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4.3 Zugang zu neuen kommunikativen Ressourcen – gewollt oder erzwungen

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Durch individuelle Mobilität aber auch veränderte Rahmenbedingungen finden sich Sprecher:innen in Situationen, in denen sie für sie neue sprachliche Ressourcen erschließen möchten oder müssen. Im Fall von Gerichten oder Behörden, die mit Asylangelegenheiten oder Aufenthaltsrechtssachen befasst sind, aber auch im Gesundheitswesen sind diese Ressourcen ausschlaggebend für das weitere Wohlergehen (Pöllabauer 2013). Bereits Duranti & Goodwin (1992) beschreiben die Herausforderungen, die das Gesprächsereignis Verhandlung an die Beteiligten stellt und aktuelle Forschung zu Dolmetschungen in Gerichtsverfahren (Inghilleri 2011, für Österreich auch Dorn et al. 2014) unterstreicht diese Analysen: Handlungsmöglichkeiten, Rederecht und Informationserhalt sind unmittelbar an Zugang zu den relevanten sprachlichen Ressourcen gebunden, entweder durch Dolmetschung, durch Beratung oder eigene Kenntnisse. Für mehrsprachige Sprecher:innen, die auf ein einsprachig vorgestelltes System treffen, ergeben sich Schwierigkeiten aus der ungenügenden Passung und viele schildern ihr Erleben von unzureichender Ausstattung (Maryns 2005). Für Dolmetscher:innen bietet wiederum die Rolle als gate-keeper (Pöllabauer 2012) besondere Herausforderungen. Das wiederholte Erleben von kommunikativen Ausschlüssen stellt einen wesentlichen Faktor dar, warum mehrsprachige Sprecher:innen gegenüber manchen Sprachen aber auch Kommunikationssituationen Widerstände entwickeln.

In der Frage, wie Zugang zu sprachlichen Ressourcen selbstbestimmt erfolgreich sein kann, können wir von Initiativen wie Community Medien (Steinert et al. 2006, COMMIT 2016) lernen: In der Studie Spaces of Inclusion (Bellardi et al. 2018) standen die Vermittlungsleistungen im Zentrum, die sich durch Mitarbeit und Engagement in nicht-kommerziellen Medieninitiativen ergeben. Dabei waren unerwartete sprachliche Allianzen zu beobachten, die vor allem die Relevanz situationsadäquater Angebote unterstrichen. Translokale sprachliche ‚Mittlungshilfen‘ (etwa in Form von Onlinewörterbüchern) nehmen Einfluss auf das mehrsprachige Erleben von Sprecher:innen, aber auch die erlebte Verbindung von aktueller Umgebung und Herkunftsland. Für Menschen, deren Lebensmittelpunkt sich erst kürzlich verlagert hat, können transnationale Medienangebote demgemäß auch eine über das Internet hergestellte Verbindung zu bisherigen sozialen Netzwerken sein. Als besonders relevant hat sich in diesem Zusammenhang der selbstbestimmte Umgang mit Anfragen, aber auch die Möglichkeit und nicht Verpflichtung zu sprachlicher Unterstützung herausgestellt. Fachliche Kenntnisse und Expertisen können leicht durch unbedachte Angebote, die auf sprachliche Hilfestellung abzielen, entwertet werden – gleichzeitig beschreiben Trainer:innen in den Freien Radios aber auch, dass gerade Informationstage und Workshopangebote sprachlich herausfordernde Situationen darstellen, in denen Mittlung, aber auch Zeitreserven und die Bereitschaft zur gemeinsamen Kommunikation notwendig für das Gelingen der Angebote sind. Aus Rückmeldungen von Teilnehmer:innen lässt sich schließen, dass Personen ihre fehlenden Sprachkenntnisse als Hindernis erleben und als erfolglos beurteilte Interaktions- oder Bildungsangebote sich in der Wiederholung sehr demotivierend auf weitere Angebote und Unternehmungen auswirken. Für Anbieter:innen von Kursen stellt sich also die praktische Frage, wie Kommunikations- und Vermittlungsbedarf realistisch eingeschätzt, aber vor allem auch situationsadäquat organisiert werden kann.

Entwicklungslinien des Dolmetschens im soziokulturellen Kontext

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