Читать книгу Wie der Fünfzehnjährige den Krieg überlebte und einer Hoffnung erlag - Gerhard Ebert - Страница 13

11. Gründung einer Partei

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Schlimmes Einerlei des Daseins! Uwe empfand sich als so ausgeliefert! Alles geschah mit ihm. Wie dagegen angehen? Konnte man das überhaupt? Leider war er offenbar von Natur scheu und vorsichtig. Er versuchte stets, mit höflicher Zurückhaltung Eindruck zu machen und damit Erfolg zu erzielen. Aber höchstwahrscheinlich war das weltfremd. Denn die Welt, schwante ihm, war viel grausamer eingerichtet, als zu wünschen war.

Im Moment, das wusste er ziemlich genau, gab es für ihn nur eine Devise: Konzentration auf die Schule! Die Schule war sozusagen das Nadelöhr, durch das er erst einmal hindurch musste. Und er durfte sich nicht ablenken, gar ablenken lassen; schon gar nicht immerzu an ein einziges Mädchen denken, obendrein an eins, das für ihn ganz offenbar unerreichbar war.

Trostlos eigentlich das alles! Obwohl, so ganz und gar vielleicht doch nicht. Immerhin war Uwe gelungen, sich eine kleine Abwechslung zu verschaffen. Er war auf die Idee gekommen, für die sogenannte Kreisseite der Provinzzeitung kleine Artikel zu schreiben. Auf der alten Büroschreibmaschine, die ihm seine Tante Else geschenkt hatte, machte er Belanglosigkeiten des Alltags zu Nachrichten. Der zuständige Redakteur, ein junger ehrgeiziger Mann, der im Krieg ein Bein verloren hatte und nun an seiner Karriere baute, war froh, einen offenbar ebenfalls ehrgeizigen jungen Burschen gefunden zu haben, der ihm ein wenig zuarbeitete, ja sich sogar erkühnte, hin und wieder über das neue Stadttheater und dessen Ensemble zu schreiben, zum Beispiel wer da neu engagiert war oder wer die Stadt verließ. Einigen Ärger freilich hatte ein Interview eingebracht, das er mit dem Chef des städtischen Elektrizitätswerkes gemacht und in dem er von einer Sperrzeit auch mittags geschrieben hatte, obwohl im Gespräch nur von abends und vormittags die Rede gewesen war. Uwe konnte sich den Lapsus nicht erklären, und es hatte sowohl in der Redaktion als auch im E-Werk zornige und aufgeregte Anrufe gegeben.

Die gelegentliche journalistische Aktivität hatte Uwe selbstbewusster gemacht und dazu geführt, dass er auch an eine Berliner Jugend-Zeitung Leserbriefe schrieb, und zwar an die Zeitschrift „Start“. Das war ein Blatt, das, wie schon der Name sagte, der jungen Generation den Start ins Leben, insbesondere in die sich wandelnde Gesellschaft erleichtern wollte. Uwe bewegte damals sehr, was die Menschen tun könnten, um neue verheerende Kriege zu verhindern. Dabei gab es einen Punkt, der ihn besonders berührte.

Wieso hatte sein Cousin Gottfried in den Krieg und prompt in den Tod ziehen müssen? Gut, er war zwei Jahre älter als Uwe gewesen, insofern also sozusagen an der Reihe. Aber war das wirklich nur eine Frage des Alters? Schließlich hätte es auch Uwe treffen können, nämlich eine Bombe, selbst in der Heimat. Hatte Gott seine Hand im Spiel? Hatte der den Cousin ausgewählt und ihn, den Jüngeren, laufen lassen? Für Kriege waren doch wohl Menschen verantwortlich. Wahrscheinlich wirklich insbesondere die Rüstungsfabrikanten, beispielsweise auch die deutschen, wie jetzt überall behauptet wurde.

Offenbar hatte Uwe in seinem Leserbrief so anregend „philosophiert“, dass ein junger Mann reagierte. Lothar B., wohnhaft in der "Heimat" in Berlin-Zehlendorf, fand Uwes Gedanken sogar so bedenkenswert, dass er ihn einlud, ihn doch einmal zu besuchen. Bei ihm, Lothar, träfen sich regelmäßig junge Leute, um über Lebensprobleme dieser Welt zu debattieren, und da würden sie sich gern einmal anhören, was Uwe so denke.

