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«GAIOLA DE PÁSSARO»

Kapitel 6

Gaiola de Pássaro, der Vogelkäfig, ein passender Name des Bistros. Überall sind hölzerne Vogelkäfige platziert. Einige hängen von der Decke herab, andere wieder sind dekorativ zwischen den Fenstern, dem Zugang zur Terrasse oder über den Tischen montiert. Schönste exotische Arten des atlantischen Regenwaldes sind in ihnen zu finden. Über der Bar hängt ein Käfig mit einem Tesourão, einer der schönen seltenen großen, aber aggressivsten Kolibriarten. Tukane mit ihrem mächtigen großen Schnabel, aus der Ordnung der Spechtvögel und verschiedene Papageien zieren den Raum. Die prachtvollen Kakadus pfeifen ab und an eine Melodie. Coco, der große Ara spricht sogar manchmal der Garçonete nach. Der Luftwirbel des Deckenventilators kühlt angenehm. Die Lounge Musik wird melodisch durch Vogelgezwitscher, begleitet.

Dr. Boomer macht es sich derweilen auf der kühlen Terrasse mit seinen Freunden gemütlich. Neugierig fragt er Léon:

«Konntet Ihr alles wie vorgesehen platzieren?»

«Ja, alles wurde planmäßig angebracht und scharf

gestellt!», antwortet Ronan.

«Es gab nur einen kleinen Zwischenfall mit einem

Hai, der es plötzlich auf mich abgesehen hatte.», sagt Léon und nimmt daraufhin gleich einen deftigen Schluck Bier.

Dr. Boomer übergibt Léon ein Kuvert:

«Die Überweisung wurde gestern durchgeführt,

hier noch ein kleiner Spesenersatz!»

«Danke Will! Jederzeit wieder, wenn Du etwas

brauchst. Aber bitte mit etwas Vorlaufzeit, da ich

Dir erst wieder in zwei Monaten zur Verfügung

stehen kann. Wir fliegen in der Nacht noch nach

Afrika. Ein neuer Auftrag.», erzählt Léon euphorisch.

Während die Drei im Gespräch sind, betritt Amadé das Bistro. Nach einem flüchtigen Blick zu deren Tisch begibt er sich noch schnell zu Garçonete Monella, um wieder einen derben Spruch anzubringen. Sie ist von seiner Blödheit schon richtig genervt. Kurz darauf geht er zum Tisch von Dr. Boomer, er greift sich einen Stuhl und setzt sich schamlos dazu. Mit einem frechen breiten Grinsen wirft Amadé wortlos lässig den knittrigen Serviceschein auf die Kaffeetasse von Dr. Boomer. Verdutzt sieht Dr. Boomer zu Amadé:

«Und? Was soll das?»

Die schöne Garçonete Monella bringt gerade die kühlen Biere. Amadé nimmt gleich eines vom Tablett, trinkt aus der Flasche, wischt sich über den Mund und rückt taktlos provokant dicht neben Dr. Boomer. Er starrt ihn erwartungsvoll an:

«Meu Amigo (mein Freund)! Ihr Flugzeug ist

wie neu! Ich arbeite perfeito (perfekt)!

Jetzt hole ich mir mein Dica (Trinkgeld).»

Aufgrund dieser Provokation runzelt Ronan verärgert die Stirn, blickt flüchtig zu Léon und erhebt sich. Vor Amadé stehend, beugt sich Ronan mit angespannter Mine zu ihm runter. Er sieht ihm streng, Face to Face, direkt in die Augen:

«Welches Problem hast Du? Ist das deine Art von

Kundenservice? Entschuldige Dich sofort oder ich

gebe Dir Unterricht in Benimmregeln! Du Honk!»

Amadé merkt schnell, dass mit dem durchtrainierten jungen Mann nicht zu spaßen ist. Ronan der Ex US-Marine, sein «Semper Fidelis» Tattoo (lat.-immer treu-) ist für Amadé am abgestützten rechten Unterarm sichtbar. Er blickt kurz grinsend Ronan an und meint ungeniert abfällig:

«Meu Amigo, (mein Freund) nah hoffen wir, dass Deine

dreckige Puta (Schlampe) auch immer schön treu ist!»

Léon ahnt nichts Gutes, er kennt Ronan schon lange. Mit einem Blick zu Dr. Boomer deutet er, dass für Amadé Unvorhersehbare an und nimmt einen Schluck vom kalten Bier. Ronan reagiert schnell, er ergreift mit der linken Hand Amadé fest im Nacken und schlägt seinen Kopf wuchtig am Tisch auf.

