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3.1.2.3 Politik und Administration

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In demokratischen Gesellschaften werden, wie andere lebensweltliche Rahmenbedingungen, auch die Zeitstrukturen des öffentlichen Raumes weithin demokratisch generiert. Zu den großen hoheitlichen Aufgaben des Staates in diesem Bereich gehört unter anderem die Festsetzung und Überwachung einer für alle verbindlichen Uhrzeit, ebenso wie einer Kalenderordnung, der Zeitzone(n) des Landes einschließlich des jährlichen Wechsels von Sommer- auf Winterzeit, der allerdings seit einiger Zeit umstritten ist.30 Auch die Qualifizierung und der Schutz herausgehobener Zeiten, wie der Sonntagsruhe im Verfassungsrecht31 oder nationaler Feiertage, gehören dazu. Staatliche Kompetenz regelt weiterhin die zeitlichen Rahmenbedingungen der Demokratie als solcher, etwa die Festlegung der Dauer der Wahlperioden und -termine. Ebenso setzt der Staat die Fristen für die Abgabe der Steuererklärungen und viele andere rechtsverbindliche Zeitmarken. Die Kultusministerien zeichnen verantwortlich für die vielgestaltigen zeitlichen Regularien des Schulbetriebes (morgendlicher Schulbeginn, Dauer der Schulzeit, Ferienzeiten, Dauer von Klassenarbeiten etc.), an denen sich ihrerseits wieder ein erheblicher Teil des öffentlichen Lebens auszurichten hat. Auch unterliegen die zeitlichen Regularien des öffentlichen Straßenverkehrs hoheitlicher Entscheidung, von Geschwindigkeitsbeschränkungen bis hin zur Bewirtschaftung der Parkräume. Staatlich reguliert und durch die einschlägigen Administrationen überwacht sind weiterhin die Öffnungszeiten des Einzelhandels. Nicht zuletzt konzipieren kommunale oder überregionale Verkehrsanbieter, oft parastaatlich organisiert, die Fahrpläne öffentlicher Verkehrsmittel, die von den Nutzer/inne/n mehr oder weniger ohne Mitwirkungsmöglichkeiten zu akzeptieren sind. Öffentliche Dienststellen bestimmen, zumeist in ihrer internen Organisationslogik, die Zeiten ihrer Erreichbarkeit selbst.

Spätestens seit Kafka häufig Gegenstand satirischer Betrachtungen ist der selbstreferentielle Charakter bürokratischer Organisation, der strukturbildend sowohl im Außenverhältnis auf die Zeitstrukturen anderer Organisationen und Teilsysteme der Gesellschaft wirkt, als auch in die eigene Administration hinein. Kritisiert wird beispielsweise immer wieder eine selbstinduzierte, dysfunktionale Verlangsamung – nicht Entschleunigung – von Verwaltungsabläufen. Dies führt nicht selten zu erhöhten, in der Sache nicht zu rechtfertigenden Zeitkosten für die Bürger/innen. Diese entstehen auch, wenn bürokratischer Eigensinn in Verbindung mit weiteren Faktoren zu unnötigen Hindernissen bezüglich der Alltagsorganisation der Menschen führt, damit etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf blockiert.32 Schließlich können zeitliche Asynchronitäten und Verzögerungen, verursacht durch staatliche Institutionen, aber auch schwerwiegende politische Konsequenzen haben – etwa dann, wenn der Staat im Kontext von Umweltpolitik und Klimawandel eigentlich gezwungen wäre, rasch zu handeln.33

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