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1.1 Die Geburtsstunde des Krankenhauszukunftsfonds

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In nationalen und internationalen Rankings landet Deutschland im Bereich der digitalen Infrastruktur im Gesundheitswesen, vor allem derjenigen von Krankenhäusern, regelmäßig im hinteren Feld. Dies gilt insbesondere auch für den Digital Economy and Society Index (DESI) der Europäischen Kommission. Ziel von DESI ist es, verschiedene Indikatoren zusammenzubringen, um die digitale Performance der EU-Mitgliedstaaten zu bewerten. Dafür werden 30 Indikatoren aus 5 Dimensionen betrachtet. Im Bereich des öffentlichen Digitalservice, zu dem auch das Thema E-Health zählt, kommt Deutschland im aktuellen Ranking nur auf Platz 21. Ein ähnliches Ergebnis ergibt sich bei einer Betrachtung des EMRAM-Modells der HIMSS (Krankenhaus-Report 2019).

Solche Benchmarks können ganz grundsätzlich kritisch betrachtet werden. So berichtet Bannister (2004) von einem früheren Regierungsmitglied eines europäischen Staates, das sich darüber beklagt, dass entsprechende Rankings und Benchmarks nicht die wahren Anstrengungen eines Landes berücksichtigen würden. Bannister erläutert im selben Beitrag den Grund für diese Kritik: Allein die Frage, welchen Bereich ein Benchmark abbildet, ist kaum abgrenzbar. In anderen Worten: Konzentriert sich ein Benchmark beispielsweise nur auf das Vorhandensein einer digitalen Infrastruktur oder auch auf die administrativen Prozesse dahinter oder auch auf die Arbeitsabläufe der Nutzer:innen?

Ungeachtet dieser fundamentalen Kritik gegenüber Benchmarks werden diese von Entscheidungsträger:innen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung aufmerksam betrachtet – nicht zuletzt aus Gründen der Governance (Schellong 2010).


Daher beeinflussen Benchmarks und deren Ergebnisse die öffentliche Wahrnehmung und Debatte und werden sehr häufig als Ausgangsbasis für Planungs- und Entscheidungsprozesse genutzt (Berntzen u. Olsen 2009).

Betrachtet man die Rankings der letzten Jahre, zeigen sich im zeitlichen Verlauf zwar Fortschritte bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Dennoch wird gerade im internationalen Vergleich ein Nachholbedarf überdeutlich. Damit geht auch die Gefahr einher, dass die Chancen und Potenziale einer Digitalisierung im Gesundheitswesen verpasst werden.

Eine wesentliche Ursache für den Nachholbedarf liegt in den historisch gewachsenen IT-Strukturen. In vielen Branchen – und dabei stellt das Gesundheitswesen keine Ausnahme dar – werden IT-Systeme seit Jahren oder gar Jahrzehnten eingesetzt. Dies hat dazu geführt, dass Daten – quasi siloartig – häufig redundant gespeichert und verarbeitet werden und ein Datenaustausch zwischen den Systemen – wenn überhaupt – nur in einem zu geringen Umfang erfolgen kann.

Gerade die COVID-19-Pandemie hat unterstrichen, dass die Krankenhausversorgung ein zentraler Bestandteil des Gesundheitswesens ist. Gerade durch stetig komplexer werdende Behandlungsmaßnahmen zeigt sich, dass Akteur:innen verschiedener Fachrichtungen interdisziplinär zusammenfinden und zusammenarbeiten und dadurch an vielen verschiedenen Stellen Daten anfallen. Gerade aus einem Zusammenführen dieser Daten und einem interoperablen Datenaustausch ergeben sich erhebliche Potenziale.

Um Modernisierungsimpulse auf diese gewachsenen IT-Strukturen zu setzen, hat das Bundesministerium für Gesundheit bereits zu Beginn der Legislaturperiode 2017–2021 ein Modell entwickelt. Dieses sieht im Kern vor, nach außen hin erkennbare Digitalservices zu beschreiben und zu fördern, die in ihrem Zusammenspiel dazu führen sollen, eine Digitalisierung nach innen – d.h. interorganisatorisch – auszulösen. Das soll vor dem Hintergrund geschehen, dass die Erfahrungen zeigen, dass eine Binnendigitalisierung nur schwerlich durch Maßnahmen auf „mikroorganisatorischer“ Ebene ausgelöst werden kann.

Dies zeigt sich vor allem am Fördertatbestand 2 (Patientenportale) des Krankenhauszukunftsfonds (KHZF). Dieser beschreibt den Behandlungsprozess aus einer Außensicht und definiert verschiedene digitale Dienste aus der Perspektive der Patient:innen. Diese digitalen Dienste erstrecken sich über den gesamten Behandlungspfad, angefangen von der Aufnahme über die eigentliche Behandlung bis hin zur Entlassung. Die in dieser Prozesskette zu erfassenden und anfallenden Daten sollen dabei zusammengefasst und auch gegenüber den Patient: innen transparent gemacht werden. Hinzu kommt, dass durch den Fördertatbestand auch deutlich wird, dass sich die Prozessdigitalisierung nicht allein auf die Krankenhäuser beschränkt, sondern ebenso auf weitere Akteure im Behandlungsprozess, insbesondere Leistungserbringer.

Da mit der Umsetzung solcher digitalen Dienste (Services) auch erhebliche Investitionsbedarfe einhergehen, wurde deutlich, dass eine entsprechende Förderung notwendig werden würde. Dies muss nicht zuletzt vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass Investitionen in die Krankenhäuser, die im Rahmen der dualen Krankenhausfinanzierung in Deutschland (Finanzierung der Betriebskosten durch die Kostenträger einerseits und Investitionskostenfinanzierung durch die Bundesländer andererseits) in die Verantwortlichkeit der Bundesländer fallen, in den zurückliegenden Jahren nicht in hinreichendem Maße getätigt wurden. Somit wurden auch Investitionen in die digitale Infrastruktur nur unzureichend vorgenommen oder sind gar unterblieben.

Wenngleich die COVID-19-Pandemie zu enormen negativen gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen geführt hat und führt, wurde es durch das Investitionsprogramm der Bundesregierung möglich, das skizzierte Modell auch mithilfe eines Konjunkturpakets mit den notwendigen finanziellen Mitteln zu unterlegen.

Digitalisierung im Krankenhaus

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