Читать книгу Banditen greifen an! Sammelband 4 Western - Glenn Stirling - Страница 15

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Sie erreichten Tombstone von Süden.

Felipe ritt zwischen Curly-Bill Brocius und Johnny Ringo. Die Sonne brannte, obwohl es Oktober war. Seit Wochen hatte es nicht geregnet. Jeder Huftritt wirbelte Staub auf. Männer und Pferde waren wie mit graugelbem Puder bedeckt. Die Stadt lag auf einem weiten, baumlosen Plateau. Die Gipfel der Dragoon Mountains verschwammen im Hitzedunst. Rauch stieg aus den Schmelzöfen der Silberminen ringsum. Seit der alte Schieffelin vor zwei Jahren die Lucky-Cuss Mine entdeckte, die pro Tonne fünfzehntausend Dollar in Silber einbrachte, hatte Tombstone sich zur berüchtigsten Boomtown des Südwestens entwickelt.

Felipe sah die Stadt zum ersten Mal. Sie erinnerte ihn an ein in der Sonne dösendes, jederzeit zum tödlichen bissbereites Raubtier. Die großen Straßen verliefen von Ost nach West, die schmaleren Verbindungen in Nord-Süd-Richtung. Baufällige Mexikanerhütten drängten sich am Stadtrand.

Felipe und die beiden Revolvermänner überquerten die Safford Street, gelangten in die Fremont Street und ritten am Eingang zum O.K.-Corral vorbei.

Ein schnurrbärtiger, breitschultriger Mann trat aus dem Schatten von Flys Fotogeschäft. Er trug einen dunklen Anzug. Der Stern an seinem Jackenaufschlag blinkte.

»City Marshal of Tombstone« war eingraviert. Die Reiter hielten. Felipe spürte die Spannung zwischen seinen Begleitern und dem Sternträger. Curly-Bills Grinsen wirkte angestrengt.

»Sieht fast so aus, als hättest du auf uns gewartet, Earp. Was gibt’s Neues?«

Virgil Earps Blick streifte den jungen Mexikaner, ehe er Bill ausdruckslos ansah. Dabei schob er die Daumen hinter den patronengespickten Gurt.

»Die Kutsche nach Benson wurde wieder mal überfallen, während ihr weg wart. Seltsam, was?«

»In der Tat, Marshal.«

»Diesmal hatte es auch ’ne Mexikanerbande auf das Silber abgesehen. Die Burschen waren ziemlich wütend, als sie feststellten, dass sie um Minuten zu spät kamen. Der Driver erzählte, dass sie sich sofort auf die Spur der Konkurrenz setzten. Muss ’ne wilde Jagd geworden sein.«

»Dann ist gewiss auch Wyatt irgendwo draußen unterwegs«, meinte Ringo gelassen. »Ich hab mir sagen lassen, dass er neuerdings mit jeder Kutsche Bundespost befördern lässt, damit er ’ne Handhabe zum Eingreifen bekommt. Raffinierter Dreh.«

»Irgendwann erwischen wir die Banditen.«

»Oder umgekehrt.« Curly-Bill lachte, aber Earp ging nicht darauf ein. Seine harten, abschätzenden Augen hefteten sich wieder auf Felipe.

»Ein neues Gesicht in eurer Crew. Wer ist der Junge?«

»Sie können mich fragen, Marshal. Ich spreche Englisch. Mein Name ist Felipe Montoya.«

»Wir haben ihn an der Tinaja del Lobo aufgegabelt«, fügte Ringo hinzu. »Er wollte nach Tombstone. Angeblich sucht er ’nen Job.«

»Du reitest in schlechter Gesellschaft, Felipe.«

»Ansichtssache.«

Ein weiterer Sternträger kam hinzu. Er war mittelgroß, schlank, glattrasiert und besaß ein fliehendes Kinn. Sein grauer Stadtanzug war frisch gebügelt. Trotz der Hitze trug er einen Stehkragen.

»Ich bin Sheriff Behan. lass dich vom Marshal nicht einschüchtern, mein Junge. Er und seine Brüder bilden sich ein, dass Bill und Johnny mit den Überfällen auf die Benson-Kutsche zu tun haben, finden aber keine Beweise. Nun sind sie stocksauer. Wenn du Verdruss bekommst, halte dich an mich. Vielleicht kann ich dir auch ’nen Job verschaffen.«

»Nicht bei den Clantons«, grinste Curly-Bill. »Die mögen keine Mexikaner, seit sie im Frühjahr ihren Alten begruben.«

»Weshalb habt ihr ihn mitgebracht?«

»Sagte ich schon: Wir hatten den selben Weg«, antwortete Ringo. Dann mit einem herausfordernden Blick auf Earp: »Außerdem lieh er mir sein Pferd, als eine Horde wild gewordener – Landsleute von ihm Curly und mir ans Leder wollten.«

»Also doch.« Der Stadtmarshal von Tombstone schob die Jacke hinter den Revolvergriff.

Ringos Grinsen glich einem Zähnefletschen.

