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Lebensgeschichte / Heilsgeschichte

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Erzählen von Figuren der Bibel am Beispiel Johannes des Täufers

Rabea Kohnen

Die Bibel ist für mittelalterliche Christen beides: Grundlage ihres Glaubens und Quelle historischen Wissens. In der Verbindung beider Bereiche liegt die Vorstellung einer Beziehung zwischen Gott und den Menschen, die sich in der Zeit entfaltet und auf Wiedervereinigung und Erlösung zielt. Dieses im 19. Jahrhundert auf den Begriff ‚Heilsgeschichte‘ gebrachte Konzept war und ist in der Theologie umstritten,1 hat für die Auseinandersetzung mit historischen Gegenständen aber weiterhin große Bedeutung.

In geistlichen und weltlichen Erzählungen des Mittelalters wurden seitens der Literaturwissenschaft durchaus unterschiedliche Konzepte und Denkmodelle unter dem Begriff der Heilsgeschichte subsumiert, wie die Vorstellung von Zeitaltern der Weltgeschichte, typologische Verfahren der Bedeutungsgenerierung, allgemeiner Denkmuster von Prüfung und Erlösung und die Vorstellung einer generellen Entwicklung der Welt zum endgültigen Heil.2 Das Konzept Heilsgeschichte wird jedoch kaum diskutiert, sondern zumeist als Konsens vorausgesetzt, was insbesondere bei der Arbeit mit weltlichen Texttypen nicht immer unproblematisch ist.3

Das sich in der Vielzahl der Beiträge zeigende Interesse deutet jedoch insgesamt darauf hin, dass es lohnenswert sein könnte, die Frage, was heilsgeschichtliches Denken eigentlich ist und wie es in narrativen Zusammenhängen funktioniert, deutlich zu stellen und an einer methodischen Schärfung zu arbeiten. In diesem Sinne werde mich in Folgenden dem chronologischen Zentrum der christlichen Heilsgeschichte, der Lebenszeit Jesu, zuwenden und am Beispiel Johannes des Täufers der Frage nachgehen, wie sich ein heilsgeschichtliches Interesse in der mittelhochdeutschen Dichtung entfalten kann und wie es zu dem für Dichtung insgesamt typischen Interesse an Lebensgeschichten, am biographischen Erzählen von Figuren,4 in Beziehung tritt.5 Gleichermaßen ist zu fragen, wie die narrative Arbeit an Lebens- und Weltgeschichte in Bezug zu theologischen Interessen an der jeweiligen Figur in einer systematischen Perspektive treten. Aus der Beobachtung des Zusammenspiels von biographischen, historiographischen und theologischen Interessen an der Figur des Johannes und seiner Geschichte erhoffe ich mir Erkenntnisse über die Möglichkeiten heilsgeschichtlichen Erzählens in der deutschsprachigen Bibeldichtung des Mittelalters und vielleicht auch darüber hinaus.

Geschichte erzählen. Strategien der Narrativierung von Vergangenheit im Mittelalter

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