Читать книгу einfach unverschämt zuversichtlich - Группа авторов - Страница 55

Unerwartete Clownin Gott

Оглавление

Problematisch erscheint mir aber auch der Beziehungsgedanke selbst. Die Pflege sozialer Beziehungen gehörte immer schon in den Zuständigkeitsbereich von Frauen. Überspitzt gefragt: Wird hier nicht weibliches Sozialverhalten zur Definition Gottes erhoben? Beziehungen sind so vielfältig wie Menschen selbst, sie werden in Familien anders gelebt, als in Institutionen und Konzernen, anders von Männern als von Frauen. Ohne Differenzierung gerät Gott als Macht in Beziehung nur wieder zu einer Bestätigung der herrschenden Geschlechterordnung anstatt aus ihr zu befreien. Meines Erachtens bedarf es dazu Gottesvorstellungen, die aus einer geschlechtlichen Engführung herausfinden und die Seins- und Handlungsmöglichkeiten auf allen Gebieten, privat und öffentlich, erweitern. Dazu gehören Gottesvorstellungen, die uns in unserem Tun nicht nur bestätigen, sondern auch herausfordern. Ich halte fest an einem Gott der Fremdheit, der Irritation, des Unerwarteten und des Unverwertbaren. Um nicht selbst immer wieder das grammatikalische männliche Geschlecht dafür zu nutzen, habe ich von der «Clownin Gott» gesprochen.26 Es ist eigentlich Unsinn, denn Clowns sind sowieso schon geschlechterübergreifend, mal männlich, mal weiblich. Da sie aber immer noch häufiger von Männern gespielt werden und die androzentrische Gottesrede korrigiert werden soll, spreche ich von der Clownin. Es ist eine Metapher, die allerlei Assoziationen freisetzt. Clowns sind Figuren des Staunens und der Liebe zum Leben, weshalb sie es intensiv und in allen Facetten ausprobieren. Sie scheitern regelmässig damit, denn sie wollen die herrschenden Regeln weder lernen noch beherzigen. Doch jedes Scheitern eröffnet wieder neue kreative Möglichkeiten. Ihr Blick ist der vom Rand auf die Mitte, weshalb sie immer gut sind für eine kritische Analyse und Umgestaltung der Verhältnisse. Darin sehe ich göttliches Wirken am Werk. Freilich trifft es uns in aller unserer Bezogenheit, ohne diese |57| selbst zu einem Kriterium zu erheben. Und es ist ein Wirken, das wir selbst fortsetzen können – in clownesker menschlicher Existenz.

Erschienen in FAMA 2/2003: «Intimität»

einfach unverschämt zuversichtlich

Подняться наверх