»Keine Ahnung, was du meinst, Earp.«

»Macht keinen Blödsinn«, krächzte Behan nervös. »Bill, Johnny, ich lade euch zu ’nem Drink ein. Du kannst mitkommen, Junge. Ich sag Dan Bescheid, damit er eure Pferde …« Er blickte an den Reitern vorbei. »Verdammt!«

Hufschlag pochte. Curly und Ringo lenkten die Pferde an den Straßenrand. Fahrbahn und Gehsteige waren plötzlich leer. Ein großer, schwarz gekleideter Reiter auf einem großen, rotbraunen Pferd kam die Fremont Street herab. Auch ohne den buschigen, die Mundwinkel verdeckenden Schnurrbart wäre die Ähnlichkeit mit Virgil Earp unverkennbar gewesen. Der Schatten des flachkronigen, schwarzen Huts verdeckte die Augen. Die Sonne blitzte auf dem Abzeichen am Prinz-Albert-Rock.

Felipe hatte das Gefühl, dass ein kalter Hauch durch die Stadt strich. Alle Geräusche aus den Gebäuden und Seitengassen wirkten auf einmal merkwürdig gedämpft.

Dann sah Felipe den Gefangenen. Er stolperte in dem Staub, den der Rotbraune aufwirbelte. Seine Hände waren gefesselt. Eine lassoschlinge lag um den Hals. Das Ende des Seils war am Sattel des Schwarzgekleideten verknotet. Felipe erkannte Conchitas Entführer, den Hageren mit der Geiernase.

»Verdammt!«, wiederholte Curly-Bill. Warnend hob Behan die Hand. Sie warteten, bis Wyatt Earp neben seinem Bruder hielt.

Rhett Emmery keuchte. Schweißrinnsale durchzogen die Staubkruste auf seinem Gesicht. Er vermochte sich kaum mehr auf den Beinen zu halten.

»Hallo, Wyatt!«, dehnte Ringo. »Es ist nicht fair, ’nen Mann, der sonst keine zwanzig Schritte zu Fuß zurücklegt, wie ein Stierkalb ans lasso zu nehmen.«

»Es ist noch weniger fair, den Fahrer eines Wells-Fargo-Transports aus dem Hinterhalt vom Bock zu schießen.« Die kalte, entschlossene Stimme passte zum Äußeren des Frontier-Marshals.

Emmery schnappte: »Redet nicht! Legt den verdammten Bastard endlich um! Er hat kein Recht, mich zu verhaften.«

Dann sah Emmery Felipe. Er zuckte zuerst zusammen, dann loderte eine wilde Drohung in seinen Augen. Felipes Hände krampften sich um die Zügel. Er begriff, dass er Conchita nicht wiedersehen würde, wenn er jetzt den Mund auftat. Nur Emmery wusste, wo sie war. Die anderen merkten nichts. Sheriff Behan wandte sich an den US Deputy Marshal.

»Was werfen Sie ihm vor, Earp?«

»Bob Paul, der Begleitmann der Wells-Fargo-Stage identifizierte Emmery zweifelsfrei als den Kerl, der bei dem Hold up vor zwei Wochen den Fahrer erschoss. Die Kutsche beförderte nicht nur die Lohngelder für die Southern Cross und die Floyd Mine, auch Bundeseigentum, nämlich mein Marshals-Gehalt. Sonst noch was?«

»All right, Marshal, dann reichen Sie die Anklage ein. Ich übernehme den Gefangenen. Tut mir leid, Rhett.«

Wyatt beugte sich im Sattel vor. Seine Stimme klirrte.

»Es wird Ihnen noch mehr leid tun, Sheriff, sollte der Gefangene wie schon mal aus Ihrem Gefängnis entkommen. Um Ihnen die Blamage zu ersparen, bringen mein Bruder Morg und ich ihn mit der nächsten Kutsche nach Tucson. Dort wird er sich vor dem Richter verantworten. Er hat dann immer noch als Kronzeuge gegen seine Komplicen die Chance, seine Haut zu retten.«

Behan erbleichte.

»Hölle und Verdammnis, unternehmt endlich was!«, schrie Emmery. Curly und Ringo wechselten einen Blick. Vorsichtig bewegte der Sheriff sich rückwärts. Die Earp-Brüder schoben die Hände an die Waffen.

»Junge, du solltest entweder verschwinden oder deine Seite wählen«, mahnte Wyatt.

Da lachte Curly-Bill wieder.

»Wir sind keine Banditen, Wyatt, die du provozieren kannst. Rhetts Unschuld wird sich bestimmt rausstellen. – Komm, Johnny. Da drüben stehen noch zwei von Wyatts Verein, Bruder Morg und Doc Holliday. Was glaubst du, wie die sich freuen, wenn wir zu den Colts greifen.« Er blinzelte Emmery zu. »Kopf hoch, Rhett. Denk dran: Der Weg nach Tucson ist verteufelt lang.«

Banditen greifen an! Sammelband 4 Western

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