Solch unvermuteter Zuspruch von unbekannter, ferner Seite ehrte Uwe natürlich sehr. Abgesehen davon, dass ein Besuch in Berlin ohnehin sehr reizvoll zu werden versprach. Allerdings waren die Zeiten für solch abenteuerliche Unternehmung noch immer nicht die günstigsten. Die Züge, erzählte man sich, waren meist überfüllt, und das von verhungerten, abgerissenen Leuten, die es im Krieg sonst wohin verschlagen hatte und die nun versuchten, wieder in ihre Heimat zu gelangen.

Überdies hatten die Glauchauer lange genug unmittelbar erlebt, wie die Grenzlinie zwischen dem Teil Deutschlands, der von den Amerikanern, und dem, der von den Russen besetzt worden war, zum unüberwindbaren Hindernis werden konnte. Wochenlang war die Zwickauer Mulde, die durch Glauchau fließt, eine total geschlossene Grenze gewesen. Uwes Onkel Max, der westseits wohnte, also bei den Amerikanern, war einfach nicht zu erreichen. Wobei sich Uwe zugab, dass er nie wirklich versucht hatte, den Onkel zu besuchen. Die Sache war ihm einfach zu gefährlich gewesen. Was hätte werden sollen, wenn er zwar rübergekommen, aber nicht zurückgelassen worden wäre! Nachdem dann die Russen auch Thüringen besetzt hatten, war das Problem zwar aus der Welt, aber es war, wie sich alsbald zeigte, nur rund zweihundert Kilometer westwärts verlagert worden.

Was Berlin betrifft, so war da keine Grenze zwischen, also durchaus mit der Bahn hinzukommen. Die Züge aus Leipzig endeten im Lehrter Bahnhof. Von da war, wie Lothar schrieb, Zehlendorf ohne Mühe mit der S-Bahn zu erreichen. Wegen der Unterbringung sollte er sich keine Sorgen machen, denn das könnte im Hause der Eltern von Lothar ohne weiteres geschehen. Und was die Verpflegung betraf, so sei das in Westberlin zwar kompliziert wie überall, aber hungern müsste Uwe gewiss nicht.

So brach Uwe denn eines Tages auf. Seine Eltern ließen ihn ziehen, obwohl er noch nicht volljährig war. Er hatte ihnen das nicht besonders bewusst gemacht. Es war ihm selbst wohl nicht so ganz als Problem helle. Schließlich war Frieden in Deutschland, also durften grundsätzlich nur gute Dinge geschehen. Uwe nutzte ein paar Ferientage und fuhr unbeschwert los, neugierig auf alles, was zu sehen und zu erleben sein würde.

Der Zug zuckelte und zuckelte dahin. In Leipzig waren die Gleise und die Bahnsteige notdürftig funktionsfähig gemacht, ansonsten ringsum Trümmer und Tristheit. Ungewollt musste Uwe an seine Reise mit Opa nach Bremen denken. Welch Trubel damals auf diesem Großstadt-Bahnhof! Bunte Reklame überall, jetzt rundum unübersehbar nur Spuren des verheerenden Krieges. Zerborstene Eisenträger zeugten von ehemaliger Pracht, kein Dach mehr über dem Kopf. Alles kaputt. Allein dieser Bahnhof war Anlass genug, über Sinn und Unsinn eines Krieges nachzudenken.

Schier endlos dann die Fahrt nach Berlin. Und der Lehrter Bahnhof! Auch eigentlich nur noch ein Trümmerhaufen, aber beräumt immerhin inzwischen für Züge und Passagiere. Und neue Probleme! Neben Uwe mokierte sich ein vornehmer Herr darüber, dass auch Rotarmisten aus dem Zug ausstiegen. Die hätten hier nichts zu suchen, sagte er. Was Uwe bewusst machte, dass er, aus der „Ostzone“ kommend, im amerikanischen Sektor angelangt war. Sein grauer, extra neu gepresster Filzhut, den er Lothar als Erkennungszeichen angegeben hatte, war offenbar selbst hier unübersehbar. Jedenfalls sprach Uwe alsbald ein ansehnlicher junger Mann an, der sich als Lothar B. zu erkennen gab. Damit war gesichert, dass Uwe in der fremden großen Stadt nicht verloren gehen würde. Sie stiegen hinauf zum S-Bahn-Steig und nahmen einen Zug in Richtung Zehlendorf.

