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5. Provokation zu Eigenem
ОглавлениеSpätmoderne Theorieangebote stellen keine praktisch-theologischen Kopiervorlagen dar, sondern vielmehr eine Provokation zu Eigenem. Es geht um eine Wiederentdeckung von verschütteten Differenzpotenzialen in dem „Versuch, Differenzen dort aufzumachen, wo gemeinhin Identitäten gewähnt werden“118:
„Vielleicht lässt sich […] auf dem Boden der Theologie selbst […] ein Weg finden, sich der Postmoderne-Thematik angemessen zu nähern. […] Stellt nicht gerade der christliche Gottesbegriff eine Möglichkeit dar, Einheit zu denken, ohne totalitär zu werden, Vielheit aber, ohne die Differenz in kontrastloser Indifferenz […] untergehen zu lassen? […] Vom christlichen Gottesbegriff her […] ist Vielheit Reichtum, totalisierte Partialität aber Sünde: die klassische Sünde der Auflehnung gegen Gott. Denn nur er ist der Eine; es macht den christlichen Glauben aus, dieses Eine als das zugleich Viele und […] Nichttotalitäre zu denken.“119
Entsprechende „differenzhermeneutische Spurenelemente christlicher Theologie“120 führen zu einem „Ausfindigmachen von Momenten des Widerstreits“121 in der Theologie selbst und damit auch zu „Theologien, deren Gedankengänge sich nicht dem Rhythmus der Moderne anbiedern, stattdessen aber in der Auseinandersetzung mit der Postmodernediskussion eine ureigene […] Thematik neu entdecken“122.
Eine in diesem Sinne spätmoderne Praktische Theologie wird den handlungstheoretischen Konsens123 hinter sich lassen und sich ihrem methodologischen Dreischritt gemäß124 weiter ausdifferenzieren: in eine empirische Pastoraltheologie, die mit Neugierde und Leidenschaft die eigene Gegenwart erkundet („Sehen“), eine kritische Pastoraltheologie, welche die theologische Urteilskraft des Volkes Gottes schärft („Urteilen“) und eine pragmatische Pastoraltheologie, die das Gespräch mit kirchlichen Verantwortlichen sucht („Handeln“):
„Man kann grundsätzlich von einer wechselseitigen […] Ergänzung der verschiedenen praktisch-theologischen Ansätze ausgehen. Eine solche Multiperspektivität ermöglicht erst eine angemessene Analyse der Vielschichtigkeit religiöser Ausdrucksformen in der Spätmoderne.“125
Ein intradisziplinäres Gespräch dieser fachinternen Multiperspektivität ist eine Herausforderung, die das ganze Fach intellektuell neu beleben könnte – zumindest dann, wenn theologische Intellektualität die „Fähigkeit meint, die Wirklichkeit gleichzeitig aus mehr als einer Perspektiven zu sehen“126:
„Sie stellt alles in Frage, denn sie hat mit den ersten und letzten Dingen zu tun und kann von ihnen nicht lassen, hat sie aber eben auch alles andere als in der Hand – und weiß es auch noch. […] Betrachtet man dann auch noch die […] diachrone [bzw. synchrone, Ch. B.] Komplexität der Theologie, […] geraten die Dinge ins Tanzen. Wo wächst größerer Perspektivenreichtum? Komplexität wohin man blickt […]. Als Katholik bin ich gezwungen, mich ihnen [den Differenzen der eigenen kirchlichen Tradition, Ch. B.] zu stellen: jenen, auf die ich stolz bin, wie den anderen […]. Das alles ist ein einziger Problemgenerator. Und nicht der unintelligenteste.“127