Nach dem Aufprall richtet er ihn hoch und gibt leise zähneknirschend ein Statement ab:

«Sorry, ich habe mich manchmal nicht unter Kontrolle,

wenn ich auf so Witzbolde wie Dich treffe. Das liegt an der

regulären Störung meines dünnen Zentralnervensystems.

Ich bin nicht richtig ich, wenn ich sauer bin.

Überdies bin ich Single! Jetzt entschuldige Dich, Du Honk!»

Als Monella erschrocken zum Tisch sieht, lässt Ronan sofort von Amadé ab, richtet ihn auf und setzt ihn wieder manierlich in den Stuhl. Monella nähert sich Ronan, dieser lächelt. Mit einem Zwinkern meint er:

«Mea culpa, mea culpa mea maxima culpa, ich

reagierte einfach zu spät als der nette Mann in

einer Art akuten Schwächeanfall mit dem Kopf auf

den Tisch schlug. Ich wollte ihn noch rechtzeitig

stützen, aber ich war leider zu langsam. Sorry!»

Amadé hält sich derweilen seine blutende Nase, nimmt den Serviceschein und gibt ihn Dr. Boomer mit einem bemüht freundlichen kargen:

«Desculpe (Entschuldigung), meine Schuld

per favor (Bitteschön).»

«Ist gut.», antwortet Dr. Boomer und quittiert die zerknitterte Rechnung.

Léon muss sich schwer zusammennehmen, um nicht plötzlich zu lachen. Er nimmt lieber noch einen Schluck. Der schlagfertige Ronan, tätschelt nochmal die Wangen von Amadé um sich davon zu überzeugen, dass es ihm schon besser geht. Er ordert aus purer Gefälligkeit für Amadé noch ein Glas frisches Wasser.

Die schöne Garçonete Monella bringt ein Glas klares kaltes Wasser und stellt es vor Amadé ab. Ihr Schmunzeln kann sie dabei ebenso nicht verbergen. Auch Dr. Boomer grinst. Amadé trinkt das Glas Wasser mit einem Zug aus, resolut stellt er es hörbar am Tisch ab und nimmt die Rechnung. Er starrt auf die Servicerechnung, mit einem verachtenden Blick schaut er zornig in die Runde, er zerknüllt die Rechnung und wirft sie zu Boden. Ronan erhebt sich.

Amadé weicht zurück, eilig verlässt er das Bistro. Ronan setzt sich wieder, er nimmt sein Bier und stößt mit Léon an:

«Ein echt frecher Typ, der macht nur Probleme.

Ist besser für Ihn, wenn er verschwindet.»

Dr. Boomer ist irgendwie irritiert:

«Ich verstehe den Typen nicht?

Die Dica (Trinkgeld) steht ja auf der Rechnung?»

Monella bringt inzwischen eine frische Tasse heißen brasilianischen Caboclo Kaffee:

«Per favor (Bitteschön) Doktor, der geht auf mich.

Und die Amigos kriegen gleich ein kaltes Bier.»

Während sie die leeren Gläser abräumt, zwinkert sie Ronan an:

«War schon längste Zeit. Endlich jemand der den

ungehobelten Drecksack in die Schranken weist.

Der ist neu hier und hält sich für etwas

Besonderes.»

Ronan lächelt. Monella gefällt ihm. Sie kommt nochmals mit einem Tablett «Brigadeiros», frische brasilianische Pralinen, eine wahre Köstlichkeit. Sie stellt es am Tisch ab und meint erleichtert:

«Obrigado (Dankeschön), dass Ihr dem Typen eine

Lektion erteilt habt. Seit der hier arbeitet, gibt

es nur Ärger. Die müsst Ihr unbedingt probieren,

sind selbst gemacht.»

Endlich sind die Drei den selten dummen Mechaniker los. Sie tauschen sich noch ein wenig aus und verspeisen dabei genüsslich die nationale süße Spezialität. Gegen 15.00 Uhr blickt Dr. Boomer auf die Uhr:

«Meine Freunde, es hat mich sehr gefreut, aber es

wird Zeit ich habe noch einen längeren Flug vor mir.

Ich danke Euch für alles. Wir bleiben im Kontakt.

