Читать книгу Leben zur Zeit Jesu. Ein Doku-Drama zum Schmökern - Gregor Bauer - Страница 9

Оглавление

3. Frauen

(j62 87.110.150.343.345.349.372f.386.395ff, il, il95, pr 327, ow 295f, mg 88.90, lg I 173ff, sd 72.75.122.184.218ff, tö 65.145.145.151.182.209.307.323f, s74 508ff, hd 81, co, dg, ww, bü 73ff)

Für einen Nichtjuden ist es schon schwer genug, von seiner jüdischen Umgebung akzeptiert zu werden. Für eine Nichtjüdin ist es praktisch unmöglich. Bezeichnenderweise ist für nichtjüdische Frauen unter den Juden Palästinas die Bezeichnung „Prostituierte“ geläufig. Dieser charmante Begriff wird sogar auf Frauen angewandt, die zum Judentum übergetreten sind – schließlich sind sie unter heidnischen Verhältnissen aufgewachsen. Eine Nichtjüdin ist also doppelt gehandicapt: Als Heidin und als Frau.

„Mann Alex, jetzt leg doch nicht schon wieder deine peinliche Frauenversteher-Platte auf. Das nimmt dir doch eh keiner ab.“ –

„Ich weiß, wovon ich rede, Liz.“ –

„Nein, weißt du nicht.“ –

„Ich kann dir Bücher zeigen, in denen –“ –

„Bücher! Bücher kannst du mir viele zeigen. Aber was ist mit deiner Zeitmaschine? Ich dachte, du wärst schon in der Welt Jesu gewesen und hättest dir selbst ein Bild gemacht?“

Ich weiß nicht, warum ich ausgerechnet jetzt die Entwicklung auf die nächste Eskalationsstufe hochfahre: „Also gut, Liz. Ich habe es mir überlegt. Ich nehme dich mit in die Zeit Jesu.“ –

„Na endlich! Ich ziehe nur schnell noch meine Lippen nach, dann können wir los.“ –

„Du solltest dich besser abschminken. Und nimm einen Stoff mit, mit dem du deinen Kopf verhüllen kannst.“ –

„Auch das Gesicht?“ –

„In Jerusalem ja, jedenfalls wenn du dich in vornehmen Kreisen bewegen willst. Du brauchst zwei Kopftücher, ein Stirnband mit kinnlangen Bändern und ein Haarnetz mit Bändern und Schleifen.“ –

„Herrje, muss ich mich dort wirklich hinter Tüchern verstecken wie in einem Taliban-Regime?“ –

„Nicht überall. Auf dem Land in Galiläa genügt ein einfaches Kopftuch. Aber in Jerusalem gibt es Frauen, die stolz darauf sind, dass nicht einmal die Balken ihres eigenen Hauses ihr Haar jemals gesehen haben.“ –

„Und schminken darf man sich wohl nicht?“ –

„Doch, viele Frauen schminken und parfümieren sich und hängen sich Ringe und bunte Fäden oder Wollflöckchen in die Ohren (as V 347ff). Aber nur für ihre Männer. Eine unverheiratete Frau wie du sollte in der Öffentlichkeit sehr zurückhaltend auftreten, wenn es sich schon nicht vermeiden lässt, dass sie das Haus verlässt.“ –

„Was heißt das?“ –

„Du solltest immer den Blick senken, wenn du einem fremden Mann begegnest, und ihn auf keinen Fall ansprechen.“ –

„Wieso das denn?“ –

„Weil sich die lieben Nachbarn nicht vorstellen können, dass ein Mann und eine Frau, die weder verheiratet noch verwandt noch verschwägert sind, einfach so miteinander plaudern. Von dir als Fremder wird man wohl nichts anderes erwarten. Aber eine Ehefrau, die mit einem Fremden spricht, würde ihren eigenen Mann derart blamieren, dass er sie sozusagen fristlos aus dem Haus werfen kann.“

Vielleicht will es der Eifersüchtige aber auch genau wissen, bevor er seine Frau vor die Tür setzt: Hat der Fremde meine Frau wirklich nur nach dem Weg gefragt, wie sie beteuert? Oder hat sie mir gar schon Hörner aufgesetzt? Hier verschafft ein biblisches Ritual Gewissheit. Dabei gibt der Priester der Verdächtigten ein schmutziges Fluchwasser zu trinken und spricht allerlei fromme biblische Wünsche aus, die nur im Fall der Untreue wirksam werden (Num 5): „Bist du deinem Mann untreu geworden und ist ein fremder Mann bei dir gelegen, so setze dich der Herr zum Fluch unter deinem Volk. Dann lasse dieses Fluchwasser deinen Bauch anschwellen und deine Hüften schwinden!“ –

„Amen, so geschehe es!“, darf ihm die Frau darauf antworten. Macht das Fluchwasser sie krank, war sie untreu. Wenn nicht, ist das Vertrauen zwischen den Eheleuten wieder hergestellt, und es herrscht wieder Friede Freude Feigenkuchen.

