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Karl-Ulrich Burgdorf:
Frau Bertha

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Und nun ist der Heinrich also gestorben. Möge Gott der HERR seiner Seele gnädig sein! Hat er sich doch arg gegen mich und wohl auch gegen andere versündigt. Angefangen hat das alles mit dem Pudel. Der ist ihm auf seinem Osterspaziergang mit dem Famulus Wagner zugelaufen, ein verlaustes schwarzes Vieh, aber irgendwie scheint’s dem Heinrich gefallen zu haben, denn er hat es mit nach Hause gebracht, wo ich grad dabei war, das Ostermahl zu richten. Da hat der Pudel dann sogleich versucht, mir den Braten vom Tisch zu stehlen, aber ich hab’s ihm tüchtig mit dem Kochlöffel gegeben, dass er ganz jämmerlich gejaulet hat. Aber das mochte der Heinrich nicht leiden, sondern hat mich gar wüst darob gescholten und gesagt, so könne man doch nicht mit einem unverständigen Tier umgehen.

Zum Glück ist das Vieh nicht lang bei uns geblieben, denn schon am nächsten Tag ist ein Mann aufgetaucht und hat es weggeholt. Das Vieh hab ich dann nimmermehr gesehen, seinen Besitzer aber umso öfter. »Der Stoffel«, sprach mein Mann – so nannte er ihn immer, den richtigen Namen hab ich nie vernommen, er wird wohl Christoph oder so ähnlich gewesen sein – »der Stoffel ist ein rechter Mann, er versteht was von der Welt.« Und er, der immer nur in seiner Studierstube über den Büchern gehockt hatte, ist dann bald ganz unter den Einfluss vom Stoffel geraten. Als erstes hat er sich ein Pferd gekauft, weil man das als Mann von Welt haben müsse, aber nicht so eine Schindmähre, nein, ein edler Rappe musste es schon sein, und ich konnte zusehen, wie ich mit dem knapperen Haushaltsgeld auskam! Und dann sind er und der Stoffel fortgeritten, habe andere Städte besucht und sich dort die Zeit vertrieben. Zuerst – das ward mir später von einer Base hinterbracht, deren Mann es selbst gesehen hatte – haben sie wohl nur in einer Kneipe, Auerbachs Keller hat sie geheißen, mit Studenten pokuliert. Mit Studenten! Ein gestandener Professor wie mein Heinrich, für den sich so etwas doch wirklich nicht geziemt! Aber das hat nicht lange gedauert, weil der Stoffel es wohl mit dem Vorführen etwelcher Taschenspielertricks ein weniges übertrieben hat, sodass es zu Hader und Streit gekommen ist. Schläge seien meinem Heinrich und dem Stoffel angedroht worden, Messer blankgezogen, und die beiden seien so gerade eben noch mit dem Leben davongekommen.

Was ein armes Frauenzimmer wie ich so gar nicht versteht, ist, daß dieses Abenteuer die Lust auf weitere und noch schlimmere beim Heinrich wohl noch angeregt hat. Der Stoffel hat ihn mit einer übel beleumundeten Person zusammengebracht, der stadtbekannten Kupplerin Marthe Schwerdtlein. Und die hatte auch gleich ein blondes Luder an der Hand, das gar zierlich die Spröde zu spielen verstand, auf dass der Heinrich nur tüchtig mit Gold und Geschmeide um sie buhlen möge, um bei ihr sein Ziel zu erreichen, welches Sie als Mann von Welt ja kennen werden. Bei uns hingegen war ab da Schmalhans Küchenmeister, denn wie soll man mit nichts die Mäuler dreier unmündiger Kinder stopfen? Den Heinrich hat das alles nicht geschert, denn er ist fast gar nicht mehr nach Hause gekommen, sondern war nur noch bei seinem süßen Gretchen, wie er’s nannte, am Herumcharmieren und Poussieren. Aber das ist ihm am Ende nicht so wohl bekommen, denn das blonde Luder hat ihm die Französische Krankheit angehängt, und da war ich zum ersten Mal froh, dass er schon seit vielen Jahren darauf verzichtet hatte, seine ehelichen Pflichten bei mir zu erfüllen.

Ob es noch schlimmer kam? Aber gewiss, denn eine Missetat zieht die andere nach sich, wie es im Sprüchwort heißt. Denn so geschickt seine Buhle im Verführen war, so ungeschickt war sie, wie’s scheint, darin, den Folgen ihres unziemlichen Tuns zu wehren. Schwanger ist sie geworden, von meinem Heinrich, und das war ihr nun gar nicht recht, und der Marthe Schwerdtlein und Gretchens Bruder auch nicht.

Ach, von dem Bruder habe ich noch gar nicht gesprochen? Nun, Bruder nannte er sich zwar, aber ob’s stimmt, das weiß nur der Herrgott allein. Jedenfalls ist er zum Heinrich gegangen und hat von ihm gefordert, die Ehre seiner Schwester wieder herzustellen, indem er sie heirate. Aber das ging ja nicht, weil er schon mit mir, der Bertha Faust, verheiratet war, was er dem Gretchen natürlich nicht verraten hatte. Aber jetzt kam es heraus, der Stenz zog blank, Heinrich und Stoffel auch, und alsbald lag Gretchens saub’rer Bruder tot in seinem Blute. Dass Stoffel und nicht Heinrich den tödlichen Stich tat, will ich wohl glauben, denn noch in jener Nacht verließ der böse Bube die Stadt und das Land, und seinen verflohten Pudel wird er wohl auch mitgenommen haben.

Es war dieselbe Nacht, in der die Buhle ihr Kind gebar, aber als Heinrich zu ihr eilte, hatte sie’s schon umgebracht, damit es ihr weiteres Leben nicht über Gebühr beschwere. Weiteres Leben! Hingerichtet hat man sie, und das war auch der Grund, weshalb Heinrich an jenem Nervenfieber erkrankt ist, das nun seinen Tod herbeigeführt. Und wer hat ihn bis an sein Ende gepflegt? Ich, Bertha Faust, die Ehefrau!

Aber eines, Herr Geheimrat, hat mich dann doch ein wenig mit ihm versöhnt. Denn als es mit ihm zu Ende ging, da hat er noch einmal die Augen aufgeschlagen, mich angelächelt und gesagt: »Verweile noch, du bist so schön.« Und in dem Moment hätt’ ich ihn beinah wieder lieb gehabt.

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