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Corona und die Arroganz des Präsidenten

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Trotzdem hätten wirtschaftliche Faktoren allein kaum ausgereicht, um diese neue Welle der Politisierung auszulösen. Die Belarus*innen sind es gewohnt, unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen zu leben. Die miserable Kommunikation des Staates während der Pandemie trug wesentlich zur Politisierung der Bevölkerung bei.

Informationen des Gesundheitsministeriums wurden der Öffentlichkeit nicht regelmäßig zugänglich gemacht, stimmten nicht immer mit den Zahlen des Präsidenten überein und wurden oft in eher arrogantem Ton verbreitet. Auf Anfragen nach Informationen über die Anzahl der Pandemieopfer beim medizinischen Personal etwa reagierten zuständige Beamt*innen mit der Frage: „Und wozu brauchen Sie diese Statistiken?“

Die größte Kluft zwischen Staat und Bevölkerung wurde jedoch womöglich vom Präsidenten selbst verursacht, der während der Pandemie einen markanten Mangel an menschlichem Einfühlungsvermögen und eine überraschende Arroganz an den Tag legte. Seine aggressive Sprache ließ nur wenige soziale Gruppen aus. Sie traf Corona-Opfer („Wie kann man mit einem Gewicht von 135 Kg leben?“), medizinisches Personal (das es nicht geschafft hätte, eine Selbstinfektion zu vermeiden), Arbeitslose („Haben Sie einen Job verloren? Finde Sie einen neuen!“), Unternehmer („Niemand wird für Euch Geld aus Hubschraubern abwerfen!“).

Umfragen bestätigten die hohe Unzufriedenheit der Belarus*innen. Laut einer internationalen Erhebung vom März / April bewerteten 86 Prozent der Befragten die Reaktion ihrer Regierung auf Covid-19 als äußerst unzureichend. Das war das zweitschlechteste Ergebnis von 58 beteiligten Staaten nach der Türkei. Auch das Vertrauen der Bevölkerung in offizielle Informationen zu Covid-19 im März / April war im Vergleich zu anderen Staaten sehr gering. Die Lage wurde öffentlich sogar mit der verantwortungslosen Informationspolitik der sowjetischen Behörden nach der Explosion von Tschernobyl 1986 verglichen. Die Zeit hat gezeigt, dass die Sorgen der Belarus*innen nicht unbegründet waren. Obwohl die offiziell von den Behörden genannten Corona-Sterblichkeitsraten in Belarus weltweit zu den niedrigsten gehören, starben nach Daten der Vereinten Nationen allein im Zeitraum April bis Juni im Land etwa 5.600 Menschen mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (offiziell sind in Belarus insgesamt nur 937 Menschen wegen Corona verstorben; Stand: 21. Oktober 2020).

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