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4. Von Hamburg nach Moshi (in Tansania)

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Der Kater dröhnte gehörig. Als Jens Petermann am nächsten Morgen, der eher ein früher Mittag ist, im luxuriösen Zimmer des Louis C. Jacob erwacht, plagt ihn der Schmerz im Kopf ähnlich wie die Übelkeit. Das Zimmer hatte er noch in der Nacht angemietet. Er war doch tatsächlich mit Sabine, dieser alten Schrappnelle, im Bett ge­lan­det. Gut, er hatte es drauf angelegt. Und war’s zufrie­den. Das mit dem „endlich mal wieder anziehend sein” hatte wun­derbar geklappt. Begehrt sogar, na sowas. Ob ihm das al­ler­­dings bei der Bereinigung seiner Beziehung mit Frieda helfen wird, be­zweifelt sein benebeltes Hirn schon bevor es überhaupt zu Denken anfängt.

Die andere Seite des ausladenden Doppelbetts ist leer und kalt. Frau Doktorin ist bereits verschwunden. Was hatte er ihr ver­flixt nochmal versprochen? Was hatte die Kortweit ei­gent­lich gewollt?

Erst nach dem dritten Kaffee, den er sich aufs Zimmer brin­gen lässt, fällt es ihm wieder ein. Hannes anrufen, nach irgend­einem Waisenhaus befragen. Liegt da nicht irgendwo ein Flyer? Den Sabine ihm zugesteckt hatte? „Mlakizi – meet the future!” steht vorne drauf.

Klein und fein, der Prospekt, Hochglanz, schönes Land­schafts­foto unter strahlend blauem, afrikanischem Himmel. Eine grüne Oase mit einem Dutzend Gebäu­den direkt an irgendei­nem braunen Fluss, lachende Kinder rundherum. Nur das Grün kommt etwas unecht rüber, könnten Reisfelder sein. Der Text auf Englisch, gedruckt aber offenkundig bei „fly­erpower” im deut­schen Internet.

Innen ist von „vintage bree­­ding conditions” die Rede, was Petermann leicht irritiert, aber wohlwollend mit „erstklassiger Erziehung” übersetzt. Auch mit „top-quality me­di­cal super­vi­sion” – erstklassiger me­di­zi­ni­scher Betreuung? – wirbt der Pro­spekt. Am Ende nennt er ein Spen­denkonto für die „Mlakizi Orphanage Foundation”, selt­sa­mer­weise nicht bei einer tansanischen, son­dern bei einer süd­afri­kanischen Bank, die einen „easy transfer” ermögliche. Die Adres­­se der An­la­ge ist kryptisch wie so oft in Tansania: Post­box Mbeya, nicht Tu­kuyu, als Kontakt nur eine Mailadresse und Handy­nummer. Gibt es das Haus überhaupt?

Google Maps kennt in der Gegend tatsächlich einen ähnlich klingenden Ort, nur ohne das zweite i. Okay, das wird es sein. Weder Google noch Open Street Maps allerdings verzeichnen dort viele Straßen. Für genauere Recherchen ist der Bildschirm von Peter­manns Smartphone ohnehin zu klein.

Stattdessen öffnet der Architekt seinen WhatsApp-Account und be­ginnt einen englischen Text an seinen „Meisterdetektiv” Han­nes Wabaye in Moshi zu schreiben, mit dem er seit ihrem letzten gemeinsamen Aben­teuer locker in Kontakt geblieben ist. Damals hat­ten sie Diamanten für mehr als 100.000 € aus dem Wrack der MV Bukoba im Victoriasee ge­bor­gen und eine inter­na­tionale Ver­schwörung rund um den Untergang des Fähr­schiffs aufge­deckt, bei dem 1996 fast 1.000 Menschen ertrunken waren.

„Hallo, Hannes! Ich hoffe es geht Ihnen, Honney und allen anderen aus der Familie prächtig und die Geschäfte laufen gut. Bei mir alles roger. Eine gute Bekannte von mir, Dr. Sabine Kortweit, die für eine politische Stiftung hier arbeitet, hat mich gebeten, ein paar Informationen über ein Waisenheim im Süden Tansanias einzuholen. Wird betrieben von der Mlakizi Founda­tion, das Gelände liegt anscheinend an der tansanisch-mala­wi­schen Grenze südwestlich von Tukuyu am Songwe River. Dr. Kortweit will wissen, ob da alles mit rech­ten Dingen zugeht, wie die mit den Kindern umgehen, ob die Stiftung hinter dem Heim seriös ist. Einer ihrer Klienten will da eventuell Geld rein­stecken. Könn­ten Sie sich wohl mal um­hö­ren? Kennen Sie viel­leicht jemanden da unten?”

Bevor Petermann die Nachricht abschickt, überlegt er länger, ob und wie viel Geld er Hannes für diesen Gefallen anbieten soll. Klar ist, dass solche Recherchen etwas kosten. Doch wie viel? Einen Tagessatz, der in seinem Beruf als Archi­tekt leicht bei 1.000 € liegt? Oder nur ein paar Arbeitsstun­den, bezahlt in tansanischen Shil­lingen nach lokalem Tarif?

Lieber belässt er es erst mal bei einem Gefallen. Der kostet auch in Tansania nichts. So bleibt diese erste Mail ohne jedes konkrete Angebot. Eine vernünftige Antwort kann er ja später immer noch vergüten.

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