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ОглавлениеAm nächsten Morgen las Jens das Protokoll der letzten Managementsitzung:
„Die aktuellen Entwicklungsergebnisse erlauben und erfordern eine neue Positionierung des Unternehmens. Schwerpunkte in der Anwendung der neuen Produktgeneration werden in der Medizin einerseits und andererseits in der Chemie- und Pharmaindustrie andererseits liegen. Hierbei ist der Bereich der Entsorgung zusätzlich besonders zu berücksichtigen. Hier liegen in der Zukunft Reserven in der Rohstoffbeschaffung. Zu dem Unternehmensbereich Augmented Reality, der computergestützten Erweiterung der Realitätswahrnehmung, wird eine Arbeitsgruppe zusammen gestellt werden. Dieser Bereich wird die Aktivitäten unseres Hauses deutlich erweitern und einen Sprung in das tägliche Geschäft mit Informationen ermöglichen. Dazu ist die Nutzung all unserer innovativen Kapazitäten erforderlich. Zu einem ersten Meeting erfolgt eine separate Einladung.
Alle Unternehmensbereiche sind auf eine qualifizierte und stabile Beschaffung angewiesen, weil mit den neuen Produkten eine deutlichere Abhängigkeit von neuen Rohstoffen, nämlich bestimmten Seltenen Erden entstanden ist. Daher sind die entsprechenden Verträge mit Lieferanten zu ergänzen, um eine Alleinstellung zu sichern.
Wegen der Wichtigkeit zur verstärkten Geheimhaltung ist das Intranet in eine entsprechende höher verschlüsselte Sicherheitsstufe zu bringen.
Kurzfristig sind entsprechende Marketingpläne für die definierten Zielgruppen vorzulegen. Hierbei sind die Kernmerkmale der neuen Produktgeneration hervorzuheben, nämlich die Analyse von Flüssigkeiten in geschlossenen Systemen, wie zum Beispiel Blut in Adern oder Flüssigkeiten in geschlossenen Behältern, also Fässern, Kanistern und vergleichbaren Behältnissen. Diese Aspekte sind in einer Pressemitteilung an die Fachjournalisten herausgegeben worden. Das Geschäft mit Amerika wird persönlich von Herrn Steig abgewickelt.“
Das Telefon klingelte.
„Bitte seien Sie so freundlich und melden sich doch gleich bei Herrn Steig.“
Es war Essig. Der Chef fand keine Zeit zu einer ausführlichen Begrüßung, fragte auch nicht nach dem gestrigen Abend, was er sonst immer zu tun pflegte, sondern kam gleich zu seinem Anliegen.
„Ich habe hier eine Liste von Kunden, die sich in den letzten beiden Tagen über unsere neuen Messgeräte beklagt haben. Insgesamt drei Reklamationen, wenn es überhaupt welche sind. Ich habe da meine begründeten Zweifel. Im Moment sehe ich keine plausible Erklärung für diese Beanstandungen. Es ist mir unverständlich. Unsere Untersuchungsergebnisse im Labor waren hervorragend, sonst hätten wir ja die Geräte nicht ausgeliefert. Die Sache stört meine Pläne gewaltig. Wenn etwas davon ans Ohr von Paul McCartinson kommen sollte, sind wir geliefert.“
Jens warf einen Blick auf Steigs handschriftliche Telefonnotizen.
„Ich möchte, dass Sie sich der Angelegenheit persönlich annehmen. Sie tragen Sorge dafür, dass wir so schnell wie möglich aus dieser Gefahrenzone heraus kommen. Was etwaige technische Details angeht, setzen Sie sich bitte bei irgendwelchen Zweifeln oder Fragen mit den Kollegen Doering und Kuszynski in Verbindung, wenn es nötig sein sollte.“
Steig machte eine Pause. Er sah gealtert aus, besorgt. Leer, als wenn sein Lebenswerk einen Riss bekommen würde. Sein USA-Geschäft - der Durchbruch in die so genannte Neue Welt - könnte nach Lage der Dinge gefährdet werden. Jens fragte nach dem zeitlichen Rahmen für sein Amerikavorhaben:
„Gestern habe ich Ihnen ja schon gesagt, dass noch ein paar formelle Prüfungen und eventuelle Anpassungen an die US-Vorschriften notwendig sind, um den Auftrag zu erhalten. Diese Prüfungen werden in Frankreich bei der Tochtergesellschaft von McCartinson – SudMet Sarl - vorgenommen. Die Geräte sollen zum vereinbarten Termin dort eintreffen. Die Reklamationen könnten diesen Liefertermin beeinträchtigen. Das möchte ich vermeiden.“
Jens unterbrach ihn in einer Atempause:
„Wissen wir, ob und welche Konkurrenz mit anbietet?“
„Da machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe eine sehr gute Beziehung zu McCartinson. Wir haben auf jeden Fall den Vorrang. Dafür kennen wir uns zu gut. Ich nehme an, dass aus Vergleichsgründen noch andere Firmen anbieten werden. Aber da sehe ich keine Probleme. Unsere neue Produktserie ist zurzeit einmalig und damit führend auf dem Markt.“
Steig unterbrach sich selbst und suchte eine Unterlage auf seinem Schreibtisch.
„Also, Jens, Sie kümmern sich um zwei Dinge. Erstens, die Geräte müssen pünktlich nach Frankreich geliefert werden. Und zweitens müssen die Beschwerdekunden beruhigt werden. Da fährt Doering hin. Sie berichten mir, wie sich das entwickelt.“
Er übergab ihm die handgeschriebenen Telefonnotizen mit den Namen der drei Beschwerdeträger. Dazu eine weitere Liste, die die Namen der Chemie- und Pharmaunternehmen enthielt, die Jens betreuen sollte.
„Noch eins, Jens. Die wichtigste Beschwerde kommt vom Sankt-Marienhospital aus Aachen. Sie hat Priorität. Dort fährt Doering zuerst hin. Wir müssen zügig wissen, ob die Reklamationen begründet sind.“
Langsam stieg sorgenvolles Grau in sein Gesicht. Er schaute durch das Fenster auf das Firmengelände, als ob er von dort eine Gefahr erwarten würde. Oder eine Lösung erhoffte. Steig erschien Jens wie ein Nebel seiner selbst. Ein Geist mit Vision und einer unerfüllten Sehnsucht, als gäbe es eine unbekannte Suche.
„Um McCartinson werde ich mich natürlich selbst kümmern, sobald es nötig wird.“, lenkte Steig seine Gedanken wieder in die Zukunft. Er schloss das Gespräch ab:
„Wir werden das schon schaffen.“
Während Jens zur Tür ging, rief er ihm nach.
„Übrigens habe ich Doering in der Angelegenheit heute Morgen schon angerufen. Also dann…“
Die Luft im Vorzimmer zeugte von Essigs Parfüm. Sie schaute Jens mit erhobenem Kopf an und bedankte sich für seine höflichen Wünsche für einen schönen Tag. Sie schien gerade am PC eine Datenbank zu ergänzen. Er schaute im Vorbeigehen auf ihren Mund.