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Gott als «Macht in Beziehung»
ОглавлениеEs liegt nahe, dass die Veränderung des Subjektbegriffs auch zu einer Veränderung von Gottesvorstellungen führt. Bereits die Trinitätslehre benennt Gott nicht als einsames, sondern als dreieiniges Sein. Und so wie es zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist ein Beziehungsverhältnis gibt, ist auch das Wirken Gottes nach aussen beziehungsreich, kommunikativ und lebendig: durch die Schöpfung, durch einen Mensch gewordenen Gott, durch Gott als Leben und Gemeinschaft stiftendes Wirken. Und so kennt doch auch die klassische Theologie Bezogenheit als tief verankert im Gottesgedanken. Doch die Trinitätslehre vermittelt sich nicht so einfach, zumal alle drei göttlichen «Personen» immer noch als männlich gedacht werden und die Vorstellung des einen Vater-Gottes alles andere stets überschattet hat. |54|
Die feministische Theologie hat dieses Modell bislang noch kaum für sich entdeckt, aber einzelne Aspekte daraus übernommen und verändert. So wurde z. B. stark die Bezogenheit von Jesus und seinen Mitmenschen in dem Begriff der «Gegenseitigkeit» (Moltmann-Wendel) herausgestellt. Darauf aufbauend hat Carter Heyward bereits in den 1980er Jahren ihre sehr bekannt gewordene Definition von Gott als «Macht in Beziehung» entwickelt. Bis heute stellt sie ein wirksames und wichtiges Gottessymbol dar, das Gott nicht als ein Gegenüber zum Menschen versteht, sondern Gott selbst in den menschlichen Beziehungen ansiedelt. Gott ist nicht mehr eine Macht über uns, sondern «eine Macht unter uns, eine Macht, die wir teilen».21 Diese Macht ist nicht irgendeine, sondern inhaltlich bestimmt als Gerechtigkeit. Da, wo Menschen gerecht handeln, in liebevollen und gerechten Beziehungen miteinander leben, da sind sie wie Gott bzw. handeln sie göttlich. Aus dem Subjekt Gott wurde hier das Verb «to god» als der angemessene Ausdruck für das göttliche Wirken unter uns Menschen. Es ist letztlich eine menschliche Tat. Heyward erinnert in ihren Ausführungen daran, dass wir Frauen alle bereits diese Macht oder Energie gespürt haben: bei Protesten, in politischen Aktionen, in der gemeinsamen Arbeit, im gemeinschaftlichen Lernen, in Freundschaften, in der Liebe. «Göttliches Wesen treibt uns, sehnt sich nach uns, bewegt sich in uns und durch uns und mit uns, indem wir uns selbst als Menschen erkennen und lieben lernen, die von Grund auf in Beziehung stehen und nicht allein sind.»22 Wir haben also bereits unsere Macht in Beziehung erlangt, und sie ist es wert, Gott genannt zu werden.