Dort angekommen fiel Uwe sofort auf, wie schön sauber die Straßen waren und so gut erhalten, als habe es keinen Krieg gegeben. Ziemlich schmuck die Häuser, an denen sie entlang gingen. Das kleine Haus, in dem Lothar bei seinen Eltern wohnte, hatte den Krieg gut überstanden. Uwe wurde freundlich aufgenommen und bekam erst einmal ein Essen vorgesetzt: Pellkartoffeln mit Quark. Danach zeigte ihm Lothar das Zimmerchen, in dem er schlafen konnte. Alles bestens!

Großes Hallo dann beim ersten Treff mit Lothars Gruppe. Da kamen Siegfried M., ein älterer Freund von ihm, und Christa S., seine junge Freundin. Das war es denn auch schon. Was Uwe durchaus ein bisschen irritierte. Unter "Gruppe" hatte er schon paar mehr Leute verstanden. Nun gut! Irgendwoher hatten die drei zur Begrüßung ein, zwei Flaschen Wein aufgetrieben. Als Besäufnis war die Zusammenkunft zwar nicht gedacht, aber der Wein löste die Zungen, und es entspann sich alsbald eine rege Unterhaltung. Uwe sollte ihnen aus der "Zone" berichten, sie erzählten von der in Sektoren aufgeteilten Stadt Berlin.

Schnell waren sie sich einig: Besatzung ist Scheiße! Niemand wagte zu prophezeien, wie lange die wohl noch anhalten würde. Und die Deutschen? Ein elendes Volk! Den Hitler, darin waren sie sich ebenfalls schnell einig, hätten sich die Deutschen nicht aufschwätzen lassen sollen. Doch nun wo hinaus? Uwes neue Freunde erklärten vor allem eine geistige Reinigung und Erneuerung für das Wichtigste. Zur Mitternacht war sonnenklar: Nur Ehrlichkeit, absolute Ehrlichkeit konnte die Deutschen retten und auch wieder voranbringen.

Vom Wein mobilisiert erwogen die jungen Leute, eine entsprechende "Wahrheits"-Partei zu gründen. Über das wie, befanden sie betütert, wollten sie erst am nächsten Tag nachdenken. Auf Anhieb, so meinten sie zufrieden, hätten sie eine Menge bewegt. Es kam jetzt wirklich nur noch darauf an, die richtigen Schritte zu tun, um die Partei in ganz Deutschland publik zu machen. Da ihr Gründungs-Grundsatz mehr als einleuchtend war, rechneten sie optimistisch mit einer baldigen landesweiten Ausbreitung. In ausgesprochener Hochstimmung verabschiedeten sie sich um Mitternacht voneinander. Uwe ging in sein Kämmerlein und träumte, noch lange hellwach, von großen Zeiten, die da kommen würden.

Am nächsten Morgen während des Frühstücks eröffnete Lothar dem Uwe, dass er für den Abend Eintrittskarten für das Hebbel-Theater habe, wo man Sartres "Fliegen" gebe mit der prominenten Joana Maria Gorvin. Lothar wusste von Uwes Interesse für Theater, es war wirklich ausgesprochen lieb von ihm, so für ihn zu sorgen. Uwe bedankte sich denn auch artig für diesen Einfall. Im Verlaufe des Tages, den sie mit einem Spaziergang zwischen den Villen Zehlendorfs ausfüllten, sah sich Uwe von seinem neuen, noch immer eigentlich fremden Freund immer wieder in Debatten zum Theater verwickelt, denen er nicht gewachsen war, weil er einfach nicht kannte, worüber Lothar sprach. Sartre und Existentialismus! War das auf einmal wichtiger als all das, was sie gestern erörtert und eigentlich sogar irgendwie beschlossen hatten?

