Читать книгу Banditen greifen an! Sammelband 4 Western - Glenn Stirling - Страница 10
3
ОглавлениеZwölf Meilen nördlich des Rancho Montoya vereinigte sich die Spur der geraubten fünfzig Rinder mit einer größeren Herde. Die Rustler trieben über dreihundert Longhorns zur Arizona-Grenze. Ihr Ziel war das Minengebiet um Tombstone, wo in diesem Jahr 1881 die berüchtigsten Revolverhelden des Westens zusammentrafen.
Hitzegesättigte Wildnis dehnte sich um Felipe Montoya. Er folgte der Fährte wie ein Beute witternder Wolf.
Allmählich ging die mit Fettholzstauden und Kakteen gesprenkelte Hochebene in felsiges Gelände über. Die Silhouetten der Arizona-Berge schwammen im Hitzeglast der Ferne. Nur das Pochen der Hufe und das Knarren des Sattelleders begleiteten den Reiter.
Ein Labyrinth von Felsrücken, ausgetrockneten Flussläufen und mit Gestrüpp bedeckten Kämmen nahm ihn auf. Am Spätnachmittag sah er den von der Rustlerherde aufgewirbelten Staub. Er hielt auf einer Anhöhe zwanzig Meilen nördlich des Rancho Montoya. Die Grenze war nahe, aber nicht so sehr, dass die Viehräuber sie noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichten. Sie wichen nach Nordwesten aus, statt auf dem kürzesten Weg zum Skeleton Canyon zu treiben.
Felipe erinnerte sich, dass eine Bande von Gringo-Viehdieben dort im Frühjahr von mexikanischen Vaqueros überrumpelt worden war. Der Anführer der Rustler war dabei erschossen worden. Danach hatten die Überfälle einige Zeit aufgehört. Die Montoyas hatten nicht damit gerechnet, dass auch ihre kleine Herde den Rustlern eines Tages ins Auge stechen würde.
Die Banditen schafften in dem unwegsamen Gelände noch drei Meilen, bevor es dunkelte. Felipe entdeckte ihr Lagerfeuer in einem von felsigen Hängen umschlossenen Tal. Er ließ den Schecken am Fuß eines niedrigen Kamms zurück. Fahle Dunkelheit umgab ihn. Sterne glitzerten. Zehn Minuten später kauerte der junge Mexikaner auf dem Höhenrücken. Das Feuer brannte schräg unter ihm. Die Herde ruhte. Mesquite- und Kreosotbüsche wuchsen an einem Tümpel. Die Pferde waren angepflockt. Sie trugen noch die hochbordigen Sättel. Offenbar war das eine Routinemaßnahme. Die Rustler schienen sich unbedroht zu fühlen.
Ein Mann bewachte den Taleingang, die anderen saßen am Feuer. Sie rauchten, tranken und unterhielten sich. Mit den breitkrempigen Stetsons, bunten Hemden und ledernen Beinschützern wirkten sie wie Cowboys, doch die tief geschnallten, langläufigen Revolver sprachen für sich. Nur zwei oder drei der Viehräuber waren über dreißig. Die Gesichter waren wettergegerbt.
Felipe entdeckte weder seine Schwester, noch den Hageren mit der Geiernase. Auch das Pferd des Entführers, ein Schwarzbrauner mit weißem Stirnfleck, fehlte. Gelächter erscholl. Dann brachte einer ein Päckchen Spielkarten zum Vorschein.
»Wie wär’s mit ’ner Runde?«
»Legt euch lieber aufs Ohr«, knurrte der stoppelbärtige Anführer. Er besaß unstete Augen. »Wir treiben vor Sonnenaufgang weiter. Verdammt will ich sein, wenn ich die Greaser noch mal unterschätze, nachdem sie Old Man im Skeleton Canyon erwischten.«
»Du siehst Gespenster, Ike.«
»Quatsch! Aber wenn ihr euch benehmt wie im Saloon …« Hufgetrappel wehte vom Taleingang.
»Charlie kommt!«, meldete der Posten.
Gleich darauf erreichte ein staubbedeckter Reiter den Lichtkreis. Es war ein Mexikaner oder Halbindianer. Ein Goldring funkelte an seinem linken Ohr. Statt Stiefeln trug er Mokassins. Dem Pferd war anzusehen, dass es hart geritten worden war.
