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Louise von Belgien und Prinz Philipp von Coburg heirateten am 4. Februar 1875 in Brüssel und führten zunächst eine nach außen hin glückliche Ehe, der zwei Kinder entsprangen. Dass der um 14 Jahre ältere Prinz zahlreiche Affären hatte, galt als »normal«, doch als bekannt wurde, dass auch Louise ein allzu freizügiges Leben führte, war bei Hof der Teufel los.

Bei einer Fiakerfahrt in der Prater-Hauptallee

Anfangs stand die Prinzessin, die von Zeitgenossen als »mondänste Frau des Wiener Hofes« beschrieben wurde, ihrem Schwager, Kronprinz Rudolf, auffallend nahe. Sie selbst schildert ihre Zuneigung dem Kaisersohn gegenüber in ihren Memoiren mit den ziemlich eindeutigen Worten, er sei »mehr als schön, verführerisch, mittelgroß und sehr proportioniert« gewesen. »Man dachte bei ihm an ein Vollblutpferd; denn von ihm hatte er auch das Wesentliche …« Dann hatte sie Verhältnisse mit zwei Adjutanten ihres Mannes, ehe sie bei einer Fiakerfahrt in der Hauptallee des Wiener Praters den Ulanenoberleutnant Géza von Mattachich kennenlernte und sich in ihn verliebte. Mit dieser Begegnung beginnt das Drama im Haus Coburg.

Heinrich Kunreuther, der in Gotha amtierende Rechtsanwalt des Prinzen Philipp, beschreibt in der mir zugespielten »Ehescheidungsklage«1 den Rosenkrieg bei Coburgs: Im Mai 1895 traf Louise den k. u. k. Oberleutnant Géza von Mattachich, der ihr »von heißer Liebe durchglüht« bald nach Abbazia folgte, wo er schließlich »das Ziel seiner Liebeswünsche erreichte«.

Géza von Mattachich, k. u. k. Oberleutnant, 1867–1923

Die verheiratete Prinzessin und der Offizier wurden ein Paar, das – auf Kosten von Louises Ehemann – ständig auf Reisen war und, ausgestattet mit Reitpferden und Dienerschaft, auf großem Fuß lebte. Um an ihrer Seite »unverdächtig« auftreten zu können, wurde Herr Mattachich als Stallmeister der Prinzessin Louise angestellt. Prinz Coburg überwies seiner Frau im Lauf der Jahre mehr als 1 Million Kronen2, und das, obwohl er laut seinem Anwalt wusste, »dass Herr von Mattachich in steter Gesellschaft seiner Gemahlin sich befinde«.

Duell Ehemann gegen Liebhaber

Als die Beziehung seiner Frau zu Mattachich drei Jahre andauerte, forderte der Prinz seinen Nebenbuhler – wie es die Standesehre verlangte – zum Duell heraus. Dabei wurde die Sehne von Coburgs rechter Hand durchtrennt, sodass der Prinz den Ort des Geschehens kampfunfähig verlassen musste. Am Verhältnis der Prinzessin zu ihrem Oberleutnant änderte der blutige Zweikampf nichts. »An der Seite des Herrn Mattachich trieb die Prinzessin weiterhin sinnlosen Aufwand«, steht in der Scheidungsklage. »Sie legte jede Scham ab und stürzte sich in einen Strudel der Leidenschaft, in welchen keine verheiratete Frau und am wenigsten die durchlauchtigste Frau Prinzessin sich begeben durfte«.


In den ersten zwanzig Jahren ihrer Ehe lebten Prinz Philipp und seine Frau Louise gemeinsam im feudalen Palais Coburg in der Wiener Innenstadt.

Während der auf den äußeren Schein seiner Familie überaus Bedacht nehmende Kaiser Franz Joseph die lebenslustige Schwester der Kronprinzessin vom Wiener Hof verbannte, versuchte Louises Mann, Prinz Coburg, durch seine Anwälte immer wieder, »die Prinzessin entweder zur Rückkehr oder zu einvernehmlicher Scheidung zu bewegen«.

Beides scheiterte lange Zeit schon daran, dass Louise ständig ihren Aufenthaltsort wechselte. Wo sie weilte, wurde immer erst bekannt, wenn sie und ihr Galan unter Zurücklassung hoher Schulden das jeweilige Logis verließen.

Ein Kriminalfall in allerhöchsten Kreisen

Konnte man die auch von den Medien mit großem Interesse verfolgten Reisen des Liebepaares bisher als pikante Exzesse abtun, so wurde die Angelegenheit im Jahr 1898 zu einem Kriminalfall, wie es ihn in allerhöchsten Kreisen nie zuvor gegeben hatte: Als sich Prinz Coburg weigerte, für die weiteren Schulden seiner Frau aufzukommen, meldeten die Wiener Kaufleute Markus Spitzer und Friedrich Reicher, dass sie über mehrere Wechsel in der Höhe von insgesamt 1,4 Millionen Kronen verfügten, die zur Auszahlung fällig wären. Die Wechsel trugen die Unterschrift der Kronprinzessin Stephanie.

