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ОглавлениеWalter Doering, Leiter Technik, Forschung und Entwicklung sowie Konstruktion war ein Fuchs in der Branche. Jens traf ihn wie verabredet in seinem Büro. Neben Doerings Schreibtisch und einer Sitzgruppe gab es noch einen Planungstisch. Auf dem lagen Stapel von Zeichnungen und Ordnern. In einer Ecke des Raumes entdeckte Jens einen Safe älteren Datums neben einem Aktenregal. Doering trug ein blau gestreiftes Hemd. Der obere Knopf war geöffnet. Eine Krawatte trug er dazu nicht. Er erhob sich nur halb von seinem Stuhl hinter dem Schreibtisch, streckte ihm seine Hand locker entgegen und begrüßte Jens:
„Tolle Zeiten kommen auf uns zu. Widmen wir uns der Zukunft!“
„Wer etwas Neues schaffen will, muss etwas Altes zurücklassen oder gar zerstören.“
„Das habe ich auch irgendwo gelesen, aber es ist etwas dran an diesem Spruch. Was können wir zusammen tun?“
„Herr Steig hat ja bekannt gegeben, dass wir kundenseitig neben dem medizinischen Bereich den der Chemie- und Pharmaindustrie zu betreuen haben. Wegen des hohen Bestandes an digitalen Geräten hat sich dort ein neuer Schwerpunkt ergeben. Der liegt in der Entsorgung veralteter Geräte. Das ist ein neuer wachsender Markt. Dort wird die Kontrolle der entsorgten Materialien eine immer größere Bedeutung haben. Unsere Geräte können dort einen wichtigen Beitrag leisten.
Sie haben ja bereits im Feldversuch Geräte aus der Null-Serie bei Kunden installiert. Mich würde interessieren, was Sie bis jetzt an Erfahrungen gesammelt haben.“
Doering genoss es, gefragt zu werden. Er legte die Fingerkuppen seiner beiden Hände aufeinander.
„Bevor Sie oder wir uns hier der Idee hingeben, dass wir mit unseren Sensoren und Geräten den Medizinern und deren Patienten helfen, müssen wir Folgendes vergegenwärtigen:
Kliniken sind auch Unternehmen, keine sozialen Einrichtungen. Sie suchen ständig nach Möglichkeiten zur Kostensenkung. Mit unseren Geräten können sie erreichen, dass einige Diagnosen automatisch auf der Basis von Blutanalysen erstellt werden. Das erspart langwierige Laborarbeiten.“
Doering lächelte wissend in sich hinein.
„Die Palette der Analysemöglichkeiten unserer Geräte deckt den Bedarf meiner Zielgruppen breit ab. Die Genauigkeit der benötigten Messungen kann feinstens justiert werden. Besser als bisher. Über die in den Messgeräten integrierte Spektralanalyse werden die einzelnen Substanzen eindeutig identifiziert und in einer übersichtlichen Darstellung ausgegeben. Damit können natürlich automatisch Diagnosen erstellt werden. Die bisherigen Ergebnisse aus den Feldversuchen sind sehr zufriedenstellend und bilden die Voraussetzung für das zukünftige Marketing. Es gibt auf dem Markt nichts Besseres.“
Doerings Hände arbeiteten wie eine Pumpe, indem die Fingerkuppen immer noch zusammen waren und die Handflächen rhythmisch gegeneinander gedrückt wurden. Jens dachte spontan an die Bewegungen von Quallen. Doering blickte immer wieder nach unten. Quasi unter sich. Jens konnte keinen direkten Augenkontakt finden. Doering sah Jens nicht in die Augen. Er berichtete weiter über die Leistungsfähigkeit der Geräte im Feldtest und wies darauf hin, dass hier ein riesiges Marktpotenzial zu erobern sei. Er pumpte weiter Luft mit seinen Händen. Während seiner weiteren Erklärungen wurde Jens über die Lautsprecheranlage angerufen. Es hallte. Lautsprecheranlagen sind kalt, metallen und fühlen sich grau an. Jens fröstelte unter dem unpersönlichen Klang. Er konnte sich daran einfach nicht gewöhnen.
„Herr Jens, bitte zu Herrn Steig, Herr Jens, bitte dringend zu Herrn Steig.“
Lautsprecher haben keine Augen. Jens fühlte sich durch die Lautsprecher beobachtet.