Читать книгу Ein stilles Dorf in Kent - Gerda M. Neumann - Страница 15
Kapitel 7
ОглавлениеAls Olivia sich am nächsten Vormittag auf den Weg zu Susan machte, begleitete Marmalade sie, beiläufig, aber konsequent. Während Olivia vor der Haustür stehenblieb, ging sie an ihr vorbei ins Beet und blieb an der Hausecke stehen. Die zwei tauschten einen Verschwö-rerblick, bevor die Tür aufflog. Im Rahmen stand eine Schwarze, den Kopf voll unzähliger kleiner Zöpfe und einem Strahlen in den Augen.
»Guten Morgen – Susan ist nicht da?«
»Gerade nicht. Sie ist aber nur zum Bäcker gegangen. Möchten Sie nicht hereinkommen und auf sie warten?« Als Olivia scheinbar zögerte, trat die Frau mit einer einladenden Armbewegung ins Innere des Hauses beiseite. »Kommen Sie ruhig. Es wird sicher nicht lange dauern.« Zufrieden schloss sie hinter Olivia die Tür und führte sie ins Wohnzimmer. »Ich freue mich, dass Sie nach der jungen Frau fragen. Sie ist wirklich ganz allein.«
»Und Sie? Sie sind auch hier.«
Ein dunkles, fröhliches Lachen schien den ganzen Raum zu füllen. »Ich bin die Putzfrau, keine Gesellschaft. Ich habe schon Mrs Large das Haus gepflegt, es ist ein sehr schönes Haus.«
Chippendale-Möbel standen auf dicken Perserteppichen mit blau und weiß als Grundfarbe, über dem Kamin hing ein großer Stich von den Türmen von London, denen von Christopher Wren. Olivias Blick flog darüber hin und kehrte zu der Frau zurück, sie war normal groß, vollschlank und sah sie mit ihrem Lächeln in den Augen an. »Sie klingen, als würden Sie sich der Familie verbunden fühlen…«
»Natürlich. Die kleinen Sorgen des Alltags verbinden einen über die Jahre miteinander.«
»Ahnten Sie, dass Mrs Large sterben würde, bevor Susan aus Indien zurückkam?« Olivia war von ihrer Frage überrascht, noch mehr aber von der Antwort.
»Die letzten Tage vor ihrem Tod teilte es sich mir mit!« Als Olivias Augen wartend an den ihren hängen blieben, ergänzte sie schließlich zögernd: »Ich träumte von einer Eule. In der ersten Nacht hörte ich sie rufen, als ich aufwachte. Ich höre sie manchmal in der Nacht. Aber deswegen träume ich noch nicht von ihnen. Nur in den Tagen vor Mrs Larges Tod. Ganz regelmäßig.«
»Sie brachten Ihre Träume mit dem Tod zusammen? War das davor auch schon so?«
Die dunklen Augen, die in die von Olivia sahen, lächelten nicht mehr, ihr Gegenüber schien die unterdrückte Aufregung zu spüren. Sie sah sie verständnisvoll an: »Ich träume immer wieder mal vorausschauend, aber ich bin sehr vorsichtig. In jenen Tagen spürte ich, dass irgendetwas Mrs Large beunruhigte. Wäre ihre Nichte in England gewesen, hätte ich sie benachrichtigt, aber Indien ist zu weit weg.«
»Wie oft kamen Sie?«
»Montags und mittwochs für eine halbe Stunde oder so, ich putzte die Bäder, wenn nötig räumte ich die Küche auf, freitags war Putztag und ist es immer noch, und ich brachte Mrs Large jeden Morgen frisches Brot und Milch. Entschuldigen Sie…« sie eilte zur Haustür.
»Sira… Viola… das ist ja schön! Dann frühstücken wir jetzt alle zusammen!«
Schnell war ein weiteres Gedeck auf den Küchentisch gestellt und Sira schenkte dampfenden Tee ein. »Schaut mal«, Susan stand am Küchenfenster und trocknete sich die Hände ab, »die Katze schaut mich an, als hätte sie etwas Wichtiges zu sagen.« Draußen saß Marmalade und regte sich nicht, auch nicht, als drei Augenpaare durchs Fenster zu ihr hinübersahen.
»Die Katze von Mr Fisher.« Siras Augen streiften Olivia: »Sie weiß etwas, dass uns interessieren würde, da bin ich mir sicher. Vielleicht lernen Sie im Laufe der Zeit, sie zu verstehen.«