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Die Macht der Online-Medien

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Online-Medien wie Youtube und andere soziale Medien (insbesondere der Instant Messenger Telegram) spielten eine wichtige Rolle bei der jüngsten Politisierung der belarusischen Gesellschaft. Der Anteil der Menschen, die Informationen aus alternativen Online-Quellen erhielten, stieg von 24 Prozent im Jahr 2010 auf 60 Prozent im Jahr 2018. Gleichzeitig sank das Vertrauen in die staatlichen Medien (vor allem das Fernsehen) bereits seit Jahren. Soziale Netzwerke waren 2019 für fast 28 Prozent der Befragten eine regelmäßige Quelle für Nachrichten. Diese Zahl wuchs wahrscheinlich direkt vor den Präsidentschaftswahlen noch, da schnell entstehende nationale, lokale und Nachbarschafts-Telegramkanäle zu wichtigen Plattformen für Informationsaustausch und politische Selbstorganisation wurden. Überhaupt steigt die Zahl der Online-Medien-Nutzer*innen weiter an und belief sich 2019 auf mehr als 79 Prozent der Bevölkerung – damit lag Belarus weit über dem weltweiten Durchschnitt von 53 Prozent.

Auf diese Tendenzen ging der Blogger Tichanowski ein. Er nutzte Youtube, um die Interessen der „einfachen“ Menschen aus der belarusischen Provinz bekannt zu machen. Er reiste durch das Land, traf die Menschen persönlich, filmte ihre Beschwerden und veröffentlichte das auf seinem Youtube-Kanal. Seit der Gründung im März 2019 gewann sein staatskritischer Kanal „Ein Land zum Leben“ innerhalb von einem Jahr über 200.000 Abonnent*innen, und das populärste Video (das mit der Kakerlake) wurde von über einer Million Menschen gesehen.

Eine Pact-Umfrage aus dem Jahr 2018 zeigt, dass 80 Prozent der Belarus*innen nicht glaubten, Einfluss auf die Entscheidungen der nationalen und lokalen Behörden zu haben. Mit einem Blogger bekamen die Leute plötzlich das Gefühl, eine Stimme zu haben. Eine weitere Umfrage vom 2019 ergab, dass ein Mangel an Informationen einer der Hauptgründe für die politische Passivität der Belarus*innen war. Auch diesen Mangel hat der Blogger erfolgreich adressiert.

Letztendlich scheinen die stundenlangen Live-Streams während der Unterschriftensammlungen und Solidaritätsketten vor den Wahlen, die von nichtstaatlichen Medien übertragen wurden, sowie Interviews mit Menschen, die in Warteschlangen warteten, um „gegen Lukaschenko“ zu unterschreiben, eine wichtige Rolle bei der Stärkung des Mehrheitsgefühls gespielt zu haben. Dank der Online-Medien hatten viele Belarus*innen womöglich zum ersten Mal das Gefühl, einer breiteren Bewegung bzw. einer Mehrheit anzugehören. Die Angst vor politischen Aktivitäten ist damit maßgeblich zurückgegangen.

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