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4 Der Leib als Medium der Partizipation an der Natur
ОглавлениеDoch der Leib ist nicht nur Ausdruck der Person und Medium der Kommunikation, sondern auch das Medium, durch das sich die Welt in ihren sinnlichen Qualitäten und ihrer Bedeutung erschließt. Durch den Leib partizipieren Menschen buchstäblich an der Natur. Ein Kennzeichen des Lebendigen, so haben wir gesagt, ist der ‚Stoffwechsel‘. Doch dieser Austausch von Stoffen mit der Umgebung, den die Naturwissenschaften distanziert in physiko-chemischen Formeln berechnen, wird auch sinnlich erlebt. Geht man davon aus, dass alle Kreaturen durch ihre Eigenaktivität ein Teil der Umwelt sind, an deren Dynamik wiederum zahllose andere Kreaturen beteiligt sind, dann ist die Frage, ob die sinnlichen Qualitäten nur im Bewusstsein oder auch draußen in der Natur sind, falsch gestellt. Da Leben auf dem Prozess der Selbstüberschreitung beruht, entstehen sie in der spezifischen Relation zwischen Mensch und Natur. An ihr sind sowohl die physiologischen Bedingungen wie die Bewertung des Wahrgenommenen beteiligt. Erstere entscheiden darüber, welcher Ausschnitt des Frequenzspektrums überhaupt wahrgenommen werden kann; letztere entscheidet, welche Qualität und Bedeutung eine Farbe oder ein Klang haben. Beide spielen in der Wahrnehmung einer Farbe oder eines Klanges zusammen.
Würde unser Wissen über die Welt nur auf abstrakten Theorien beruhen, wäre es unvollkommen, weil es die leibliche Verortung in der Welt ausblenden würde. Alle Formen der Kommunikation mit der Natur ebenso wie ihre existentielle Bedeutung fehlen. Die ästhetische Erfahrung der Natur ist sogar nur vermittels des Leibes möglich. Schärfer formuliert: Nur weil der Leib von innen erlebt wird, erschließt sich auch die Welt in ihren sinnlichen Qualitäten, in ihren Gerüchen, Tönen und Farben. Durch den Leib partizipieren Menschen an der Natur nicht nur durch den Stoffwechsel, sondern auch aufgrund der Bedeutung qualifizierter Perzeptionen.