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Ignorierte Warnlampen

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Das Blinken der ersten Warnlampen über meinem vollgestopften Leben übersehe und verdränge ich erfolgreich: Bei sportlichen Aktivitäten bremsen mich aufkeimende asthmatische Beschwerden. Der Arzt rät zu einer Medikamentenkur. Ich lehne ab. Es kann doch nicht sein, dass ich mich mit 31 Jahren schon an Medikamente gewöhnen muss! So schnaufe ich weiter die Hügel hinter unserem Haus hoch, bis es nicht mehr geht. Na gut, dann inhalieren wir halt und rennen weiter – auf allen Ebenen.

Schließlich gesellt sich eins zum anderen, ohne dass ich wahrhaben will, dass etwas ernsthaft schiefläuft. An roten Ampeln in der Fußgängerzone Berns werde ich geradezu aggressiv, weil ich so lange auf das grüne Signal warten muss; ich fühle mich auf meinem Hetzgang ins Büro unfair ausgetrickst. Nach vollen Tagen bin ich abends noch voller Tatendrang. Ich kann nicht herunterfahren und den Feierabend genießen. Ich könnte Bäume ausreißen und tue es in gewisser Weise auch: Ich lese bis tief in die Nacht, eigne mir Wissen an, bereite meine Dienste vor und hechte von Termin zu Termin. Während eines Seminars im Vorlesungssaal der Universität Bern fühle ich auf einmal eine beängstigende Enge in der Brust. Ich muss zur Toilette, Wasser trinken, durchatmen. Die Enge geht nicht weg. Immer wieder meldet sie sich in den nächsten Wochen. Dazu kommen Lähmungserscheinungen am linken Arm, Herzrhythmusstörungen, ein immer wiederkehrendes Jucken am ganzen Körper und schließlich ein inneres Flimmern und Zittern, jedes Mal, wenn ich mein Büro betrete. Regelmäßige, hartnäckige Erkältungen. Mein Schlaf wird oberflächlicher. Oft bin ich schon nach drei Stunden wieder hellwach. Fühle mich total erschlagen und bringe doch kein Auge mehr zu. Und dann kommen Panikattacken. Dämonen der Nacht krallen sich in mir fest, ziehen mich herunter, lassen kleinste Anforderungen des Alltags wie unbezwingbare Überforderung erscheinen. Es folgen Weinkrämpfe und das Gefühl totaler Erschöpfung. Die Angst zu sterben. Ich wehre mich lange gegen die Erkenntnis, die sich nun nicht mehr wegdiskutieren lässt: Ich habe ein ernsthaftes Problem!

Es ist genug!

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