Читать книгу Der Index der verbotenen Bücher. Bd.1 - Franz Reusch - Страница 6

Ein Altkatholik als Inspirator der Indexreform Leos XIII.

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Damit ist bereits der entscheidende Name beziehungsweise Buchtitel gefallen: Hinter dem „Reusch“ verbirgt sich das monumentale zweibändige Werk aus der Feder des altkatholisch gewordenen Bonner Professors für alttestamentliche Exegese Franz Heinrich Reusch, das in den Jahren 1883 und 1885 unter dem Titel Der Index der verbotenen Bücher. Ein Beitrag zur Kirchen- und Literaturgeschichte erschien.5 Reusch, 1849 zum Priester geweiht, war 1854 Privatdozent, 1858 außerordentlicher und 1861 ordentlicher Professor für alttestamentliche Exegese an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Bonn gewesen und hatte dort von 1866 bis 1877 das „Theologische Literaturblatt“ herausgegeben. Als Gegner des Unfehlbarkeitsdogmas 1871 suspendiert und 1872 exkommuniziert, war er seit 1873 zunächst altkatholischer Pfarrer in Bonn und Generalvikar des ersten altkatholischen Bischofs Joseph Hubert Reinkens. 1878 – über die Entwicklung im Altkatholizismus enttäuscht – trat Reusch von all seinen kirchlichen Ämtern zurück.6

War man bislang allenfalls ein wenig verwundert über die Tatsache, dass der „Reusch“ nie indiziert wurde, weil Arbeiten über Indexkongregation und Inquisition sonst regelmäßig auf dem Index landeten,7 so schlägt die leichte Verwunderung in pures Erstaunen um, wenn man sich anhand der Akten der Indexkongregation klar macht, dass ausgerechnet das Werk des „abgefallenen“ Priesters und Apostaten Reusch nicht nur nicht auf der schwarzen Liste des Vatikan landete, sondern sogar zur Initialzündung für die grundlegendsten Reformen in der Geschichte der römischen Buchzensur wurde: Ohne den „Reusch“ wäre es nie zur Indexreform Leos XIII. gekommen.

Dass bis 1998 lediglich die Ergebnisse dieser Reform, namentlich die Konstitution „Officiorum ac munerum“ vom 25. Januar 1897 über Bücherverbot und Bücherzensur und der neue Index librorum prohibitorum von 1900, nicht aber die genauen Hintergründe bekannt geworden sind, hängt wesentlich damit zusammen, dass die Bestände viele Jahrhunderte lang der historischen Forschung prinzipiell nicht zugänglich waren. Erst die Öffnung der Archive der Kongregation für die Glaubenslehre im Jahr 1998 brachte hier eine grundsätzliche Änderung.8 Seitdem sind die Erforschung einzelner Causen und die Aufdeckung der (Hinter-)Gründe, die gegebenenfalls zur Verurteilung eines Werkes führten, möglich. Auch eine Institutionengeschichte von Indexkongregation und Inquisition kann seither auf breiter Quellenbasis vorangetrieben werden.9

Besonderes Augenmerk gilt dabei den Zensoren und Inquisitoren und ihren Biographien sowie den Veränderungen, denen das Verfahren der Zensur beziehungsweise der Geschäftsgang der beiden Kongregationen in ihrer vierhundertjährigen Geschichte unterworfen war. Dazu kommen die Indexreformen im eigentlichen Sinn, die als grundlegende Eingriffe in die „schwarze Liste“ über die bloßen Hinzufügungen der neueren Urteile hinaus, die jeweils in Plakatform nach den Sitzungen der Kardinäle an den Portalen der römischen Hauptkirchen angeschlagen wurden, zu verstehen sind. Reformen der Verfahrensordnung wurden 1571, 1664, 1753 und 1900 vorgenommen.10 Reformen des Index als Buch wurden durch folgende Päpste angeordnet: Paul IV. (1559), Pius IV. (1564), Sixtus V. (1590), Clemens VIII. (1596), Alexander VII. (1664) und Benedikt XIV. (1758).11 Es folgte die grundlegende Revision des Index unter Leo XIII. im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts – angeregt durch den „Reusch“ –, die Aufhebung der Indexkongregation als eigenständiges Dikasterium und ihre Eingliederung als Sektion in das Heilige Offizium unter Benedikt XV. im Jahre 191712 sowie schließlich das Ende des Index librorum prohibitorum unter Paul VI. 1966.13

Der Index der verbotenen Bücher. Bd.1

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