Читать книгу Es hat uns sehr gefreut - Georg Markus - Страница 27
Оглавление»Sie werden noch an einem
Druckfehler sterben!«
Von den Göttern in Weiß
»Die Kranken geben bei weitem nicht so viel Geld aus, um gesund, als die G’sunden, um krank zu werden.«
JOHANN NESTROY
»Man kommt auch ohne Gehirn durch!«
Einst kamen Ärzte aus aller Welt in die k. k. Residenzstadt, um die revolutionären Ergebnisse der Wiener Medizinischen Schule zu studieren. Zur Zeit Maria Theresias war es Gerhard van Swieten, später erreichten Mediziner wie Ignaz Philipp Semmelweis, Theodor Billroth, Julius Wagner-Jauregg, Karl Rokitanski und Adolf Lorenz – der Vater von Konrad Lorenz – Weltgeltung.
Neben ihren medizinischen Leistungen hinterließen uns die großen Ärzte auch eine ganze Reihe von Anekdoten. So etwa war der berühmte Anatom Joseph Hyrtl wegen seines beißenden Spotts gefürchtet. Ein Student, der bei ihm zum dritten Mal zu einer Prüfung antreten mußte, sagte zu einem Assistenten: »Wenn ich heute wieder durchfalle, steche ich mir das Seziermesser ins Herz!«
Professor Hyrtl reagierte ganz ruhig, als man ihm dies mitteilte: »Ins Herz? Keine Gefahr. Der weiß gar nicht, wo es liegt!«
Ein anderes Mal war Hyrtl milder gestimmt. Wieder trat ein nicht sehr talentierter Student zur Prüfung an. Er ersuchte den Professor, ihn nicht über die Anatomie des Gehirns zu befragen, da er »nicht mehr dazugekommen« sei, dieses Kapitel zu studieren. Hyrtl erfüllte den Wunsch, der Student absolvierte die Prüfung mit Erfolg. Als er sich bei Hyrtl bedankte, sagte dieser: »Sehen Sie, man kommt auch ohne Gehirn durch!«
Der eine heilt, der andere heult
Ein Patient des Chirurgen Theodor Billroth hatte nur eine einzige Krankheit: Er war ein schwerer Hypochonder. Wegen jeder Kleinigkeit ließ er den Arzt kommen, auf alle medizinischen Zeitschriften war er abonniert, mit seiner populärmedizinischen Bibliothek hätte er eine ganze Buchhandlung füllen können.
Wieder einmal wegen nichts und wieder nichts zu ihm gerufen, fand Billroth seinen Patienten Puls und Herz fühlend, die Zunge im Spiegel betrachtend und vor allem aufgeregt in seinen Schmökern blätternd und nachlesend.
»Geben Sie acht, mein lieber«, warnte Billroth, »Sie werden noch an einem Druckfehler sterben!«
In die Ordination des nicht minder angesehenen Chirurgen Eduard Albert kam ein feiner alter Herr, Typus Reiteroffizier. »Herr Professor«, sagte der Patient, »ich möchte Sie wieder konsultieren.«
»Wieder? Ich kann mich gar nicht erinnern, daß wir uns schon einmal . . .«
»Sie haben mich doch an den Hämorrhoiden operiert, Herr Professor!«
»Tatsächlich? Darf ich bitten?« Professor Albert bat den Herrn, sich auf den Behandlungstisch zu legen. Der Arzt beugte sich nun über ihn und fuhr zurück, frohes Wiedererkennen in der Stimme: »Oh, meine Verehrung, Herr Graf!«
Der berühmte Bassist Hans Rokitanski war ein Sohn des weltberühmten Arztes Karl Rokitanski, der zu den Gründern der Wiener Medizinischen Schule zählt. Als Rokitanski jun. an die Hofoper kam, formulierte Josef Hellmesberger, der für seine geschliffenen Pointen berühmte Konzertmeister des Opernorchesters, den Unterschied zwischen Vater und Sohn Rokitanski: »Der eine heilt – der andere heult!«
Der Blasenstein des
Fürsten Liechtenstein
Der Urologe Professor von Ivanchich entfernte einen Blasenstein des Fürsten Liechtenstein. Nach erfolgter Operation sandte Liechtenstein tausend Gulden als Honorar.