Diese Methode wurde dem Mose von Gott am Berg Sinai geoffenbart. Da kann eigentlich nichts schief gehen. Aber Glaube ist gut, Kontrolle ist besser: Wegsperren bietet im Zweifelsfall eben doch mehr Sicherheit, dass die Kinder tatsächlich die eigenen sind. Nur: Wer kann seine Frau schon komplett wegsperren?

In vornehmen städtischen Kreisen leben die meisten Frauen tatsächlich fast völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Bei den Ärmeren auf dem Land sieht das schon anders aus. Da sind die Männer auf die Mitarbeit ihrer Frauen angewiesen. Frauen gehen zum Dorfbrunnen, um Wasser zu holen, sie holen mit ihren Männern und Kindern die Ernte ein, klopfen an den Türen, um Oliven zu verkaufen, bieten auf dem Markt ihre Webarbeiten an (j62 395ff) – und wenn sie ihren männlichen Kunden etwas verkaufen wollen, dann müssen sie wohl oder übel auch mit ihnen reden.

Aber auch für die Frauen der vornehmen Jerusalemer Kreise gibt es „Fenster“ zur Außenwelt. Immerhin zweimal im Jahr dürfen selbst die wohlbehüteten Jungfrauen ihre Schönheit öffentlich zeigen. Dann tanzen die Mädchen in den Weinbergen unverschleiert vor den Augen ihrer Verehrer (as I 72 592f). Ganz anders treten die vornehmen Jerusalemer Frauen öffentlich in Erscheinung, die auf der Hinrichtungsstätte Golgota den Gekreuzigten einen Trank reichen, der ihre Schmerzen lindern soll. Dort stehen sie dann mit ihren getränkten Schwämmen vor nackten, blutenden Männern, die entsetzliche Laute ausstoßen und sich in Todesqualen winden. Wer wollte behaupten, dass diese Frauen von der Realität vor ihrer Haustür abgeschnitten sind?

Ehebruch

(dr 137, j62 395ff)

„Was passiert, wenn eine verheiratete Frau beim Seitensprung erwischt wird?“ –

„Dann steht ihr Leben auf dem Spiel, Liz.“ –

„Aber ihr Liebhaber – der kommt natürlich ungeschoren davon!“ –

„Nein. Wenn die Römer den Juden die Todesstrafe nicht verboten hätten, würde man beide zu Tode steinigen.“ –

„Die Römer haben ihnen aber die Todesstrafe verboten.“ –

„Ich würde dennoch für nichts garantieren, wenn der Volkszorn hoch kocht, keine römischen Soldaten in der Nähe sind und die Steine griffbereit liegen.“

Und in einem solchen gesellschaftlichen Klima will Jesus Männer und Frauen um sich scharen! Das kann er nur, indem er jede sexuelle Annäherung zwischen ihnen im Keim erstickt. Zu viel steht für alle Beteiligten auf dem Spiel. Die strenge Sexualmoral Jesu und seine Offenheit für Frauen sind zwei Seiten derselben Medaille.

Welches Schicksal wohl die in flagranti ertappte Frau erwartet, deren Steinigung Jesus verhindert hat? Ihr Mann verstößt sie. Zu dem anderen, mit dem sie eine Affäre hatte, darf sie nicht gehen; die Gesellschaft würde ihre Verbindung nicht akzeptieren. Ihre Kinder sieht sie nicht wieder: Die bleiben beim Vater. Dass man einer unglücklichen Frau, die aus einer Zwangsehe ausgebrochen ist, wenigstens zugestehen müsste, ihre eigenen Kinder von Zeit zu Zeit zu besuchen – auf diese abwegige Idee wird niemand kommen.

Stellt die Frau fest, dass sie von ihrem Liebhaber schwanger wurde, so weiß sie: Das Kind, das sie erwartet, wird die Schande der unehelichen Geburt nie mehr los. Aus einer ungesetzlichen Verbindung hervorgegangen, wird es niemals einen Partner aus geordneten Verhältnissen heiraten dürfen.

Leben zur Zeit Jesu. Ein Doku-Drama zum Schmökern

Подняться наверх