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Teil IV Recht der öffentlichen Ersatzleistungen › § 24 Systematische Übersicht

§ 24 Systematische Übersicht

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Im Verwaltungsrecht gibt es ebenso wie im Privatrecht eine Vielzahl von Beseitigungs-, Erstattungs- und Schadensersatzansprüchen. Ansprüche wegen Leistungsstörungen bei verwaltungsvertraglichen Schuldverhältnissen und anderen verwaltungsrechtlichen Sonderverbindungen wurden bereits im dortigen Sachzusammenhang behandelt (s.o. Rn 811, 818 und 827). Hinzu kommen Ansprüche, die außerhalb einer solchen Sonderverbindung entstehen. Diese werden im Folgenden dargestellt. Teilweise werden sie unter dem Begriff „Staatshaftungsrecht“ zusammengefasst[1]. Jedoch erscheint der Begriff der öffentlichen Ersatzleistungen sachnäher, da er eine Fokussierung auf Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche vermeidet. Das Recht der öffentlichen Ersatzleistungen hat aber nur teilweise eine Kodifizierung erfahren; überwiegend werden die Ansprüche aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen abgeleitet und sind richterrechtlich fortentwickelt worden.

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Diese Ansprüche werden von zwei Grundgedanken geprägt: Die erste Gruppe wird bestimmt vom Gedanken einer Wiederherstellung oder Erzielung der Rechtmäßigkeit. Zu ihr gehört insbes. der Folgenbeseitigungsanspruch, mit dem die Folgen rechtswidrigen staatlichen Handelns rückgängig gemacht werden sollen (s.u. § 25). Eng mit ihm verwandt ist der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch, der die Unterlassung rechtswidrigen staatlichen Handelns zum Ziel hat (s.u. Rn 909 ff). Aber auch der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch verfolgt einen ähnlichen Gedanken, indem rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden sollen (s.u. § 26). Da diese Ansprüche allesamt darauf abzielen, einen in Einklang mit der Rechtsordnung befindlichen Zustand zu erreichen, ergänzen sie die klassischen Möglichkeiten zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit und können daher auch als Primäransprüche bezeichnet werden[2].

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Im Gegensatz dazu sind Sekundäransprüche auf die nachträgliche Geltendmachung von Schadensersatz oder Entschädigungsleistungen ausgerichtet. Zu ihnen gehört insbes. der Amtshaftungsanspruch (s.u. § 27). Hinzu kommen Entschädigungsansprüche wegen Eigentumsbeeinträchtigungen oder sonstiger Aufopferung für das Gemeinwohl (s.u. § 28). Vor dem Hintergrund der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (s.o. Rn 181 f) ist allerdings die Wahrung oder Wiederherstellung der Rechtmäßigkeit der (Verwaltungs-)Rechtsordnung vorrangig. Daraus folgt ein grundsätzlicher Vorrang des Primärrechtsschutzes gegenüber dem Sekundärrechtsschutz[3], der in Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG auch verfassungsrechtlich verankert ist[4]. Besonders deutlich zum Ausdruck kommt dieser Vorrang in der Bestimmung des § 839 Abs. 3 BGB: Danach tritt die Ersatzpflicht nach dem Amtshaftungsanspruch nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (dazu Rn 969 f).

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Eine Systematisierung dieser diversen Anspruchsgrundlagen ist bislang nicht gelungen[5]. Dies wird zu Recht kritisiert[6]. Dem daher begrüßenswerten Anliegen des Bundesgesetzgebers im Jahre 1981, ein einheitliches Staatshaftungsgesetz des Bundes einzuführen, hat das BVerfG jedoch eine Absage erteilt; denn zum damaligen Zeitpunkt fehlte dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für ein solches Regelwerk[7]. In Reaktion darauf wurde im Jahre 1994 dem Bund in Art. 74 Abs. 1 Nr. 25 GG ausdrücklich die Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der Staatshaftung zuerkannt. Von dieser Kompetenz hat der Bund jedoch bislang keinen Gebrauch gemacht.

Ausbildungsliteratur:

Kratzlmeier, Die Systematik des Staatshaftungsrechts, JURA 2018, 1239; Lege, System des deutschen Staatshaftungsrechts, JA 2016, 81.

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