Читать книгу Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck - Gisela von Mossen - Страница 118

- San Francisco -.

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Der Parkplatz direkt an der Marina kam uns gerade recht für unsere Kuchenpause. Die Hauptstraße an der Bucht war sehr überlaufen und lud nicht zum Verweilen ein. Also fuhren wir über die immer wieder faszinierende Golden Gate Bridge und landeten nach einigem Suchen auf einem Parkplatz im Presidio mit direktem Blick auf diese legendäre Brücke. Wir entschlossen uns spontan, dort die Nacht zuzubringen, da wir mit Gaby und Diethard erst am nächsten Tag verabredet waren. Die unmittelbare Nähe von Burger King verführte uns zu einem Fast Food Dinner. Für 8 Dollar wurden wir ausreichend satt. Na ja, solange man sich nicht täglich so ernährte! Unseren letzten Abend im Mobi verbrachten wir bei Kerzenschein und den restlichen „Tropfen“ Wein. Mit Blick auf die inzwischen hell erleuchtete Golden Gate ließen wir noch einmal die ganze herrliche Fahrt an uns vorüberziehen, mit dem Wohnmobil zu reisen, ist für uns einfach die schönste Art, Land und Leute kennen zu lernen!

Am nächsten Tag, einem Freitag, also Arbeitstag für unsere Tochter, bogen wir gegen 11 a. m. in die Pierce Street ein; große Begrüßung mit unserem Schwiegersohn, der erst nachmittags zur Uni musste. In aller Gemütsruhe räumten wir unsere persönlichen Sachen aus und machten uns an die Endsäuberung. In einem Klärwerk wurde das letzte Mal gedumpt und das restliche Wasser abgelassen. Dann schloss sich beim Vermieter in San Rafael der Kreis, laut Tacho waren wir 2.920 Meilen, also genau 4.698,28 km gefahren, bei 18 Tagen ein Tagesdurchschnitt von 261 km. Ein Highlight hatte sich an das andere gereiht, das mussten wir erst einmal in Ruhe verarbeiten.


Gegen 4.30 p. m. holte unsere Tochter uns mit „Mario“ ab, dem imposanten fahrbaren Untersatz. Da das Wetter wieder so toll war, fuhr sie mit uns zu den Marin Headlands auf der anderen Seite der Bay; von einem hoch gelegenen Aussichtspunkt aus bot sich uns die Skyline dieser traumhaften Stadt, im Vordergrund die Golden Gate, noch einmal aus einer anderen, aber nicht minder tollen Perspektive dar, was natürlich auch in etlichen Fotos festgehalten werden musste. Nach riesigen Eisbechern im nahen Sausalito kehrten wir in die Pierce Street zurück, wo wir dann später zu viert fröhlich in Gabys Geburtstag hineinfeierten.

Da es ein Sonnabend war, konnten wir ihn richtig genießen. Gegen 1 p. m. machten wir von Fisherman’s Wharf aus eine eineinhalbstündige Rundtour mit dem Schiff, vorbei an der ehemaligen Gefängnisinsel Alcatraz, auch „The Rock“ genannt, berühmt-berüchtigt durch seinen prominentesten „Gast“, den legendären Gangsterboss Al Capone, inzwischen umfunktioniert zu einem Museum, zur Golden Gate und zurück bis unter die auch aus der Sicht sehr imposante zweigeschossige Oakland Bay Bridge. Bei herrlicher Sonne ließen wir uns auf der Terrasse eines hübschen Cafés an Pier 39 leckeren Kuchen schmecken mit bester Aussicht auf die Bay und das rege Leben und Treiben rundherum. Auf im Hafenbecken verankerten Pontons hatten es sich ganz besondere Gäste bequem gemacht, eine große Anzahl von Seelöwen, die, ohne sich von den vielen Touristen stören zu lassen, im hellen Sonnenschein vor sich hin dösten.


Am Abend genossen wir in einem im sechsten Stock in Chinatown gelegenen sehr edlen chinesischen Restaurant ein ausgesprochen leckeres Dinner. Zum Ausklang probierten wir in einer bekannten gemütlichen Bar ein paar wohlschmeckende exotische Cocktails, bevor wir leicht beschwipst, der Driver natürlich ausgenommen, auf Umwegen über steile Straßen am frühen Sonntagmorgen hochgestimmt nach Hause zurückkehrten.


Kurz nach 1 p. m. machten wir uns wieder mit einem vollen Picknickkoffer auf den Weg in den Golden Gate Park, wo wir uns nach altbewährtem Muster vier Stunden lang den Sommernachtstraum von Shakespeare zu Gemüte führten. Das Wetter spielte wieder prächtig mit. Der Tag wurde zu Hause mit einem lustigen Spielabend beschlossen.


