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Kapitel 13 Bedrohung im Nichtigen Reich

Eigentlich hatte er vorgehabt, die Gruppe, der nicht die Flohspinne Tarantilli angehörte, als erste zu informieren. Da man jedoch bei dieser Ansammlung kaum von einer Gruppe als solcher reden konnte, entschied er sich trotz Spinnenbissgefahr, der zweiten Interessensgemeinschaft seine Informationen zukommen zu lassen. Um so positiver überrascht war er, als er nach der Rückkehr von seinem Spionagefeldzug keine Flohspinne mehr sichten konnte.

„16 Uhr 42 Minuten 25 Sekunden, wir haben also noch genau 3 Stunden 17 Minuten und 35 Sekunden Zeit zu rasten!“ Elester, Merlot und Jim schliefen, während Eulalia alle zwei Minuten auf ihre Swatch blickte, um ja nicht die Zeit zu übersehen und sich vorzeitig aufzulösen. Sucky lag zu ihren Füßen. Er liebte seine neue Freundin sehr, da er durch sie für alle Zukunft von Hungersnöten befreit schien. Und da Eulalia es liebte, geliebt zu werden, hatte sie sich mit Sucky arrangiert.

„Autsch!“ Penny Lo kratzte sich am Hals. Kurz darauf begann es sie auch an den Armen heftig zu jucken.

„Was ist denn los?“ Pat richtete sich auf.

„Ha, nichtige Insekten! Warum jucken die denn?“ Eulalia war aufgesprungen und kratzte sich schon prophylaktisch.

„Nun, wir werden ja auch von den Pflanzen und Tieren dieses Waldes satt. Warum sollten Föhe dann nicht von uns satt werden“, bemerkte Pat verschlafen, riss eine nichtige Waldbeere von einem Strauch und frühstückte.

„Ja, juckt wohl wie ein Flohbiss!“ Eulalia sah aus, als hätte sie Seife im Mund.

„Ich bin kein nichtiges Insekt, du olle Trosse!“

„Wie bitte? Was hast du zu mir gesagt?“, fragte Eulalia verunsichert.

„Ich? Nichts“, antwortete Penny Lo.

„Olle Trosse!“

„He, was soll das?!“

„Aber, ich hab wirklich nichts gesagt, Miss Birdwitch!“

„Doofe, doofe, olle Trosse!“

„Ich verbitte mir das! Also DU hast mich die ganze Zeit genervt!“ Wütend, gereizt und überspannt von den für einen amerikanischen Mittelstandsgeist apokalyptischen Erfahrungen der letzten Tage ging Eulalia mit erhobenem Zeigefinger auf Penny Lo zu. „Ich höre doch nicht schon Stimmen! Lass diese Scherze!“

„Miss Birdwitch, ich hab es auch gehört, aber das ist nicht Penny Lo“, mischte sich Pat ein.

„Ihr verwöhntes verzogenes Pack, euch werd ich die Leviten lesen“, ertönte das Stimmchen aufs Neue.

Mit verblüfftem Gesicht kratzte sich Eulalia ratlos und langsam am Kinn.

„Haha, bin ich nicht gut?! Meine Verehrung, die Herrschaften, darf ich mich vorstellen? Ich bin Filbus, der Eulenfloh:

Stets zur Hand,

wie jeder weiß,

tropft aus mir nicht kalter Schweiß?

Wenn ich mich zum Feinde wage,

Um zu spionieren, alle Tage!

Bin der Beste wohl in meinem Fach,

da sagt jeder Feind: Ach, ach!!

Geschwind bring Informationen ich,

doch lass dich dann im Stich!

Denn niemand kann mir ganz vertrauen,

doch dafür Mauern gegen Feinde bauen!

Grüß Euch Gott,

Ihr lieben Leut,

jetzt ist Filbus Flöhe Zeit!

„Ahhh! Ich hasse Flöhe!“ Sucky frühstückte, rülpste jedoch irritiert, da Eulalia fast auf ihm ausgerutscht wäre.

„Olle Tante, du hast keinen guten Geschmack!“, sprach das helle Stimmchen von Eulalias Kinn.

„Wass’n llos?! Ruhe, es ischh noch Middernacht!“ Jim drehte sich auf die andere Seite und schlief sofort wieder ein, während sich Elester kerzengerade aufrichtete. Er klappte seine Metallspitzen aneinander.

„Ich höre eine fremde Stimme!“

„Und ich rieche sie!“ Merlots Nasenlöcher blähten sich. Umständlich schob Elster seine Kapuze aus der Stirn und sah sich um.

„Wer da? Wer ist zu uns gestoßen?“

„Haha, ich war immer wieder mal unter euch, und ihr habt mich nicht bemerkt!“

„Ein Floh! Ein hinterlistiger Floh!“, jappte Eulalia. „Und ich dachte, IHR würdet immer diese gemeinen Sachen sagen, entschuldigt bitte! “ Die einzig normale Erwachsene versuchte, Elester und die anderen anzulächeln.

„Wo bist du, Floh? Gib dich zu erkennen“, murrte Elester übel gelaunt.

„Wer kann schon einen Floh erkennen? Bin einmal hier und einmal dort, sage allen ein richt’ges Wort. Frag nie nach dem Ziel der Reise, für Informationen kenn ich Preise.“

„Ja, ja, ist schon gut, dann bleib halt unsichtbar. Aber was willst du eigentlich, und woher kommst du?“, unterbrach Penny Lo das Lautgedicht des vorlauten Insekts.