Uwe hatte gedacht, sie würden zumindest am Vormittag über weitere Schritte ernsthaft sprechen. Nichts dergleichen. Er war enttäuscht, wollte aber auch nicht unhöflich sein. So hörte er geduldig dem zu, was Lothar über Sartre und dessen Philosophie zu erzählen wusste, ohne dass er auch nur das Geringste begriff. Abgesehen davon, dass er immer wieder abgelenkt war, weil seine Aufmerksamkeit erregte, wie viel Wohlstand in diesem Teil der Stadt das Inferno des Krieges heil überlebt hatte.

Wegen der noch immer unsicheren Verkehrsverhältnisse war es angezeigt, schon zeitig loszufahren, um rechtzeitig zur Vorstellung am Ort zu sein. Je weiter man in den Osten kam, desto größer schienen die Zerstörungen. Bahnhof Friedrichstraße lag inmitten eines riesigen Trümmerfeldes. Sie mussten umsteigen, nach unten in den Keller zu einer anderen Linie.

Wohltuend dann geradezu, dass das Hebbel-Theater unversehrt schien. Leider hatten sie Plätze so gut wie in der letzten Reihe. Natürlich war Uwe klar, dass selbst dafür Geld ausgegeben werden musste. Er wollte zahlen, aber Lothar bestand darauf, die Karte zu schenken. Nun war das jetzt auch nicht das Problem, sondern dass Uwe der Problematik des Stückes nicht gewachsen war. Vielleicht saßen sie zu weit weg. Mag sein. Aber wohl eher lag es daran, dass er aus tiefster Provinz angereist war. Jedenfalls entdeckte Uwe seine zwar simplen, dennoch aber ohne Zweifel vorhandenen und höchst aktuellen existentiellen Lebensprobleme in diesem Sartre überhaupt nicht, so dass er einfach keinen Zugang fand.

Was ihm immerhin auffiel war, dass die Gorvin exzellent prononciert sprach, eigentlich so außerordentlich schön, dass man geneigt war, mehr auf diese absolute Schönheit der Sprache zu achten und weniger auf das, was mit ihr gesagt werden sollte. Uwe hütete sich, Lothar seinen Eindruck mitzuteilen. Vielmehr gab er sich nach der Vorstellung alle Mühe, so zu tun, als hätte er alles verstanden. Das gelang ihm insofern recht gut, als eine Verständigung während einer S-Bahn-Fahrt ohnehin kaum glatt verlaufen kann, zumal wenn man dauernd gestört wird. Ab Friedrichstraße mischte sich nämlich ein angetrunkener Berliner beharrlich ein und versuchte, sein Thema an den Mann zu bringen. Zum Glück reagierte Lothar sanft, also hörten sie sich ein Lamento über eine schlampige Ehefrau an. Als sie den Betrunkenen endlich los wurden, war ihnen das Reden vergangen. Ziemlich wortkarg, wohl nun auch müde, trafen sie wieder in Lothars Elternhaus ein.

Am nächsten Vormittag hatten sie noch einmal eine Beratung machen wollen. Aber Siegfried erschien überhaupt nicht, und Christa kam nur vorbei, um wenigstens auf Wiedersehen zu sagen, denn am Nachmittag musste Uwe zurück nach Sachsen. Was den drei Westberlinern so schien, als würde er direkt nach Sibirien verschwinden. Sie redeten bei dem kurzen Treff über alles Mögliche, aber mit der Gründung einer Partei hatten sie es offenbar nicht so eilig. Eigentlich, fand Uwe plötzlich, ging es ihnen verdammt gut. Sie hatten vor zu studieren, welcher Absicht nichts im Wege zu stehen schien, so dass die Gründung einer Partei für sie ohnehin nicht das vordringlichste Problem war.

Bei ihm, Uwe, war die Lage anders. Welchen Weg in die Zukunft er einschlagen sollte, war noch völlig ungewiss. Eine Lehre als Schriftsetzer war angedacht, mehr aber nicht. Und gestern hatte es fast so ausgesehen, als würde eine politische Laufbahn in einer Partei auf ihn zukommen. Und dies gar in einer selbst gegründeten! Doch wenn er es jetzt recht bedachte, hatten die vier in der vergangenen Nacht nicht mehr als eine echte Schnapsidee geboren. Was den hellen Berlinern längst klar war, nur Spinner Uwe aus der Provinz träumte noch davon. Auf der Fahrt von Zehlendorf zum Ostbahnhof wachte er endlich auf.