Die Zeit bis Mittwoch nutzten wir bei anhaltend schönem Wetter für Ausflüge in die nicht minder schöne Umgebung. Den ganzen Dienstag hatten wir beiden Alten sogar den heiß geliebten Mario allein zur Verfügung, der uns brav zum Abschied noch einmal kreuz und quer durch die Stadt schaukelte, ein letztes Mal über die Golden Gate, dann hinüber nach Berkeley, eine sehr gepflegte Universitätsstadt mit weiten Parkanlagen in hügeliger Landschaft, weiter durch die benachbarte Industriestadt Oakland, aufgelockert durch ihren 64 ha großen Lake Merritt, ein idyllisch mitten in Downtown gelegener Salzwasser-Freizeitsee, und zurück über die untere Fahrbahn der doppelstöckigen Bay Bridge.


Am Donnerstag schlug endgültig die Abschiedsstunde. Gaby brachte uns um 2.30 p. m. zum Flughafen, pünktlich um 4 p. m. hob unsere Maschine ab. Die Zeit verging wieder wie im Fluge, ab und zu wurden wir etwas durchgeschüttelt, dafür entschädigte uns ein rot glühender Sonnenaufgang zum Frühstück. Um 10.00 Uhr ebenso pünktliche Landung im sonnigen, aber merklich kühleren Düsseldorf. Die Heimat hatte uns wieder, ein traumhafter Urlaub war zu Ende.


Genau dreizehn Tage später, am 18.10.89, bekamen wir frühmorgens den Schock unseres Lebens. Im Radio kam die Entsetzen auslösende Nachricht, dass San Francisco am Nachmittag des vorhergehenden Tages, also wenn man die Zeitverschiebung berücksichtigt, etwa 6 Stunden vorher vom schwersten Erdbeben seit 1906, das damals die Stadt fast vollständig in Schutt und Asche gelegt hatte, erschüttert wurde, und zwar erreichte es eine Stärke von 6,9 Punkten auf der Richterskala. Am stärksten betroffen war ausgerechnet die Marina, das Viertel, in dem unsere Lieben wohnten. Viele Häuser seien eingestürzt, überall Brände aufgeflammt, die Oakland Bay Bridge, auf der wir noch 14 Tage zuvor unterwegs waren, sei zum Teil zusammengebrochen, und ganz besonders dort hätte es viele Tote gegeben.


Unsere Versuche, telefonisch durchzukommen, scheiterten natürlich. Bei Anrufen innerhalb der Familie versuchten wir uns gegenseitig zu beruhigen, auch gute Freunde meldeten sich, um uns aufzurichten. Die inzwischen im Fernsehen erscheinenden Schreckensbilder trugen nicht gerade dazu bei. Dann endlich am Nachmittag der erlösende Anruf von Gaby, es ginge ihnen beiden gut, sie dürften nur vorläufig ihr Haus nicht betreten, rundherum waren einige eingestürzt, die Feuerwehr war mit dem Löschen der Brände beschäftigt, es herrsche totales Chaos. Als es losging, waren beide getrennt unterwegs, Gaby hatte gerade nach Feierabend den Fahrstuhl im Bürohochhaus verlassen und war auf dem Weg zur nahe gelegenen Bushaltestelle. Bei den ersten Erschütterungen rannte sie zusammen mit anderen Passanten geistesgegenwärtig in den nächsten Eingang, gerade noch rechtzeitig, bevor herabstürzende Scheiben und Mauerwerk mit großem Getöse auf Fußweg und Straße zerbarsten, Panik überall!


Als der Spuk vorbei war, schlug sie sich bis zur Pierce Street durch, wo sie dann das schon beschriebene Chaos vorfand. Erst als Diethard endlich nach einiger Zeit heil eintraf, er war in der Uni gewesen und zusammen mit seinen Kommilitonen auf freies Gelände geflüchtet, konnten beide erleichtert aufatmen. Und auch uns waren Riesensteine vom Herzen gefallen! San Francisco, eine traumhaft schöne Stadt, aber auf Dauer leben möchte ich dort nicht, denn wegen ihrer Lage genau auf der San-Andreas-Linie, an der sich die in entgegengesetzte Richtungen driftende Pazifische und die Nordamerikanische Platte reiben, ist sie extrem erdbebengefährdet. Schon seit Jahren prophezeien Naturforscher und Wissenschaftler „The Big One“, das die ganze Stadt vernichten wird. Hoffen wir, dass sie sich irren.

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck

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