„Woher ich komm? Nun höre zu, bin auch gefangen im Nichtigen Reich wie du, mit euch bin ich gereist und…“ Da der Floh zu müde war, weiter in Reimen zu reden, sprach er endlich Klartext. „Ihr müsst wissen, ich bin nur so gut in meinem Beruf, weil ich Workaholic bin. Als die große Gruppe sich gespalten hat, hab ich mal die eine, mal die andere Gruppe ausspioniert! Natürlich wissen die anderen jetzt bereits, dass ihr an der Grenze gewesen seid, und ich hab ihnen noch Weiteres erzählt. Zugegeben, ein bisschen geflunkert habe ich schon, aber immerhin, damit es euch nicht langweilig im Nichtigen Reich wird, hab ich es geschafft.“ Filbus schwieg plötzlich geheimnisvoll.

„Was hast du geschafft?“, fragten Pat, Penny Lo und Elester fast gleichzeitig zu Eulalia gewandt, die sich unentwegt kratzte.

„Ich habe es geschafft, dass Professor Draciterius und Dr. Sanguinis Anatomis sich wieder vertragen!“

„Gratuliere, und wie?“

„Tja, wie immer im Leben gibt es irgendwo einen Haken…“

„Na, sag schon!“, drängte Eulalia und hoffte, je früher alles zu Sprache käme, desto eher würde der Floh wieder verschwinden.

„Das kostet, liebe Leute, das kostet! Aber ich kann euch versichern, es ist für euch von lebenswichtiger Bedeutung; wenn nicht, könnt ihr den Preis für die Information wieder zurückerhalten!“

Drei Minuten später war das Geschäft besiegelt, nachdem als Verhandlungsbedingung ein Beißverbot verhängt worden war. Rasch kam der Floh zum Thema.

„Also, Professor Draciterius und Dr. Sanguinis Anatomis vertragen sich wieder. Aber, wie ich schon sagte, alles hat seine Schattenseite. Die beiden haben sich deshalb verbündet, weil sie glauben, einen großen gemeinsamen Feind zu haben.“

„Ach ja, und wer ist der Feind?“, knurrte Elester.

„Tja, wie gesagt…“

„Raus damit!“, schrie Eulalia kampfbereit.

„Na, ist das so schwer zu verstehen? Ihr seid der Feind, ihr! Gewissermaßen…“

„Was hast du erzählt?“, fragte Pat entrüstet. „Etwa dass wir gegen sie kämpfen wollen?“

„Na ja, in gewisser Hinsicht. Es ist nun jedenfalls so, dass sie versuchen eine Armee zu rekrutieren.“

„Eine Armee?! Wenn ich dich jetzt sehen könnte, würde ich dich…!“

„Aber das ist ja das Gute, dass ich unsichtbar bin. Keine Angst, nachdem alle anderen der Gruppe in diverse Richtungen verstreut sind, besteht die Armee hauptsächlich aus zwei Personen. Ihr könnt raten aus wem!“

Nach einem kurzen Schweigen murrte Elester: „Aber was wollen sie von uns, uns vernichten?“

„Nein, das nicht. Bevor sich die Gruppe gespaltet hat, sagte Raven allen, dass sie unbedingt die Grenze überqueren müssten, um zurück ins Buch zu gelangen. Jetzt wollen sie wissen, wie man zur Grenze kommt.“

Elester lachte auf, und Eulalia fragte verwundert: „Wieso? Ich dachte es reicht, wenn man zur Grenze will! Dann kommt die Grenze schon mal auf einen zu!“

„Nun, die Grenze kommt nicht auf die ehrenwerten Herren zu, weil sie ja nicht um der Grenze willen zur Grenze wollen, sondern weil sie ins Buch wollen, das hat die Grenze natürlich beleidigt…!“

„Als ob es nicht reichen würde, dass wir uns hier in einem Reich befinden, wo man damit rechnen muss, sich nach längerer Ruhe aufzulösen… Jetzt werden wir auch noch verfolgt!“, stöhnte Eulalia

„Aber was ist mit Bel Raven, warum verfolgen sie die nicht?“, fragte Pat und sah auf einen Ast über ihm.

„Tja, von ihr weiß nicht einmal ich, wo sie sich gerade befindet“, seufzte der Eulenfloh und wirkte in seiner Ehre gekränkt.

„Aber was sollen uns die beiden schon tun? Das ist doch lächerlich“, wandte Penny Lo ein.

„Sagen Sie das nicht, junge Dame!“ Das Mädchen drehte sich schnell um. Die Stimme kam jetzt von einem Strauch hinter ihr. Mittlerweile ging es schon allen auf die Nerven, immer woanders hinzuhören, da der Floh natürlich ständig herumhüpfte. Offenbar hatte er sich jetzt auf Elesters Kopf gesetzt, der mit beiden Augen nach oben sah.

„Es stimmt, dass die Armee aus zwei Personen besteht, aber eben auch aus 199 Falken, 397 Moskitos und 65 Tauben!“

„Wie bitte?“

„Nun, alle namenlos zwar, aber wenn sich die Herrschaften an das Buch erinnern können… dort wurden sie erfolglos als Suchtrupp eingesetzt. Jetzt befinden sie sich in militärischer Ausbildung!“

„Oh, Gott, wir werden von Falkenschnäbeln, Taubenkacke und Stechmücken bedroht!“, maulte Eulalia, während Elester seinen Kopf schüttelte.

„Ist das ein Witz? Die beiden könnten uns doch fragen, wie man aus dem Nichtigen Reich herausfindet“, meinte Pat.

„Aber sie hätten sich nie einigen können, gemeinsame Sache zu machen, wären sie nicht durch einen Feind verbunden! Die Tiere würden sich nicht mit ihren fanatischen, feurigen Reden für sie einsetzen und… Vorsicht!“, jappte der Floh, und es waren seine letzen Worte für längere Zeit.

Das Eulenrätsel

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