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Mit Sorgfalt – und dennoch unvollkommen
ОглавлениеGottes Wort ist voller Geschichten über unvollkommene Menschen des Glaubens, die teils gute, teils mittelmäßige und manchmal gänzlich verkehrte Entscheidungen getroffen haben. Gott aber ließ sich nicht davon abhalten, auch diejenigen mit zweifelhafter Trefferquote zu lieben, zu beschenken und an sein Ziel zu bringen. Wir könnten mit Abraham beginnen, der mal kurzerhand mit der falschen Frau ein Kind zeugte. Dann der Lügner Jakob, der Aufschneider Josef, der Ehebrecher David, der Auftragsverweigerer Jona, der Verleugner Petrus, der Verfolger Paulus, die lau gewordenen Epheser, die selbstbezogenen Korinther und all die anderen fragwürdigen Gestalten der Bibel. Wir könnten auch von uns selbst erzählen.
Geben wir es zu: Wer in allen Dingen die beste Entscheidung treffen will, muss scheitern. Die Voraussetzungen dazu sind weder im normalen Leben noch bei uns selbst gegeben. Hinzu kommt: Wer kann mit letzter Sicherheit sagen, was in den gegebenen Umständen die zweifelsfrei beste Entscheidung ist? Am besten für wen? In welcher Hinsicht? Kaum zwei Menschen kommen bei ihrer Einschätzung dazu zur genau gleichen Schlussfolgerung. Wie viel weniger ein Team.
Dies alles setzt nicht das Anliegen außer Kraft, das wir mit aller Sorgfalt an die großen Entscheidungen des Lebens herangehen sollen. Betend, um innere Freiheit ringend, hörend, sorgfältig die Möglichkeiten abwägend. Wir werden dabei aber nie alle Unsicherheiten klären können. Dennoch kommt der Moment der Entscheidung. Wir treffen sie nicht in der Meinung, wir wüssten dabei jedes Mal zweifelsfrei, welches die beste Lösung sei. Wir treffen sie im Wissen darum, dass allein Gott alles durchschaut und wir deshalb ganz und gar auf seine Gnade angewiesen sind. Manchmal ermöglicht uns diese Gnade eine richtig tolle Entscheidung. Oft aber ermöglicht sie uns etwas anderes, nämlich dass Gott uns angesichts einer nicht optimalen Entscheidung ein weiteres Mal vergibt und in Treue mit uns weitergeht.
So erging es mir mit einer meiner inzwischen erwachsenen Töchter. Sie war etwa 16, als sie sich selbst in eine Situation manövrierte, welche uns mitten in der Nacht aus dem Bett holte und uns einen gehörigen Schrecken versetzte. Manche Teenager-Eskapaden können unser elterliches Selbst- und Gottvertrauen zünftig ins Wanken bringen. Ich war so erschrocken, dass ich meiner Tochter einen mehrwöchigen abendlichen Hausarrest verordnete. Jahre später (sie wohnte bereits nicht mehr bei uns) kam mir diese Strafe übertrieben vor. Schuldgefühle meldeten sich: Hast du dein Kind zu hart angefasst? Hättest du mehr mit ihr reden, die Sache verarbeiten sollen? Mehr Verständnis für ihre Situation aufbringen? Hinzu kamen zwei, drei weitere Ereignisse, von denen ich mir nachträglich wünschte, ich hätte ihr gegenüber anderes reagiert.
Vor einigen Wochen trafen wir uns in einer Pizzeria zu einem unserer Vater-Tochter-Abende. Es war Zeit, noch einmal darüber zu sprechen. Gemeinsam gingen wir einige kritische Beziehungsmomente der letzten Jahre durch. Wieder so ein heiliger Moment. Ja, manche damalige Entscheidung erweist sich aus heutiger Sicht als falsch. An mancher Stelle meinte meine Tochter allerdings, dass mein Verhalten richtig gewesen sei und ihr geholfen habe. Dann aber nannte sie andere Momente der Irritation. Momente, von denen ich immer dachte, es sei damals alles bestens verlaufen und ich hätte alles richtig gemacht. Nun stellte sich heraus, dass ich sie, ohne es zu merken, verletzt hatte. Es wurde ein langer Abend in jener Pizzeria. Am Ende feierten wir eine bewegende Versöhnung. Für mich selbst war es nicht nur die Versöhnung mit meiner Tochter, sondern auch mit der Tatsache, dass Eltern niemals alles richtig machen. Selbst dann nicht, wenn sie sich genau das einbilden.