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Das Ereignis

Ein Bräutigam trat, die Braut auf den Armen, über die Schlafzimmerschwelle. Er setzte die Braut auf einen Stuhl und sich selber auf einen anderen.

Die Hochzeitsnacht, das wussten beide, war eine besondere Nacht; nun waren sie gespannt auf das Ereignis, das mit glänzenden Gesichtern stets bloß angedeutet, nie ausgeplaudert worden war. So saßen sie und warteten. Der Bräutigam lockerte seine Krawatte, die Braut legte den Brautkranz, der ihr zum rechten Ohr hin verrutscht war, auf die Glasplatte des Rauchertischchens. Sie schwiegen und horchten, als könne ihre Aufmerksamkeit dem Ereignis die Ankunft erleichtern. Das Geräusch des Aufzugs ließ sie den Atem anhalten, obwohl sie ahnten, dass eher das Blähen des Vorhangs vor dem offenen Fenster dazu geschaffen war, etwas anzukündigen.

Der Kopf des Bräutigams war schon dreimal vornübergesunken und zweimal mit einem Seufzer wieder hochgekommen, als die Braut ihm vorschlug: «Leg dich hin. Ich wache einstweilen.»

Der Mann gehorchte mit einem sympathischen linkischen Widerstreben. «Du weckst mich, gell –» sagte er, tiefer atmend, und schon schlief er.

Nun war die Braut allein mit dem Auf-und-Ab dieser Männerbrust, die dann und wann bereits von einem Schnarchen erschüttert wurde. Sie sah zwei behaarte Handrücken; sie wusste, dass die in den Ärmeln versteckte Haut ähnlich aussah, und ohne Umschweife stellte sie sich auch die Brust ganz behaart vor. Dieses letzte Bild rückte immer näher, bis sie es nicht mehr sah, nun aber zu riechen glaubte. Als ein lautes Schnarchen des Mannes sie aufschreckte, merkte sie, dass sie für einen Augenblick eingenickt war.

Sie weckte den Bräutigam. Der blickte sie so verwundert an, als sei sie das Ereignis. Er erhob sich, und sie legte sich hin. Sie spürte die Wärme, die er hinterlassen hatte.

Jetzt war er es, der wachte. Mit schweren Lidern schaute er sie an, wie sie dalag, auf dem Bauch, eine Faust um einen Zipfel des Kissens gepresst. Er betrachtete ihre Fußsohlen. Diese kleinen Landschaften hatte er noch nie oder noch nie so ungestört und so deutlich gesehen, und eine unbändige Lust, weitere Teile des weit verzweigten Frauenkörpers kennenzulernen, überkam ihn.

Als es vor dem Fenster hell wurde, löschte der Bräutigam das Licht und legte sich neben die Braut. Das Ereignis war ausgeblieben. Es konnte den Brautleuten aber, wie sich noch am selben Morgen erwies, durchaus gestohlen werden.

J. Sch.

Hin- und Hergeschichten

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