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1. Was ist eine Institution?
ОглавлениеWill man den Begriff der Institution auf eine Kurzformel bringen, so kann man festhalten: Eine Institution ist „eine Erwartung über die Einhaltung bestimmter Regeln, die verbindliche Geltung beanspruchen.“173 Oder ausführlicher: Institutionen sind „bestimmte, in den Erwartungen der Akteure verankerte, sozial definierte Regeln mit gesellschaftlicher Geltung und daraus abgeleiteter ‚unbedingter‘ Verbindlichkeit für das Handeln.“174 Diese Regeln sind in Kraft, auch wenn einzelne Beteiligte sie nicht kennen, missachten oder vergessen – oft werden sie gesellschaftlich eingefordert und/oder sanktioniert.
Institutionen betreffen ganz verschiedene gesellschaftliche Bereiche wie die generative Reproduktion, die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, die Versorgung mit Gütern des alltäglichen und außeralltäglichen Bedarfs, die Aufrechterhaltung der inneren und äußeren politischen Ordnung sowie die Tradierung und Weiterentwicklung von symbolischen Codes und Sinnbezügen. Indem Institutionen hier
„die Beliebigkeit und Willkür des sozialen Handelns beschränken, üben sie normative Wirkung aus; sie geben Werte vor und legen Pflichten fest. Dabei leisten sie eine Doppelfunktion: einmal für den Menschen, dessen Bedürfnisnatur sie formen, zum anderen für die Gesellschaft, deren Strukturen und Bestand sie sichern.“175
Damit nehmen Institutionen – wie weiter unten noch ausführlicher zu zeigen sein wird – in Bezug auf Individuum und Gesellschaft Entlastungs- und Sicherungsfunktionen wahr.
Zuvor bedarf es aber noch der Abgrenzung des Institutionsbegriffs von zwei ähnlichen, aber nicht gleichen Sachverhalten:
„erstens von einfachen, aber nicht als Erwartungen verankerten oder gar durch Sanktionen erzwungenen oder über bestimmte moralische Gefühle getragenen, bloßen Regelmäßigkeiten des Handelns. […] Zweitens sind Institutionen von den konkreten und inhaltlich bestimmten sozialen Gebilden zu unterscheiden, in denen soziale Regeln zwar angewandt werden, die aber nicht allein daraus bestehen.“176
Im zweiten Fall ist eben nicht – wie oft angenommen – von Institution, sondern von Organisation zu sprechen. Eine Organisation ist gegenüber der Institution
„ein für bestimmte Zwecke eingerichtetes soziales Gebilde mit einem formell – bzw. ‚institutionell‘ – vorgegebenen Ziel, mit formell geregelter Mitgliedschaft, einer das Handeln der Mitglieder regelnden institutionellen ‚Verfassung‘, sowie – meist – einem eigenen ‚Erzwingungsstab‘ zur Durchsetzung dieser Verfassung.“177
Organisationen als soziale Gebilde bedienen sich demnach institutioneller Regeln, sie sind jedoch zugleich mehr als diese.