Ivanchich öffnete das Kuvert und sagte zum Boten: »Sagen Sie Seiner Durchlaucht: Für einen Stein sind tausend Gulden genug, aber für einen Liechtenstein sind’s zuwenig!«
Keineswegs in die Geschichte der Medizin ging hingegen jener Wiener Modearzt ein, der bei einer Premierenfeier der Burgschauspielerin Adele Sandrock vorgestellt wurde. Er war sehr von sich eingenommen und wußte durch lebhaftes Gestikulieren seinen riesigen Brillantring zur Geltung zu bringen.
»Wo haben Sie den her?« fragte die Schauspielerin.
»Von einer Patientin«, sagte der Modearzt kokett.
»Soso«, brummte die Sandrock. »Also geerbt!«
Wenn Vegetarier ins Gras beißen
Bei einem anderen Festessen mußte die Sandrock erkennen, daß ihr Tischnachbar statt all der Köstlichkeiten, die da serviert wurden, nur große Mengen an Kartoffeln, Salaten, Gemüsen und Obst zu sich nahm. »Schmeckt Ihnen Fleisch nicht?« fragte die Schauspielerin.
»Mir geht es um die Gesundheit und um ein langes Leben«, antwortete der Gesundheitsfanatiker. »Auf diese Weise möchte ich meinen Tod noch etwas hinausschieben.«
»Unbegreiflich«, knurrte Adele und ließ sich ein weiteres Schnitzel servieren, »für euch Vegetarier muß es doch ein Vergnügen sein, ins Gras zu beißen.«
Freud zum Lachen
An einer Auslagenscheibe des Hauses Burggasse Nr. 19 klebt seit Jahren schon ein Bildnis Sigmund Freuds. Und darunter steht: »In diesem Haus habe ich nicht gewohnt. Sondern in der Berggasse 19.« Die Bewohner mußten sich offensichtlich mit dieser Maßnahme dagegen wehren, ständig von Touristen aus aller Herren Länder bestürmt zu werden, weil sich ihre Adresse nur durch einen Buchstaben von der weltberühmten unterscheidet. Als Post skriptum steht noch auf dem Plakat: »Es ist durchaus möglich, daß hier Patienten von mir wohnen.«
Freud hätte wohl darüber gelacht. Hat er sich doch mit dem Thema Humor eingehend befaßt. Er war der Meinung, daß hinter jeder Pointe ein Stück Unbewußtes steckt. Diesem Umstand widmete er das Buch Der Witz, das er mit vielen Beispielen garnierte.
Also erzählt Freud: Das Ehepaar X. lebt auf großem Fuße. Nach der Ansicht der einen soll der Mann viel verdient und sich dabei etwas zurückgelegt haben. Nach der Ansicht der anderen soll sich die Frau etwas zurückgelegt und dabei viel verdient haben.
Oder: Der Arzt geht vom Krankenbett der Frau weg und sagt kopfschüttelnd zu deren Mann: »Ihre Frau gefällt mir nicht.«
»Mir gefällt sie schon lange nicht«, beeilt sich dieser zuzustimmen.
In der Nähe eines Badehauses läßt der Vater der Psychoanalyse zwei Juden zusammentreffen. »Hast du genommen ein Bad?« fragt der eine.
»Wieso?« fragt der andere, »fehlt eins?«
Kein anderer Forscher nahm den Humor so ernst wie Freud: Der Witz, meint er, gibt uns – wie auch Träume und Versprecher – die Möglichkeit, Verbotenes auszusprechen, im Witz finde der Erwachsene »die natürliche Fortsetzung des kindlichen Spiels«.