»Wo ist Dave?«, empfing ihn der Stoppelbärtige. Dave war einer der drei, die Felipes Vater erschossen hatten. Der Mestize sprang ab. »Er kümmert sich um den Burschen, der uns folgt.« Die Männer griffen zu den Sechsschüssern. Der Ankömmling grinste. »Keine Aufregung, Amigos. Es ist nur einer – ein Greaser.«
»Bist du sicher?«
»Klar. Wir beobachteten ihn fast zwei Stunden, ohne jedoch auf Schussweite ranzukommen. Als es dunkelte, verloren wir ihn. Dave behauptete, dass es der Junge ist, den Rhett auf dem Rancho niederschoss.«
Felipe schwitzte. Er hatte nicht mit Kundschaftern der Bande gerechnet. Der Fehler konnte ihn das Leben kosten. Jetzt erst begriff er, wie gefährlich die Gegner waren. Der Stoppelbärtige schimpfte: »Ich hatte Rhett gewarnt, das Girl mitzuschleppen. So was bringt nur Verdruss.«
Der Blick des Halbindianers streifte die Talhänge.
»Der Junge ist ein Greenhorn. Er hat keine Chance.«
»Löscht trotzdem das Feuer! Verteilt euch und sucht ihn!«
Die Banditen liefen auseinander. Einer scharrte Sand auf die Glut. Die Pferde stampften und prusteten. Geduckt richtete Felipe sich auf. Sein erster Impuls war, zu seinem Schecken zu rennen. Aber er durfte sich nicht einen neuen Fehler leisten. Vorsichtig schlich er den Hang hinab zu den Kiefern, unter denen sein Vierbeiner stand.
Als Felipe die Umrisse des Pferdes sah, duckte er sich erst mal hinter einen Felsblock.
Das Tier bewegte sich unruhig, vielleicht von dem Lärm jenseits des Höhenrückens erschreckt. Jede Faser in Felipe fieberte danach, sich in den Sattel zu schwingen. Lautlos verließ er die Deckung und drückte sich hinter einen Kiefernstamm. Steine rollten am gegenüberliegenden Hang. Hufschlag stob aus dem Tal.
Dann bemerkte er die Gestalt, die schräg rechts hinter einem Baum kauerte, eigentlich ein klumpiger Schatten, lediglich Stetson und Gewehr waren erkennbar.
Der Bursche lauerte auf ihn.
Felipe schlug einen Bogen, damit er hinter ihn gelangte. Er bewegte sich katzenhaft. Der Schecke prustete.
Felipe war vier Schritte hinter dem Kauernden, als er feststellte, dass er auf einen Trick hereingefallen war. Stetson und Gewehr waren echt. Der vermeintliche Gegner entpuppte sich als Felsbrocken, der mit einer Jacke getarnt war. Ein metallisches Knacken ertönte hinter Felipe.
»Das war’s, Junge. lass die Kanone fallen!«
Sekundenlang hatte der junge Mexikaner das Gefühl, in einen Abgrund zu stürzen. »Wird’s bald!«, zischte der Mann hinter ihm.
Felipes Colt landete im Sand. Der Bandit lachte spöttisch.
»Ich werd dich meinen Amigos vorstellen. Nimm das Pferd mit und bleib vor mir.«
Felipe musste an dem Baum vorbei. Das Gewehr der Attrappe ruhte auf einer Astgabel. Felipe packte es und warf sich zu Boden. Daves Kugel verfehlte ihn. Fluchend schoss er abermals.
Felipe drehte sich weg. Der dritte Schuss gehörte ihm. Er lag auf dem Rücken. Der Feuerstoß aus der Winchester leuchtete den Banditen an. Mit einem Aufschrei prallte Dave an einen Felsen. Seine Beine gaben nach. Felipe hastete zu ihm. Zum ersten Mal hatte er auf einen Gegner geschossen, aber im Moment dachte er nur an Conchita.
»Wo ist meine Schwester?«
»Rhett … mit ihr ausgeritten …«, verstand Felipe.
»Wohin?«, drängte er.
»Tombstone …« Der Kopf des Sterbenden sank nach vorn.
Rasch suchte Felipe seinen Colt. Gleich darauf saß er im Sattel. Zwischen den Bäumen tauchten schemenhafte Reitergestalten auf.
»Da ist er!« Schüsse blitzten.
Felipe warf den Schecken herum und floh.