Читать книгу Islam in Deutschland - Friedemann Brückenbauer - Страница 53
Оглавление15. Der wahre Islam – Religion oder Ideologie?
Seit Christian Wulff 2010 in seiner Eigenschaft als Bundespräsident öffentlich äußerte:
„Der Islam ist in Deutschland angekommen“
gilt diese Aussage offensichtlich sowohl großen Teilen der bundesdeutschen Bevölkerung als auch den meisten Politikern als gesichertes und richtiges Faktum. Dem Bundespräsidenten Wulff ist dabei eine sprachlich höchstwahrscheinlich ungewollte Doppeldeutigkeit bei der Wahl des Worts „angekommen“ unterlaufen:
„Angekommen“ im Sinne von Wulffs Rede kann z. B. entweder bedeuten,
- dass ein bestimmtes „Etwas“ schlicht „existiert“,
oder aber,
- dass dieses „Etwas“ sich (in der Mitte der Gesellschaft) etabliert hat.
Diese Doppeldeutigkeit war jedoch von Wulff ganz offensichtlich weder gewollt noch wurde sie in der Öffentlichkeit so (miss-)verstanden. Dabei kann seine Äußerung letztlich nur den Wert einer einfachen und von ihm selbst subjektiv so empfundenen privaten Behauptung haben.
Möglicherweise ist es zu gefährlich, aber offiziell (staatlicherseits) scheint der Islam
- bisher weder juristisch
- noch sozialpolitisch oder irgendwie anderweitig
- jemals überprüft worden zu sein.
Der Islam wird von zu vielen Politikern unkritisch einfach als „Religion“ wie jede andere auch hingestellt. Dennoch hätte Wulff seinerzeit – bei besserem Kenntnisstand der Sachlage – in seiner damaligen Eigenschaft als Bundespräsident zu diesem Thema besser geschwiegen.
Im März 2018 hat der neu ernannte Bundesinnenminister Seehofer bei seiner Eröffnungsrede im Bundestag dann aber gewagt, klar und unmissverständlich zu sagen, „der Islam gehöre nicht zu Deutschland“ – doch prompt haben ihm Politiker aller Parteien – mit der Bundeskanzlerin Merkel an der Spitze, widersprochen.
Dieser Streit führte folgerichtig zu einer hitzigen öffentlichen Debatte. Sie zeichnete sich überwiegend durch Unkenntnis, Unsachlichkeit und Emotionalität der Redebeiträge und/oder Kommentare bzw. Leserbriefe aus – erbrachte jedoch außer Vorverurteilungen keinerlei brauchbaren Ergebnisse. Auf diese Weise wird das brennende gesellschaftliche Problem jedenfalls nicht zu lösen sein.
Auf islamischer Seite beziehen sich die in den Universitäten üblichen religionswissenschaftlichen Untersuchungen weitgehend nur auf den inneren Zirkel der Wissenschaft und haben wenig bis gar keinen Einfluss auf das aktuelle öffentliche Geschehen. Dazu kommt, dass viele gläubige muslimische Studenten von dieser Art des Studiums sehr irritiert sind und die Wahrheit lieber in den Moscheen suchen… Gleichwohl hat Wulfs im Amt des Bundespräsidenten getätigte damalige Formulierung in Deutschland den Eindruck erweckt, als sei der Islam im Sinne der „political correctness“ tatsächlich eine Religion wie andere auch, nur eben mit eigenen Regularien.
In ähnlichem Sinne äußerte sich auch Papst Franziskus am 01. August 2016. Auch er wehrte sich gegen die pauschale Verurteilung des Islam – womit er insofern Recht hat, weil pauschale Aussagen grundsätzlich wenig hilfreich sind. Während seiner Rückfahrt vom Weltjugend-tag in Krakau sagte er:
„Es ist nicht richtig und nicht wahr, dass der Islam gewalttätig ist“. Auf die Frage, warum er bei der Verurteilung extremistischer Taten niemals den Islam erwähne, fügte er hinzu: „Wenn ich über islamische Gewalt spreche, dann muss ich auch über christliche Gewalt sprechen. In fast jeder Religion gibt es immer eine kleine Gruppe von Fundamentalisten – bei uns auch.“ (Franziskus, 2016)
Seine Feststellung klingt zunächst sehr beruhigend. Bevor allerdings überprüft werden kann, ob der Islam tatsächlich alle Voraussetzungen erfüllt, um nach dem Grundgesetz überhaupt als Religion anerkannt werden zu können – wie das Christen- und/oder das Judentum und/oder die anderen, teilweise sogar Weltreligionen, müssen zunächst die sachlichen Voraussetzungen in Form von allgemeingültigen Begriffsbestimmungen bzw. Definitionen zur Verfügung stehen, um überhaupt jemals einen Konsens erreichen zu können.