Der Fall wurde – vorerst gegen unbekannte Täter – zur Anzeige gebracht, worauf etwas geschah, das für ein Mitglied des Kaiserhauses bis dahin vollkommen ausgeschlossen war: Die Schwiegertochter des Kaisers wurde von der Polizei als Zeugin einvernommen! Stephanie bekundete laut den mir vorliegenden Dokumenten, »niemals irgendwelche Wechsel unterfertigt zu haben. Ihre Unterschriften seien gefälscht. Letzteres ergab auch ein HandschriftenVergleich.«

»… ob dieses Gehaben ein normales sei«

Rechtsanwalt Kunreuther fasst in seiner Ehescheidungsklage zusammen: »Die gesamte Lebensführung der Frau Prinzessin ließ immer mehr die Besorgnis reifen, ob dieses Gehaben ein normales sei. Die Frau Prinzessin hatte alle Rücksichten, welche ihr als Tochter Seiner Majestät des Königs der Belgier, als einer verheirateten Frau und speziell als Gemahlin des Prinzen von Coburg und somit des Mitglieds einer landesherrlichen Familie, als der Mutter zweier erwachsener Kinder, obgelegen waren, beiseite gelassen und einen geradezu europäischen Skandal hervorgerufen. Sie hatte Schulden auf Schulden gehäuft, lebte unstet, exzentrisch, zog von Ort zu Ort, begab sich schließlich mit ihrem ›Stallmeister‹, welcher sich ohne jede Berechtigung als Kammervorsteher, als Graf, als Exzellenz gerierte, auf das vereinsamte kroatische Schloss des Stiefvaters des Herrn Mattachich, vernachlässigte die eigne Person und war irgendwelcher vernünftiger Behandlung vollkommen unzugänglich.«


Als die Schwestern noch ein Herz und eine Seele waren: Prinzessin Louise und Kronprinzessin Stephanie

Der Liebhaber muss ins Gefängnis

Nun aber kamen als Krönung des Skandals die gefälschten Wechsel hinzu. Louises Geliebter, Géza von Mattachich, wurde als Hauptverdächtiger festgenommen und von Gericht wegen Betrugs und Wechselfälschung zu fünf Jahren schweren Kerkers verurteilt, die er in der niederösterreichischen Strafanstalt Möllersdorf verbüßte. Außerdem wurde ihm die Führung des Adelsprädikats aberkannt. Prinzessin Louise, die sich kurz in Untersuchungshaft befand, aber bald wieder freigelassen wurde, brachte man indes auf persönliche Anordnung Kaiser Franz Josephs »zur Beobachtung ihres Geisteszustandes« in eine geschlossene Anstalt für psychisch Kranke. Eigentlich hätte man auch sie anklagen können, da einige der gefälschten Unterschriften der Kronprinzessin Stephanie nachweislich aus ihrer Hand stammten. Doch eine Angehörige des Kaiserhauses vor Gericht oder gar für längere Zeit im Gefängnis war undenkbar!

Louise wird in ein Privatsanatorium eingeliefert

Und die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Als »die Erregungszustände der Frau Prinzessin« laut Diagnose mehrerer Fachärzte – darunter der prominente Psychiater Julius Wagner von Jauregg – »allmählich nachließen«, wurde Louise aus der geschlossenen Anstalt in das Privatsanatorium Oberdöbling verlegt, aus dem sie am 31. August 1904 flüchtete.

Karl Kraus nahm Louises in den Medien breit geschilderte Flucht zum Anlass, die Prinzessin von Coburg in seiner Zeitschrift Die Fackel in gewohnter Schärfe als »einen Geist von seltener Frische und Festigkeit« zu bezeichnen. »Diese Mimikerin sechsjährigen Schwachsinns, die heute jedem Argument ihrer schändlichen Peiniger gewachsen ist, würde … ein viel glaubhafteres Gutachten über den Geisteszustand ihrer Ärzte liefern, als es umgekehrt der Fall war.«

Prinz Philipp reicht die Scheidung ein

Kaum aus dem Privatsanatorium geflohen, traf Louise wieder ihren inzwischen aus der Haft entlassenen Liebhaber Géza Mattachich, um mit ihm einmal mehr auf Reisen zu gehen, diesmal nach Berlin und Paris. Die Flucht, hielt Rechtsanwalt Kunreuther fest, zeige, »dass die Prinzessin wieder vollständig in den Bann des Herrn Mattachich geraten ist«.

Die ehelichen Pflichten verweigert

Nun riss dem gehörnten Prinzen Philipp von Coburg endgültig die Geduld. Als am 24. Juni 1905 vom k. u. k. Obersthofmarschallamt die Entmündigung seiner Gemahlin aufgehoben wurde, sah er keinen Grund mehr, weiterhin seine schützende Hand über sie zu halten, und reichte die Scheidung ein. Mit der Begründung, Louise hätte den Prinzen »böslich3 verlassen, hat die Lebensgemeinschaft mit dem Gatten unter keinen Umständen wieder aufzunehmen entschieden erklärt, hat diesen seit Jahren in der gröblichsten Weise schwer gekränkt, ihm die Leistung der ehelichen Pflicht beharrlich verweigert und die Ehe mit Herrn Mattachich gebrochen. Und indem sie vor aller Welt in Aufsehen erregender Weise mit Herrn Géza Mattachich in Verbindung bleibt und dem Ansehen und Wohle des Prinzen und seiner Familie tiefe, niemals vernarbende Wunden geschlagen hat, hat sie eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses durch ihr Verhalten verschuldet, dass die Fortsetzung der Ehe dem Prinzen nicht zugemutet werden kann.«

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