Читать книгу Wie Buddha im Gegenwind - Gabriela Urban - Страница 13

Der gute alte Stevie Wonder

Оглавление

Nur faul rumliegen kann manchmal ganz schön anstrengend sein. Das fand zumindest Gerrit. Während wir drei Mamas blendend mit der Herausforderung Nichtstun klarkamen, wurde Gerrit immer nervöser. Er hielt es nicht mehr aus. Er wollte ein wenig Action haben – und so überredete er uns Frauen, dass wir am späten Nachmittag eine Dschungelwanderung bis zum nächsten Dorf unternehmen sollten.

Puh, das waren mindestens fünf Kilometer über Stock und Stein mit einigen beachtlichen Steigungen und noch dazu mit Kind in der Trage.

»Ja, grandiose Idee, oder?« Gerrit war begeistert von seinem Vorschlag. Nachvollziehbar, schließlich war er Österreicher und Bergsteiger. Leider konnte er so gar nicht verstehen, dass wir Frauen seine Begeisterung nicht sofort teilten.

Ein paar Stunden später standen wir trotzdem bereit. Die Kinder waren in der Trage angeschnallt, genügend Essensproviant für die Kleinen und ausreichend Wasser war gepackt, und der Akku der Kamera war zu 100 Prozent aufgeladen. Es konnte dementsprechend losgehen.

»Weißt du, wo wir lang müssen?«, fragte ich Gerrit.

»Irgendwo am Wasser entlang. Das werden wir schon finden«, antwortete Gerrit pragmatisch.

Nun gut, er ging beschwingt vor, und wir Mamas mit den Kindern ächzten hinterher. Wir waren keine fünf Minuten unterwegs, und schon waren alle nassgeschwitzt. Mir war klar, dass diese Wanderung kein leichtfüßiger Spaziergang werden würde. Deswegen versuchte ich, nicht daran zu denken, wie viele Kilometer uns noch bevorstanden, sondern konzentrierte mich eher auf das stetige Vorwärtskommen. Einfach losmarschieren. Einen Schritt nach dem anderen. Irgendwann würden wir in der Village schon ankommen. Jetzt war eher der Weg das Ziel.

Und wahrhaftig gab es auf unserem Weg durch den Dschungel so einiges zu entdecken. Lustige Eichhörnchen, stolze Echsen und sogar ein riesiger Waran kreuzten unseren Weg. Oder besser gesagt, wir mal wieder ihren. In den Baumwipfeln konnten wir Affen erblicken, von einigen Ästen hingen Fledermäuse herab, und um unsere Köpfe flogen die unterschiedlichsten Vögel. Zwischendurch kamen wir an kleinen Häusern vorbei, deren Einwohner uns neugierig musterten. Zugegeben: Der Anblick, den wir boten, war sicherlich ein wenig gewöhnungsbedürftig. Ein Papa und drei Mamas im Entenmarsch mit jeweils einem Baby vor dem Bauch? Kannst du dir das vorstellen? Und noch dazu Europäer? Wir mussten selbst ein wenig schmunzeln angesichts der verdutzten Blicke der Einwohner.

Wir liefen und liefen. Und als die Anzahl der bunten Holzhäuser am Wegesrand zunahm, wussten wir, dass die Zivilisation nicht mehr weit war. Als wir Perhentians Village nach einem ordentlichen Fußmarsch durch den Dschungel erreichten, wurden wir schnell zu einer großen Dorfattraktion. Von überall kamen Kinder mit ihren Fahrrädern herbeigesaust, die Erwachsenen grüßten uns neugierig, und schüchterne kleine Mädchen mit Kopftüchern betrachteten uns mit ihren großen dunklen Augen. Wir waren mitten im lokalen Dorfleben angekommen, und plötzlich schienen die ganzen künstlichen Bungalowanlagen, Strandliegen und Bars auf der anderen Seite der Insel so fern zu sein.

Wir schlenderten durchs Dorf, vorbei an einer riesigen Moschee direkt am Wasser, schauten bei einem Fußballspiel zu, kauften uns an einem Kiosk eine eisgekühlte Cola und nutzten die Gelegenheit, um auf dem lokalen Markt Obst einzukaufen. Am liebsten wäre ich gleich dortgeblieben, doch Gerrit erinnerte uns an unsere Pflichten. Schließlich ging bald die Sonne unter, und wir mussten rechtzeitig zum Sundowner zurück sein. Grietje und Hendrik warteten sicherlich schon auf uns. So entschieden wir, ein Wassertaxi zurückzunehmen, und ließen uns direkt vor unserem Bungalow absetzen.

***

Egal, wie schön es manchmal ist und wie wohl man sich fühlt, irgendwann hat jede Zeit ihr Ende. Schließlich wollten Madeline und ich noch mehr von Malaysia sehen. Leonie und Gerrit versuchten tatkräftig, uns umzustimmen, als wir ihnen am nächsten Tag von unserem anstehenden Aufbruch erzählten.

»Bleibt! Wenigstens noch ein paar Tage. Das ist doch so toll hier, und wir sind mittlerweile wie eine große Familie mit den Kindern, Oma Grietje und Opa Hendrik«, sagte Leonie in einem fast schon flehenden Ton.

Ja, das stimmte, aber unser Entschluss stand fest. Nach einer Woche auf Perhentian Kecil war unsere Zeit gekommen.

Zufälligerweise war am Abend in unserer Unterkunft eine große Karaoke-Party geplant. Ein krönender Abschluss unseres idyllischen Insellebens – da waren wir drei Mamas uns einig. Und dank der beachtlichen Reichweite des Babyphons konnten Leonie, Madeline und ich ein wenig mit den singfreudigen Malaien feiern, während unsere Babys im Bungalow den Schlaf der Gerechten schliefen. Anfänglich traute ich mich nicht mitzusingen, da ich vom lieben Gott nicht unbedingt die beste Singstimme geschenkt bekommen habe. Aber als ich feststellte, dass die Einheimischen mindestens genauso schief sangen wie ich, war es mir auch egal. Unbeschwert grölten wir alle ins Mikrofon und sangen aus vollem Herzen zu Stevie Wonder: »I just called to say I loove you, I just called to say how much I caaare, I just called to say I looove yooou and I mean it from the bottom of my heeeaaart …«

Wie Buddha im Gegenwind

Подняться наверх