Lothar und Siegfried hatten es sich nicht nehmen lassen, ihn zum Zug zu bringen. Auf der langen S-Bahn-Fahrt dahin trafen die beiden einen Bekannten, dem sie Uwe vorstellten und dem sie über ihn erzählten. Darüber, dass er in den Osten zurück wolle. Dabei nahmen sie es, stellte Uwe überrascht fest, mit der Wahrheit nicht recht ernst. Sollte er protestieren? Konnte das gut gehen, wenn die Gründer einer "Ehrlichkeits-Partei“ so mit den Tatsachen umgingen? Uwe schüttelte innerlich den Kopf und begriff, dass die Welt verloren war. Zumindest war deren Rettung von Lothar und Siegfried nicht zu erwarten. Die Enttäuschung war groß und der Abschied kurz und kühl.

Für die Heimfahrt hatte Uwe eine Verbindung über Dresden gewählt. Der Zug war mehr als voll. In den Gängen hockten undefinierbare Gestalten. In seinem Abteil schienen ein, zwei alte Männer einigermaßen vertrauenswürdig. Sie redeten über Gott und die Welt. Als es schon dunkelte, nahm das Gespräch auf einmal eine für Uwe dramatische Wende. Ein junger Mann im Abteil, den Arm in einer Binde, also wohl ein Verwundeter, der dem Krieg gerade noch entkommen war, behauptete plötzlich, in Dresden auf dem Hauptbahnhof, wo Uwe ja umsteigen musste, würden die Russen vor allem nachts kontrollieren und junge gesunde Männer herausfischen, um sie in den Uran-Bergbau zu transportieren.

So ungeheuerlich das klang, aber es konnte stimmen. Uwe wurde heiß und kalt. Auf einmal waren ihm alle Mitreisenden vertrauenswürdig. Er sprach von seinem Reiseziel. Allen schien es sehr risikovoll, als junger Mann nachts in Dresden umzusteigen. Einer der alten Herren riet Uwe, in Riesa den D-Zug zu verlassen und von da mit dem Bummelzug in Richtung Chemnitz zu fahren. Das konnte zwar bedeuten, dass er über die Nacht irgendwo in der Provinz auf einem kalten Bahnhof hocken würde, weil kein Anschluss mehr war, hieß aber, Dresden gemieden zu haben. Jemand kramte einen Fahrplan hervor, und tatsächlich, wenn alles klappte, konnte Uwe in der Nacht ab Riesa sogar bis Chemnitz kommen. Längerer, vielleicht auch ungewisser Aufenthalt würde in Döbeln sein.

Uwe wagte das Risiko und stieg in Riesa aus. Tatsächlich, der Anschluss nach Döbeln klappte, aber dort war Schluss. Kein Zug, Bus schon gar nicht. Die Nacht war kalt, doch niemand kam, um Uwe irgendwie zu kontrollieren. Früh am Morgen fuhr ein Zug nach Chemnitz. Nun war es nicht mehr weit nach Hause. Als er endlich in dem Zug saß, der ihn nach Glauchau befördern würde, atmete er auf, todmüde zwar, aber froh darüber, nicht abtransportiert worden zu sein.

Kaum jedoch war der Zug auf der Strecke, wich die gute Stimmung der Überzeugung, dass die Reise eigentlich so gut wie nichts gebracht hatte. Aber er tröstete sich. Immerhin war er in Berlin gewesen! Und schließlich und endlich: Die Erlebnisse mit Lothar ließen es ratsam erscheinen, der Politik künftig noch vorsichtiger zu begegnen! Wahrheit und Politik, das ahnte er dunkel, waren wohl nie zusammen zu bringen. Andererseits musste es Menschen geben, die sich für Wahrheit und Ehrlichkeit engagierten. Doch musste das unbedingt Uwe sein? Als er in Glauchau ankam, hatte er noch keine befriedigende Antwort gefunden.

Wie der Fünfzehnjährige den Krieg überlebte und einer Hoffnung erlag

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