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Barbara Büchner:
Die Geschichte vom Knaben und dem Totenbeinchen

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Einst kam ein Zauberer in ein kleines Dorf und stieg in der einzigen Herberge dort ab. Der Wirt war ein armer, aber rechtschaffener Mann, der drei hübsche Söhne hatte. Als nun der Zauberer die Knaben sah, dachte er bei sich: ›Die muss ich haben, koste es, was es wolle.‹ Es konnte aber dieser Zauberer alle Gestalten annehmen, auch die schönsten und reinsten, und er hatte die Gestalt eines hohen vornehmen Herrn angenommen. Als nun der Wirt ihm die Speisen auftrug, tat er ihm recht freundlich und sagte zuletzt: ›Eure Not rührt mich sehr, guter Mann! Da ihr nicht die nötigen Mittel habt, eure Söhne ein Handwerk lernen zu lassen, so überlasst mir doch einen von ihnen. Ich will ihn gern an Kindes statt annehmen, es soll ihm bei mir an nichts fehlen.‹ Und mit allerlei Überredungskünsten und vielen guten Worten gelang es ihm schließlich, den Wirt, der von dem Handel erst gar nicht angetan war, umzustimmen.

So zog der Zauberer mit dem Knaben fort auf sein Schloss. Dort sagte er zu dem Kind: ›Ich muss gleich wieder fort; sorge du inzwischen für mein Hab und Gut.‹ Und er gab ihm alle Schlüssel zum Hause, zugleich aber einen kleinen goldenen Schlüssel, von dem sagte er: ›Die Türe, die dieses Schlüsselchen sperrt, darfst du niemals öffnen, sonst bist du des Todes.‹ Damit ritt er fort.

Eine Weile hielt der Knabe sich an diesen Befehl, aber als der Zauberer nicht so bald zurückkam, sperrte er doch eines Tages das verbotene Türchen auf. Da war nichts dahinter als ein Zimmerchen mit einem steinernen Tisch darin, auf dem lag eine abgehauene Hand. Erschrocken schloss er die Türe wieder zu.

Nach einer Weile kam der Zauberer wieder und verlangte seine Schlüssel zurück, und sofort sperrte er auch das Pförtchen auf und rief: ›Warst du die ganze Zeit alleine, Hand?‹

›Nein‹, rief die Hand zurück, ›es war ein Knabe da, der hat mich besucht.‹

Da geriet der Zauberer in hellen Zorn. ›So also hältst du es mit meinen Befehlen! Komm nur gleich mit mir!‹, rief er. Und er führte das unglückliche Kind in ein unterirdisches Verlies, in dem Leichenteile an großen Haken aufgehängt waren. ›Hier siehst du, was auch aus dir werden wird‹, sagte er, packte den Knaben und hängte ihn an einem der Haken auf.

Danach machte er sich aufs neue auf den Weg zu dem armen Wirt und sagte zu ihm: ›Eurem Sohn gefällt es so gut bei mir, dass er gar nicht mehr zurückkehren möchte, er bittet aber, dass sein Bruder ihn besuchen darf.‹ Und wieder gelang es ihm, den Wirt zu überreden.

Da ging es dem zweiten Jungen wie dem Ersten: Er sperrte das Türchen auf, spähte hinein, und die Hand verriet ihn an ihren Herrn, sodass er ebenfalls in dem Leichenkeller gehenkt wurde.

Als nun der Zauberer auch den dritten Sohn holte, ahnte dieser, dass ihm nichts Gutes bevorstand. Er besaß aber ein Totenbeinchen, das ihm schon oft gut geraten hatte, das fragte er nun, was er tun sollte.

›Höre‹, sagte das Totenbeinchen, ›es wird dir nichts anderes übrig bleiben, als mit dem Zauberer zu gehen, denn er hat deinen Vater betört, sodass er dich mit ihm ziehen lässt. Deine Brüder sind beide tot, aber dir will ich heraushelfen, wenn du nur gehorsam tust, was ich sage.‹ Und als sie dann ins Schloss des Zauberers gekommen waren und dieser dem Knaben seinen Schlüsselbund gab, da riet ihm das Beinchen, ganz wohlgemut zu sein und sich's in dem prächtigen Schloss wohlergehen zu lassen. Dann sagte es: ›Wenn du das Türchen aufsperrst – und ich weiß, dass du das tun wirst, obgleich's dir verboten ist –, dann nimm die Hauskatze mit, aber gib ihr vorher drei Tage lang nichts zu fressen.‹

Das tat der Junge. Wie er nun die verbotene Türe aufsperrte, da sprang die hungrige Katze mit einem Satz hinein, schnappte die Hand und schlang sie hinunter. Ohne die Hand aber hatte der Zauberer seine Macht verloren. Als er zurückkehrte und das Zimmerchen leer fand, fiel er augenblicklich tot nieder, dass er dröhnend auf den Fliesenboden des Schlosses stürzte, sein Kopf vom Körper fiel und sein Blut durch den ganzen Saal spritzte.

»Gut gemacht«, sagte das Totenbeinchen. »Nun nimm das Haupt des Zauberers und wirf es ins Feuer!« Das brachte der Knabe aber nicht fertig, so sehr graute ihn vor dem abgehauenen Kopf, der ganz blau geworden war und ihn aus seinen glasigen Augen böse anzustarren schien. Von Angst und Schrecken gepackt, warf er das Haupt des Zauberers in das verfluchte Zimmer und sperrte die Türe hinter sich zu, und seit der Zeit wagte nie wieder jemand, diesen Raum zu betreten. Zuweilen hörte man, wie das Haupt darin herumrollte und -polterte, und zuweilen soll der eine oder andere gewagt haben, durchs Schlüsselloch zu spähen: Dann sah man es zumeist auf dem Kaminsims stehen, so rot und blutig wie an dem Tag, an dem es abgeschlagen worden war. Merkte es aber, dass jemand hereinguckte, so machte es Augen wie ein Käuzchen, stürzte sich sofort vom Sims und rollte blitzschnell auf die Türe zu, sodass keiner der Späher Lust hatte, noch länger das Auge ans Schlüsselloch zu halten.

Deshalb ist die Türe heutzutage auch immer verschlossen. Aber ich weiß, wo ihr den goldenen Schlüssel finden könnt.

PHANTASTISCH! PHANTASTISCH!

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