VwVG vor, so darf die Behörde auch dann vollstrecken, wenn ein Grundverwaltungsakt erlassen worden ist oder wenn ein Zwangsmittel wegen Eilbedürftigkeit nicht angedroht oder festgesetzt werden kann. Die Zulässigkeit eines solchen verkürzten Verfahrens ergibt sich in einem Erst-recht-Schluss aus § 6 Abs. 2 VwVG[61]. Die Vorschrift ist in solchen Fällen analog anzuwenden[62]. Fraglich erscheint allerdings, ob auch in solchen Konstellation die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung zu prüfen ist[63] oder lediglich deren Wirksamkeit[64]. Hier sollte nach dem Grundgedanken der unterschiedlichen Behandlung zwischen gestrecktem Vollstreckungsverfahren und sofortigem Vollzug differenziert werden: Wenn und soweit Rechtsschutz gegen die Grundverfügung möglich ist, genügt deren Wirksamkeit. Anderenfalls – und damit wohl im praktischen Regelfall – bedarf es einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit.

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