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Ein Stuhl

Seine vier runden Beine sind mit Sprossen verstrebt und suchen in einer leichten Grätsche sicheren Stand; die beiden vorderen enden unter dem Sitz, die beiden hinteren gehen in den tragenden Teil der Lehne über, deren Querstäbe mit einer Biegung dem menschlichen Rücken entgegenkommen. Die Sitzfläche aus dünnem Sperrholz ruht, mit Rundkopfnägeln befestigt, auf einem Rahmen. Eine Mulde in der Mitte des Sitzes räumt dem Gesäß Platz ein. Sie ist mit einer zweiseitig symmetrischen Prägung verziert. Das Ornament erinnert an einen Pfau, der seine Schwanzfedern fächerförmig ausbreitet: aus einem von eingerollten Blättern flankierten Oval, einem Medaillon, wachsen organische Linien nach drei Seiten zum Rand des Kreises. Das ganze Zeichen lässt sich auch als Spiegelung jener Körperteile lesen, die sich, wenn der Stuhl benutzt wird, unmittelbar über der Sitzfläche befinden.

Möbel, das verdeutlicht dieser Stuhl, stellen, wie Küchengeräte und Werkzeuge, Abbildungen unseres Körpers dar. Wenn wir einmal ausgestorben sind, lässt sich unsere Gestalt aus der Einrichtung unserer Wohnungen und Werkstätten zuverlässig ermitteln. Unser Wuchs und die Bewegungsmöglichkeiten unserer Schulter-, Ellbogen- und Handgelenke werden an Türen, Schubladen und Kaffeemühlen abzulesen sein. Für die Rekonstruktion unserer unteren Teile werden Stühle unschätzbare Dienste leisten.

J. Sch.

Hin- und Hergeschichten

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