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5. Die Bibliothek von Qumran

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Mit den Funden vom Toten Meer liegen erstmals originale Handschriften nachmals biblischer (sowie zu den Apokryphen zählender) Texte vor. Sie können paläographisch zumeist in das zweite bzw. erste vorchristliche Jahrhundert datiert werden. Die aufgefundenen biblischen Bücher bzw. Fragmente zeigen, dass die redaktionellen Arbeiten weitgehend zum Abschluss gekommen sind. So weist die große Jesajarolle (1QIsaa) aus unterschiedlichen Gründen zwar zahlreiche textliche Varianten gegenüber dem Masoretischen Text auf, doch der Textbestand ist prinzipiell derselbe.

Daneben umfasst die Bibliothek54 von Qumran auch eine Fülle parabiblischer Texte, die für die Fragestellung der Kanonbildung sehr interessant sind. So gibt es fortlaufende Kommentare (pescharîm) wie den Habakukkommentar (1QpHab) oder Florilegien wie 4Q 174, die jeweils auf die zugrunde liegenden biblischen Texte rekurrieren und sie damit zum Gegenstand gelehrter (oder gottesdienstlicher) Beschäftigung machen. Die »Damaskusschrift« (CD), die »Sektenregel« (1QS), der »Halachische Brief« (4QMMT) und die »Kriegsrolle« (1QM) beziehen sich in ihrer Argumentation sehr häufig auf biblische Texte, so dass im Licht der parabiblischen Literatur ein Ensemble als göttliches Wort zitierter und damit autoritativer Texte deutlich wird, das aus allen drei Bestandteilen des jüdischen Bibelkanons besteht. Dabei kommt besonders den Büchern der Tora, dem Jesajabuch sowie den Psalmen eine hohe Wertschätzung zu, da aus ihnen am häufigsten zitiert wird.55 Andere Bücher v. a. aus dem Bereich der »Schriften« (ketubîm) werden gar nicht zitiert, auch wenn Kopien dieser Bücher mehr oder minder fragmentarisch in Qumran nachweisbar sind. Andererseits wurden auch Bücher, die später nicht kanonische Geltung erfahren haben, in Qumran gepflegt, so das Jubiläenbuch (das in 15 oder 16 Abschriften vorliegt); die Tempelrolle (1QT) liegt in einem ganzen Exemplar vor. Armin Lange hat angesichts der zahlreichen in Qumran aufgefundenen parabiblischen Texte auf die äußeren Erfordernisse dieser paratextuellen Arbeit, insbesondere auch der pescharîm, hingewiesen: »Only ancient Jewish libraries enabled scholars to perform the intertextual exegesis observed in the Qumran commentaries.«56 Insofern lässt sich anhand der Qumranfunde wahrscheinlich machen, dass erstens auch in Juda die Schrifttransmission ähnlich erfolgte wie im Alten Orient und im Alten Ägypten, nämlich durch Gelehrte, die die Literatur an bestimmten Orten (»Bibliotheken«) zur Verfügung hatten, und dass zweitens auch die Phänomene der Kanonbildung und Kanonizität in diesem Licht zu beurteilen sind: Kanonbildung wird in dieser Zeit eher durch dynamische Prozesse gelehrter Diskurse über die Tradition als über Entscheidungen von politischen und religiösen Größen gesteuert – auch wenn letzteres durch Esr 7 (s. o.) oder den Aristeasbrief (s. u.) postuliert wird.

Es zeigt sich aufgrund der biblischen Texte, die in Qumran gefunden wurden, zudem, dass es noch keinen (protomasoretischen) »Standardtext« gab. Lange vermutet, dass dessen Dominanz erst mit der herodianischen Zeit einsetzte.57

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