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2.2.3 Zwei Formen des Unbewussten
ОглавлениеFreud hat sich Zeit seines Lebens mit der Natur des Unbewussten befasst. Das Unbewusste ist allerdings nicht zu greifen, letztlich wohl auch nicht ganz zu be-greifen, es ist auch immer das Andere, das Vergessene, das Nicht-Gemeinte, das Nie-Gewusste und das Abgelehnte sowieso! Es lohnt sich, Freuds frühe Beschreibungen unbewusster Prozesse zu erinnern: Im Unbewussten gibt es eigentlich keine Sprache, keine Symbolisierungen, der Primärprozess ist Bildern, Klängen und Gerüchen ohnehin näher als Worten. Dieses Wissen ist von großer behandlungstechnischer Bedeutung, denn sehr lange haben psychoanalytische Behandlungskonzepte vor allem auf die Bewusstwerdung verdrängter seelischer Inhalte fokussiert. Freud selbst hat dazu beigetragen, ihm war »das Verdrängte … das Vorbild des Unbewussten« (Freud, 1923b, S. 241) und er wusste, dass nur, was bereits einmal bewusst gewesen war, verdrängt und u. U. wieder bewusst werden kann. Dieser Bereich lässt sich als dynamisches Unbewusstes beschreiben. Es unterliegt der Dynamik von Verdrängung und Widerstand, drängt gleichzeitig zum Bewusstsein und wehrt sich dagegen. Freud beschreibt aber auch, dass es noch einen ganz anderen, größeren Bereich des Unbewussten gebe, den er mit einer »psychischen Urbevölkerung« vergleicht (1915e, S. 294) und dessen Inhalte nicht durch Verdrängung entstanden sind. Er verstand diese Inhalte überwiegend als genetisches Erbe, gewissermaßen einen kollektiven Besitzstand des Menschen, wusste allerdings auch bereits, »dass es Erlebnisse aus ganz früher Kindheit gebe, zu deren Kenntnis der Analytiker nur durch Träume gelange« (Geißler, 2014, S. 415). Er selbst verfolgte diese Perspektive konzeptionell dann nicht weiter. Im Kontext aktueller psychodynamischer Behandlungskonzeptionen und der damit verbundenen pathogenetischen Theorien – speziell in der Psychosomatik sowie der Therapie schwerer Persönlichkeitsstörungen – geht man heute aber von frühen Erinnerungen aus, die im impliziten oder auch prozeduralen Gedächtnis vorsprachlich – etwa im Sinne eines Körpergedächtnisses – eingeschrieben sind und sich als implizites Beziehungswissen szenisch vermitteln (Geißler, 2014, S. 415). Bollas (2014) spricht in einer sehr anschaulichen Weise hier vom »ungedachten Bekannten« und weist darauf hin, dass der Zugang zu diesem Unbewussten niemals kognitiv gelingt.