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9. Synthese

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Hinsichtlich der beschriebenen Kanonbildung ergibt sich zweierlei: Erstens: Die Hebräische Bibel bietet Traditionsliteratur, vergleichbar derjenigen des Alten Orients. Redaktoren sammelten, edierten und tradierten ihnen vorliegende Schriften im Rahmen ihrer gelehrten Tätigkeit, die durch bestimmte Aufgabenstellungen (Ausbildung, Kult, Recht, Expertise für Herrscher) geprägt gewesen sein dürfte. Hierüber ist historisch für das Alte Israel nicht viel bekannt. In jedem Fall zeigt bereits die Überlieferung selbst eine hohe Wertschätzung von Tradition, wie z. B. die Doppelüberlieferungen der Flutgeschichte in Gen 6–8 oder des Exodusgeschehens in Ex 14 belegen. Die Erzählstränge werden kombiniert und nicht elidiert. Analoges dürfte für die anderen beiden Kanonteile gelten, wobei auch »innerbiblische« Diskurse zu beobachten sind. Die »externe Evidenz« weist jedoch aus, dass nachmals biblische Texte außerhalb der sie tradierenden Kreise kaum wahrgenommen wurden. Erst mit der hasmonäischen Zeit und der Auseinandersetzung mit dem Hellenismus gewann die biblische Tradition, vor allem die Tora, eine signifikante Bedeutung, wie auch parabiblische Texte aus Qumran zeigen.

Zweitens: Neben das Phänomen der Textpflege und Überlieferung, wie es auch im Alten Ägypten und Alten Orient begegnet, tritt seit der hellenistischen Zeit zunehmend dasjenige der Verbindlichkeit bzw. Autorität des überlieferten Textes nach außen: Ausgehend vom Buch Deuteronomium und seinen Kolophonen in Dtn 31 konnte die Wirkung der Tora in 2Kön 22; Esr 7 und dem Aristeasbrief nachgezeichnet werden. In allen Fällen wird die Schrift durch ihre äußere Anerkennung oder Ratifizierung als verbindlich angesehen. Alle drei Texte sind zumindest teilweise legendarisch und spiegeln weniger eine tatsächliche Einführung der Tora als politisches Gesetz in Judäa und andernorts als vielmehr eine ganz andere Absicht. So kann in Esr 7 die Verbindung der Toratradition exklusiv mit Esra, der durch seine Abkunft, Bildung und das königliche Edikt aus Esr 7,12–26 entsprechend qualifiziert ist, ebenso als Abgrenzung gegenüber dem Gebrauch der Tora durch die Samaritaner verstanden werden wie die Scheidung der »Mischehen« in Esr 9–10. Insofern wird hier das von Ohme eingangs zitierte »normativ Unterscheidende« als Kriterium deutlich. Insbesondere die späteren parabiblischen Texte aus Qumran zeigen diese Qualität von Kanon nachdrücklich auf.

Kanonbildung weist damit sowohl nach »innen« auf die schriftgelehrten literarischen Prozesse inklusive unterschiedlicher Lehrmeinungen als auch nach »außen« auf die Strategien der Abgrenzung und der Identitätssicherung, die das Judentum in der Auseinandersetzung mit den Samaritanern, in unterschiedlichen Begegnungen mit dem Hellenismus in Judäa und Alexandria, in der Beschäftigung mit den Zerstörungen des Tempels und der Abgrenzung vom Christentum über lange Zeit prägte.

Die Welt der Hebräischen Bibel

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