»Kein Massaker ohne Hacker«
Berühmt war er als Terror- und Aggressionsforscher, seine Freunde behalten Friedrich Hacker aber auch als unglaublich humorvollen Menschen in Erinnerung. Seinem »Wiener Schmäh’« entsprangen viele Freundschaften im Künstlermilieu, darunter mit Curd Jürgens, Oskar Werner, Ernst Haeusserman.
Den »Schmäh«, seine Liebe zum Fußball und zum Wienerlied, hatte er selbst im fernen Kalifornien nicht eingebüßt, wo er eine angesehene psychiatrische Klinik leitete.
In seiner Klinik in Los Angeles erhielt Hacker einen Anruf aus dem Weißen Haus. Am Apparat: Helene van Damm, die persönliche Sekretärin des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan. »Herr Professor«, sagte sie aufgeregt, »Sie müssen dem Präsidenten helfen. Er ist . . . äh, er ist plötzlich verrückt geworden.«
Hacker zeigte sich in dieser Situation, die eine Gefahr für die Nation, ja für die Welt bedeuten konnte, als verantwortungsvoller Arzt und bestieg den nächsten Jet nach Washington. Meldete sich im Weißen Haus bei Helene van Damm. Die sich sehr wunderte: »Ich habe Sie nicht angerufen.«
Des Rätsels Lösung: Der Anruf war mit verstellter Stimme von Dr. Hackers Freund Helmut Qualtinger – der solche Späße liebte – aus Wien gekommen.
Wo immer in der Welt Gewalt und Terror herrschten, wurde Hacker als Berater hingeholt. Zum Überfall im Münchner Olympiadorf ebenso wie nach dem Mord an der Schauspielerin Sharon Tate in Hollywood oder der Geiselnahme in einem Zug bei Marchegg. An die Mauer einer Wiener Stadtbahnstation waren die Worte gepinselt: »Kein Massaker ohne Hacker.«
Bei einem »Jahrhundertmatch« Rapid-Austria im Wiener Stadion verhielt sich der begeisterte »Austrianer« überaus einseitig. Er schimpfte bei Rapidfouls, hielt Austriafouls aber für »korrekt«. Bei so einer Gelegenheit schrie ihn ein »Rapidler« an: »Herr Professa, bei Ihnen is’ ja sogar des Gras lila!«
Seine Wienerliedabende – meist beim Oppolzer in Grinzing – sind unvergessen. Ein deutscher Gast, der Hacker für einen professionellen Heurigensänger hielt, spendierte ihm ein Viertel Wein und sagte: »Mensch, jetzt sing’ Se uns noch det Fiakerlied.«
Professor Barnard stellt seine
»Roß in’ Stall«
Hacker war nicht der einzige bekannte Arzt, der sich für das Wienerlied begeistern konnte. Vom zweiten Interpreten unter den Medizinern hätte man diese Vorliebe wohl noch weniger erwartet: Während eines Wien-Aufenthalts besuchte der südafrikanische Herzchirurg Christian Barnard das Kaffeehaus des legendären Wienerliedsängers Schmid-Hansl in Währing. Kaum hatte der Hausherr die ersten Takte von Stellt’s meine Roß in’ Stall angestimmt, erhob auch der weltberühmte Mediziner die Stimme und und sang die schöne Schnulze samt Nehmt’s mir die Peitschen weg, stellt’s mir’s wo in a Eck, damit ich’s nimmer schnalzen hör’ mit dem Schmid-Hansl im Duett zu Ende. Des Rätsels Lösung: In Professor Barnards Plattensammlung in Kapstadt befindet sich eine LP vom Schmid-Hansl und mit deren Hilfe hatte der Chirurg das Lied wortwörtlich einstudiert.
Die Ärzte sollen deutlicher schreiben«, meinte Roda Roda, als er von einer jungen Dame hörte, die sich nach dreiwöchigem Kuraufenthalt beim Chefarzt bedankte: »Die dreißig Minuten Tanz pro Tag haben mich vom Ischias völlig geheilt.«
»Tanz?« fragte der Arzt erstaunt. »Ich habe Ihnen doch Fango verschrieben.«
»Na sowas! Und ich hatte Tango gelesen.«