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Im Stop & Go herrscht reger Betrieb und für Sam ist es bereits die vierte Rushhour an diesem Tag. Hinter der kleinen Bar bereitet er zwei Espressi, zwei belegte Brote – leicht erwärmt – einen frisch gepressten Orangensaft und ein kleines Bier zu, während in der winzigen Küche ein Hamburgerlaibchen und eine Bratwurst in der Pfanne brutzeln. Aus der Küche strömt der würzige Duft von in Fett gebratenem Fleisch vermischt mit dem Dampf und Rauch des Bratens. Mit einem Auge behält Sam den Monitor im Blick, der die Zapfsäulen vor der Glasschiebetür anzeigt. Viele Autolenker nutzen die Zeit, um zu tanken, bevor die Preise über Nacht wieder angehoben werden. Mit dem anderen Auge überblickt er die vier Tische im Lokal, von denen drei mit Stammgästen besetzt sind.

Sam spricht nicht perfekt Deutsch, aber gut genug, um die Wünsche der Gäste einwandfrei entgegenzunehmen. „Kommt sofort“, lautet seine Standardantwort, wenn er gerufen wird, denn er hat längst verstanden, dass ein rasches Handeln im Gastgewerbe besonders geschätzt wird. Mit „Merci“, „Grazie“, „Gracias“, „Podziękowanie“ oder „Spasiba“ verabschiedet er die Gäste, wenn diese zufrieden das Lokal verlassen.

Sam mag es, wenn es sich in der kleinen Rast- und Servicestation so richtig dreht, wenn das Auf und Zu der Glasschiebetür zur Melodie wird, die vermengt mit dem Getratsche seinen Arbeitsrhythmus bestimmt. Sam mag das Kommen und Gehen der Menschen, die sich trotz ihres für Reisende typischen Fremdseins miteinander verbunden wissen, aus der Notwendigkeit heraus, eine Rast einzulegen. „Das ist meine Familie“, erklärt er schon mal den Leuten in seiner herzlich offenen Art, wenn sie sich für die Dauer eines Espressos in ein kurzes Gespräch einlassen. Diese Art der Begegnung mit den Gästen, und sei sie auch nur kurz, erzeugt in ihm nicht nur das Gefühl, gebraucht zu werden, sondern vielmehr das Gefühl dazuzugehören.

Sams ganzer Name lautet Elunga Samuel Nmbundo und seine Haut ist braun wie Torferde. Seit fünf Jahren ist er im Stop & Go als Tankwart, Kellner, Barkeeper, Mechaniker, Spaßmacher oder Seelentröster beschäftigt, je nachdem, was die Gäste von ihm brauchen. Fünf Jahre ist es her, dass er – einer Polizeirazzia an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich entkommend, mit einem Ledergurt an den Unterboden eines Lkw geschnallt – als blinder Passagier die Grenze passiert hat. An der ersten Tankstelle, an der der tonnenschwere Truck hielt, ging er von Bord und blieb. An seine Heimat Ruanda denkt Sam nur noch selten. Vor allem an die Geschehnisse von damals will er nicht mehr erinnert werden … auch, wenn der positive Asylbescheid noch immer auf sich warten lässt.

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