Léon ich rufe Dich an. Übrigens soll ich Dir Grüße

von Stanley ausrichten.»

Léon bedankt sich, er umarmt ihn zum Abschied und wünscht für den weiteren Verlauf seines Vorhabens alles Gute. Ronan verabschiedet sich mit einem kräftigen Händedruck. In Folge verlassen die Beiden das Lokal. Dr. Boomer bezahlt. Monella bedankt sich für das großzügige Trinkgeld:

«Obrigado (Dankeschön). Schön, dass Sie bei uns

waren. Bis zum nächsten Mal. Alles Gute!»

Dr. Boomer verlässt das Bistro. Entspannt begibt er sich zu seiner Maschine. Nach dem Außencheck startet er den Motor, er steigt nochmals aus dem Cockpit, um die Verkabelung der Außenkamera zu kontrollieren. Noch während der Propeller läuft, hastet Amadé über das Rollfeld zum geparkten Flieger.

Abgehetzt ruft er Dr. Boomer entgegen:

«Olá Senhor (Hallo der Herr), ich möchte gerne

mitfliegen, ich muss nach Rio!»

Überrascht blickt Dr. Boomer auf, nett antwortet er:

«Sorry, ich fliege nicht nach Rio!»

Amadé überlegt, er lässt nicht locker:

«Compreendido (Verstanden), ist mir auch egal,

nehmen Sie mich einfach mit. Sie haben etwas vor?

Was arbeiten Sie? Ich kann ein paar Real gut

brauchen, meu Amigo (mein Freund)!»

Verärgert über die Aufdringlichkeit und schon sehr genervt von diesem Typen wendet sich Dr. Boomer mit strengem Blick zu Amadé. Dr. Boomer versucht höflich zu bleiben.

«Ich bin nicht Ihr Freund! Ich habe zu tun, ich

fliege über Queimada Grande, um die Population der

giftigen Lanzenotter zu studieren. Ich habe keine

Zeit und nehme Sie auch nicht mit! Compreendido

(Verstanden)! Jetzt gehen Sie mir aus der Sonne und

belästigen Sie mich nicht weiter!», sagt Dr. Boomer energisch.

Amadé weicht einen Schritt zurück, macht eine abfällige Bewegung mit den Händen, spuckt dabei auf den Boden und zieht ab. Verärgert ruft er nach:

«Compreendido, compreendido (verstanden)

Du Idiota, Du Bunda (Arsch)!»

Dr. Boomer ignoriert die Reaktion und Beschimpfung und führt den letzten Check weiter aus. Dann steigt er ins Cockpit zurück. Startklar rollt die Maschine zur Startbahn, hält an und wartet auf die Starterlaubnis. Verärgert sieht Amadé der Maschine nach und murmelt weiter vor sich her. Aufgebracht geht er zum Service Hangar. Beró ist in Pause, sitzend auf einer Werkzeugkiste raucht er seine Pfeife. Er merkt, dass mit Amadé wieder etwas nicht stimmt. Amadé räumt seinen Spind hektisch aus. Béro beobachtet ihn. Er nimmt die Servicehefte und wirft diese wutentbrannt zu Boden. Als er bei Beró vorbeigeht, meint er nurmehr abfällig:

«Olá (Hallo), meu Amigo (mein Freund), sag dem Boss,

er braucht einen neuen Mechaniker!»

Im Waschbecken wäscht er sich noch schnell die Hände mit Waschsand. Hinterher nimmt er vom Spind noch seine Jacke, schlägt die Metalltüre hörbar wutentbrannt zu und haut zornig ab. Den Mechaniker-Overall, lässt er einfach an. Wortlos geht er an Beró vorbei, er würdigt ihn keines Blickes mehr.

Beró sieht ihm kopfschüttelnd nach und zieht nochmals kräftig an seiner Pfeife. Nach einigen Zügen, als Amadé verschwunden ist, geht er in das Office, greift sich vom Schreibtisch die Liste der neuen Mechaniker und streicht mit einem roten Filzschreiber Amadé Levéfre waagrecht durch. Man könnte meinen, dass ihm dies sogar Freude bereitet, zumindest seiner Mimik nach. Erleichtert schreibt er daneben einen Vermerk in roten Blockbuchstaben,

- PROBEZEIT NICHT BESTANDEN! –

Wohlwollend signiert er den Eintrag, zieht wieder von seiner Pfeife, setzt sich auf eine der Werkzeugboxen und pausiert.

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